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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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bleicher, als ich es je gesehen hatte, aber mit einem Hauch von kränklichem Gelb und fleckig vom Schaum, der ihm aus den Mundwinkeln rann. Er war bewußtlos, murmelte im Delirium jedoch vor sich hin.
    Die Bootsleute stimmten seltsame Gesänge an, als sie sich in die Riemen legten, wurden aber still, als wir die Mitte der Meerenge erreichten. Hier hielten sie inne, und in jedem Boot zeigte ein Mann zum Festland zurück.
    Wir wandten uns um. Anfangs konnte ich nur den dunklen Streifen der Küste unter den schneeweiß und pechschwarz aufragenden Bergen erkennen – dann entdeckte ich jedoch, daß
    sich unmittelbar hinter dem steinigen Strand etwas Fetzenähnliches bewegte. Es war ein Banner, nichts weiter als flatternde Lumpen an einer Stange, aber unmittelbar danach tauchte oberhalb des Ufers eine Reihe von Kriegern auf. Sie lachten uns aus. Ihr Kichern drang trotz der klatschenden Meereswellen klar und deutlich durch den eiskalten Wind. Sie saßen alle auf zottigen Pferden und schienen in zerfetzte Streifen schwarzer Lumpen gekleidet zu sein, die in der se wie Fähnchen flatterten. Sie führten Schilde mit sich und jene überlangen Kampfspeere, die von den Iren bevorzugt wurden. Weder Schilde noch Speere konnten mir angst machen, in ihrer zerlumpten, langhaarigen, wilden Erscheinung lag jedoch etwas, was mir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. Aber vielleicht kam dieser Kälteschauer auch von dem Schneeregen, den der Westwind mitbrachte und der die graue Fläche des Meeres kräuselte.
    Die zerlumpten, dunklen Reiter sahen zu, wie unsere Boote auf Ynys Mon landeten. Die Bootsleute halfen uns, Merlin und die Pferde sicher an Land zu bringen, dann schoben sie ihre Boote ins Wasser zurück.
    »Sollten wir die Boote nicht hierbehalten?« fragte mich Galahad.
    »Wie denn?« entgegnete ich. »Dann müßten wir die Männer aufteilen, damit die eine Hälfte die Boote bewacht, während die andere Ceinwyn und Nimue begleitet.«
    »Und wie wollen wir von der Insel wieder
    herunterkommen?« wollte Galahad wissen.
    »Mit dem Kessel wird alles möglich sein.« Ich borgte mir Nimues Zuversicht aus, weil ich keine andere Antwort wußte und es nicht wagte, ihm die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit war, daß ich mich verloren wähnte. Ich fühlte mich, als begännen sich die Flüche jener uralten Druiden schon um unsere Seelen zu schließen.
    Vom Strand aus marschierten wir nach Norden. Möwen umkreisten uns kreischend im peitschenden Schneeregen, als wir von den Felsen zu einer öden Moorlandschaft hinabkletterten, die nur von einzelnen, aus dem Boden ragenden Felsbrocken unterbrochen wurde. In der alten Zeit, bevor die Römer Ynys Mon zerstörten, war das Land dicht mit heiligen Eichen bestanden gewesen, unter denen die größten Mysterien Britanniens vollzogen wurden. Die Nachricht von diesen Ritualen beherrschte die Jahreszeiten in Britannien, Irland und sogar Gallien: denn hier waren die Götter auf die Erde herabgekommen, hier war das Band zwischen Menschen und Göttern am stärksten, bevor es von den Kurzschwertern der Römer durchschnitten wurde. Dies war geheiligter Boden, aber es war auch ein schwieriger Boden, denn nach einem nur einstündigen Marsch kamen wir an einen riesigen Sumpf, der uns den Weg ins Innere der Insel zu versperren schien. Auf der Suche nach einem Pfad zogen wir am Rand des Sumpfes entlang, konnten aber keinen finden. Als das Tageslicht dann allmählich verblaßte, benutzten wir unsere Speerschäfte, um die sicherste Route durch die stachligen Grasbüschel und die saugenden, gefährlichen Sumpflöcher zu ertasten. Unsere Beine waren voll eiskaltem Schlamm, und der Schneeregen drang bis unter unsere Pelze. Als eins der Pferde plötzlich steckenblieb und das andere in Panik geriet, luden wir beide ab, verteilten die Lasten auf uns selbst und ließen die Tiere stehen. Wir stapften weiter. Hin und wieder rasteten wir auf unseren Rundschilden, die unser Gewicht wie flache runde Boote aufnahmen, bis das brackige Wasser schließlich über ihren Rand schwappte und uns zum Aufstehen zwang. Der Schneeregen wurde dichter und schwerer, gepeitscht von einem auffrischenden Wind, der das Sumpfgras flachpreßte und uns die Kälte in die Knochen trieb. Merlin stieß seltsame Worte aus und warf den Kopf von einer Seite zur anderen, während einige meiner Männer Anzeichen von Schwäche zeigten, weil sowohl die Kälte als auch die Bosheit irgendwelcher Götter, die in diesem verwüsteten Land herrschten, an ihren

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