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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schaumigweiß an verborgenen Felsen; aber das Meer war nicht so beängstigend wie die gegenüberliegende Küste, die absolut leer, dunkel und öde dalag und aussah, als warte sie nur darauf, uns die Seelen aus dem Leib zu reißen. Ich erschauerte, als ich den fernen, grasbewachsenen Hang betrachtete, und dachte unwillkürlich an den weit zurückliegenden schwarzen Tag, da die Römer an dieser Felsenküste gestanden hatten und es an jenem fernen Ufer von Druiden gewimmelt hatte, die den fremden Soldaten ihre furchterregenden Flüche entgegenschleuderten. Die Flüche hatten versagt, die Römer waren übergesetzt, und Ynys Mon war gestorben; und nun standen wir an demselben Ort, um einen letzten verzweifelten Versuch zu wagen, die Zeit zurückzudrehen, die Jahrhunderte der Trauer und Bedrängnis ungeschehen zu machen und Britannien in den gesegneten Zustand vor Ankunft der Römer zurückzuversetzen. Dann wäre es Merlins Britannien, ein Britannien der Götter, ein Britannien ohne Sachsen, ein Britannien voller Gold und Festhallen und Wunder.
    Wir marschierten ostwärts bis zur schmälsten Stelle der Meerenge, und nachdem wir eine Felsnase umrundet hatten, fanden wir unter dem drohend aufragenden Erdwall einer verlassenen Festung zwei Boote auf dem Kieselstrand einer winzigen Bucht. Ein Dutzend Männer warteten bei den Booten; fast schien es, als hätten sie uns erwartet. »Die Fährleute?«
    fragte mich Ceinwyn.
    »Diwrnachs Bootsleute«, sagte ich und berührte das Eisen an Hywelbanes Heft. »Sie wollen, daß wir übersetzen«, erklärte ich und fürchtete mich, weil der König es uns so leicht machte. Die Fährleute schienen keine Angst vor uns zu haben. Es waren gedrungene, hart wirkende Gestalten, denen Fischschuppen in den Bärten und in der dicken, wollenen Kleidung hingen. An Waffen trugen sie nur ihre
    Ausweidemesser und Fischspeere. Galahad fragte, ob sie etwas von Diwrnachs Speerkämpfern gesehen hätten, aber sie zuckten nur die Achseln, als wäre ihnen seine Sprache fremd. Als Nimue sie dann in ihrer Muttersprache Irisch anredete, antworteten sie ihr recht höflich. Sie behaupteten, keine Blutschilde gesehen zu haben, erklärten ihr aber auch, wir müßten warten, bis die Flut voll hereingekommen sei, bevor wir übersetzen könnten, denn erst dann sei die Meerenge sicher genug für Boote.
    In einem der Boote bereiteten wir ein Lager für Merlin, dann kletterten Issa und ich zu dem verlassenen Fort hinauf und blickten landeinwärts. Aus dem Tal der verkrüppelten Eichen stieg eine zweite Rauchsäule auf, aber sonst hatte sich nichts verändert, und keine Feinde waren in Sicht. Aber sie waren da. Man brauchte nicht ihre mit Blut bemalten Schilde zu sehen, um zu wissen, daß sie ganz in der Nähe lauerten. Issa berührte seine Speerspitze. »Mir scheint, Lord«, sagte er, »daß Ynys Mon ein guter Platz zum Sterben wäre.«
    Ich lächelte. »Es wäre ein besserer Platz zum Leben, Issa.«
    »Aber wenn wir auf der heiligen Insel sterben, sind unsere Seelen doch bestimmt in Sicherheit?« fragte er besorgt.
    »Sie werden in Sicherheit sein«, beruhigte ich ihn. »Du und ich, wir werden die Schwerterbrücke gemeinsam
    überschreiten.« Und Ceinwyn, das nahm ich mir vor, wäre uns ein oder zwei Schritte voraus, denn ich würde sie eigenhändig töten, bevor Diwrnachs Männer Hand an sie legen konnten. Ich zog Hywelbane, dessen lange Klinge noch mit dem Ruß
    beschmiert war, in den Nimue ihren Zauber gemalt hatte, und richtete die Spitze auf Issas Gesicht. »Leiste mir einen Eid«, befahl ich ihm. Er sank auf ein Knie. »Sprecht ihn mir vor, Lord.«
    »Wenn ich sterbe, Issa, und Ceinwyn noch lebt, mußt du sie mit einem Schwertstreich töten, bevor Diwrnachs Männer sie ergreifen können.«
    Er küßte die Schwertspitze. »Ich schwöre es, Lord.« Als die Flut ihren Höchststand erreichte, verschwanden die wirbelnden Strömungen, und das Meer lag bis auf die windgekräuselten Wellen, die die beiden Boote vom Kieselstrand hoben, ruhig da. Wir schafften die Pferde an Bord, und sobald wir uns inmitten klebriger Fischernetze niedergelassen hatten, bedeuteten uns die Bootsleute, daß wir das Wasser ausputzen sollten, das zwischen den geteerten Planken hereindrang. Also schöpften wir mit unseren Helmen das schwarze Meer wieder an seinen Platz zurück, und während die Bootsleute die langen Riemen durch die Dollen schoben, betete ich zu Manawydan, dem Meeresgott, er möge uns beschützen. Merlin zitterte. Sein Gesicht war

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