Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Schönheit zu machen.
Arthur weilte, wie ich wußte, nur selten in Lindinis. Er war zu sehr mit den Vorbereitungen für den großen Krieg gegen die Sachsen beschäftigt, zu welchem Zweck er jetzt begann, die alten Erdfestungen im südlichen Dumnonia auszubauen. Selbst die Mauer von Caer Cadarn, das tief in unserem Kernland lag, wurde verstärkt und mit neuen Kampfplattformen auf den Wällen versehen; aber sein größtes Werk war Caer Ambra, nur eine halbe Marschstunde östlich der Steine, das sein neuer Stützpunkt gegen die Sais werden sollte. Dort hatte das Alte Volk ein Fort gebaut. Den ganzen Herbst und Winter hindurch hatten die Sklaven geschuftet, um die alten Erdwälle zu erhöhen und auf ihrer Krone neue Palisaden und
Kampfplattformen zu bauen. Südlich von Caer Ambra wurden weitere Forts verstärkt, welche diesen Teil Dumnonias gegen die südlichen Sachsen unter Cerdic zu verteidigen hatten, die uns mit Sicherheit angreifen würden, während Arthur nach Norden gegen Aelle zog. Höchstwahrscheinlich war seit der Römerzeit nicht mehr so viel britannische Erde umgegraben und so viel britannisches Holz gespalten worden, und Arthurs gerechte Steuern konnten nicht mal die Hälfte all dieser Arbeiten bezahlen. Deswegen forderte er Abgaben von den Christenkirchen, die im Süden Britanniens zahlreich und mächtig waren, denselben Kirchen, die Naburs und Sansums Umsturzversuche unterstützt hatten. Die Abgaben wurden schließlich gezahlt, und sie schützten die Christen vor der gefürchteten Aufmerksamkeit der sächsischen Heiden; aber die Christen verziehen Arthur nie und berücksichtigten auch nicht, daß den wenigen heidnischen Schreinen, die noch ein paar Reichtümer besaßen, dieselben Abgaben auferlegt wurden. Nicht alle Christen waren Arthurs Feinde. Mindestens ein Drittel seiner Speerkämpfer waren Christen, und diese Männer waren ihm ebenso treu ergeben wie die Heiden. Viele andere Christen billigten seine Herrschaft, aber die meisten Kirchenführer ließen sich in ihrer Treue von ihrer Habgier beeinflussen, und das waren jene, die gegen ihn opponierten. Sie glaubten, ihr Gott werde eines Tages auf die Erde zurückkehren und wie ein Sterblicher unter ihnen wandeln, aber das würde nicht eher geschehen, als bis alle Heiden zu seinem Glauben bekehrt waren. Die Prediger, die wußten, daß
Arthur ein Heide war, zischten ihm Flüche zu, doch Arthur ignorierte ihre Worte, wenn er seine unaufhörlichen Rundreisen durch den Süden Britanniens machte. An einem Tag war er bei Sagramor an Aelles Grenze, am nächsten schon bekämpfte er eine von Cerdics Kriegshorden, die tief in die Flußtäler im Süden vorgedrungen waren; dann wieder ritt er durch Dumnonia und quer durch Gwent nach Isca, wo er mit den einheimischen Häuptlingen über die Anzahl der Speerkämpfer verhandelte, die im westlichen Gwent oder im östlichen Siluria aufgebracht werden konnten. Durch Lugg Vale war Arthur weit mehr als Dumnonias oberster Lord und Mordreds Protektor geworden – er war Britanniens Kriegsherr und unbestrittener Führer all unserer Heere, und kein König wagte es, ihm etwas zu verweigern. Und keiner wollte ihm in jenen Tagen etwas verweigern.
Das alles aber verpaßte ich, denn ich war in Caer Sws, ich war bei Ceinwyn, ich war verliebt.
Und ich wartete auf Merlin.
Merlin und Nimue kamen ein paar Tage vor der
Wintersonnenwende nach Cwm Isaf. Dunkle Wolken lasteten schwer über den kahlen Eichenwipfeln auf den Bergrücken, und der Morgenfrost hielt sich bis weit in den Nachmittag hinein. Der Bach war ein Flickenteppich von Eisplatten und rieselndem Wasser, das herabgefallene Laub war brüchig und der Erdboden im Tal so hart wie Stein. Da wir im mittleren Raum ein Feuer unterhielten, war es einigermaßen warm im Haus, allerdings auch voll Rauch, der um die unbehauenen Balken wogte, bevor er die kleine Öffnung im Dachfirst fand. Der Rauch weiterer Feuer stieg aus den Unterkünften auf, die sich meine Speerkämpfer im Tal gebaut hatten: niedrige, kleine Hütten mit Wänden aus Erde und Stein und einem Dach aus Holz und Farnwedeln. Hinter dem Haus hatten wir einen Stall errichtet, in dem bei Nacht ein Stier, zwei Kühe, drei Sauen, ein Eber, ein Dutzend Schafe und zwanzig Hühner eingesperrt wurden, um sie vor den Wölfen zu schützen. In unseren Wäldern wimmelte es von Wölfen. Allabendlich ertönte ihr Geheul in der Dämmerung, und bei Nacht hörten wir sie zuweilen hinter dem Viehstall umherstreichen. Dann blökten die
Weitere Kostenlose Bücher