Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
mit sich brachte.
Ich beobachtete, wie eine Gruppe meiner Speerkämpfer vom hohen Berg im Norden herabkam. Einer von ihnen hielt ein Lamm auf den Armen, das, wie ich vermutete, ein Waisenkind war und von Ceinwyn aufgezogen werden mußte. Das war eine mühsame Arbeit, denn das Lamm mußte mit einer in Milch getauchten Stoffzitze gesäugt werden, und in den meisten Fällen starben diese Winzlinge schon bald; aber Ceinwyn bestand darauf, wenigstens zu versuchen, ihnen das Leben zu retten. Sie hatte allen strikt verboten, eins der Lämmer in Weiden gebunden zu vergraben oder ihr Fell an einen Baum zu nageln, und trotz dieser Versäumnisse schien die Herde zu gedeihen. Ich seufzte. »Ihr wollt Lancelot also in Corinium zur Wahl vorschlagen«, sagte ich.
»Ich nicht, nein. Das wird Bors übernehmen. Bors hat gesehen, wie er kämpft.«
»Dann wollen wir hoffen, Lord, daß Bors eine goldene Zunge besitzt.«
Arthur lächelte. »Wollt Ihr mir jetzt keine Antwort geben?«
»Keine, die Ihr gern hören würdet, Lord.«
Achselzuckend ergriff er meinen Arm und kehrte mit mir zusammen zurück. »Ich hasse diese Geheimbruderschaften«, sagte er milde, und ich glaubte ihm, denn ich hatte Arthur noch niemals bei einem Mithrastreffen gesehen, obwohl ich wußte, daß er vor vielen Jahren aufgenommen worden war. »Kulte wie der Mithraskult«, sagte er, »sollen die Männer
zusammenschweißen, aber sie dienen nur dazu, sie auseinanderzutreiben. Sie wecken Neid. Manchmal aber, Derfel, muß man ein Übel mit einem anderen bekämpfen, deswegen erwäge ich, einen neuen Kriegerbund zu gründen. Einen Bund, dem alle Männer angehören werden, die ihre Waffen gegen die Sachsen erhoben haben, alle. Ich werde diesen Bund zum ehrenhaftesten von ganz Britannien machen.«
»Und zum größten, hoffentlich«, gab ich zurück.
»Ohne die Landwehr«, sagte er und beschränkte seinen ehrenvollen Bund dadurch auf jene, die ihren Speer auf Grund eines Schwurs trugen, statt auf Grund von
Besitzverpflichtungen. »Die Männer werden lieber zu meinem Bund gehören wollen als zu einem mysteriösen Geheimkult.«
»Wie werdet Ihr ihn nennen?« wollte ich wissen.
»Keine Ahnung. Krieger Britanniens? Die Kameraden? Die Speere von Cadarn?« Er sagte es leichthin, aber es war deutlich, daß er es ernst meinte.
»Und Ihr meint, wenn Lancelot zu diesen ›Kriegern Britanniens‹ gehört, wird es ihm nichts ausmachen, nicht in die Mithrasbruderschaft aufgenommen zu werden?« fragte ich ihn.
»Es könnte helfen«, gab er zu, »aber es ist nicht mein eigentlicher Grund. Ich werde diesen Kriegern eine Verpflichtung auferlegen. Wenn sie sich uns anschließen wollen, werden sie einen Blutseid leisten müssen, nie wieder gegeneinander zu kämpfen.« Er warf mir ein flüchtiges Lächeln zu. »Wenn sich die Könige von Britannien zanken, werde ich es ihren Kriegern unmöglich machen, gegeneinander zu kämpfen.«
»Nicht unmöglich«, stellte ich nüchtern fest. »Ein Königseid ist stärker als alle anderen, stärker sogar als Euer Blutseid.«
»Dann werde ich es ihnen schwermachen«, erwiderte er,
»denn ich werde Frieden schaffen, Derfel, ich werde Frieden schaffen. Und Ihr, mein Freund, werdet ihn in Dumnonia mit mir teilen.«
»Das hoffe ich, Lord.«
Er umarmte mich. »Wir treffen uns in Corinium«, sagte er. Mit erhobener Hand grüßte er meine Speerkämpfer. Dann wandte er sich zu mir zurück. »Denkt an Lancelot, Derfel. Und denkt über die Tatsache nach, daß wir zuweilen ein wenig von unserem Stolz aufgeben müssen, um einen großen Frieden zu schließen.«
Mit diesen Worten schritt er davon, während ich zu meinen Männern ging, um ihnen mitzuteilen, daß die Zeit des Ackerns vorbei sei. Jetzt mußten wir Speerspitzen schärfen, Schwerter schleifen und Schilde frisch bemalen, lackieren und beziehen. Wir waren wieder einmal im Krieg.
Wir brachen zwei Tage vor Cuneglas auf, der noch wartete, bis seine Häuptlinge mit ihren in rauhe Pelze gekleideten Kriegern aus Powys’ Bergfestungen im Westen eintrafen. Er trug mir auf, Arthur zu versprechen, daß die Männer aus Powys innerhalb einer Woche in Corinium sein würden. Dann umarmte er mich und schwor mir bei seinem Leben, daß
Ceinwyn in Sicherheit sein würde. Sie hielt mit einer kleinen Truppe wieder in Caer Sws Einzug. Die Truppe sollte Cuneglas’ Familie bewachen, während er selbst sich im Krieg befand. Ceinwyn zögerte, in die Frauenhalle zurückzukehren, in der Helledd und deren Tanten
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