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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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oder?« knurrte er. Dann wandte er sich um, weil ein leichter Wind eine hauchdünne Holzspanplatte von seinem Tisch zu wehen drohte, der mit einer ganzen Anzahl weiterer solcher Spanplatten bedeckt war, auf denen Männer und Rationen aufgelistet waren. Er beschwerte das hauchdünne Holz mit einem Tintenhorn, dann wandte er sich zu mir zurück. »Wie ich hörte, wurden wir zu einem Treffen mit dem Stier gerufen.«
    »In Corinium«, bestätigte ich. Im Gegensatz zu seinem Herrn Tewdric war Agricola kein Christ, gab sich aber nicht mit den britannischen Göttern ab, sondern widmete sich ausschließlich Mithras.
    »Um Lancelot zum Mitglied zu wählen«, sagte Agricola verdrossen. Er lauschte, weil ein Mann in seinem Lager Befehle schrie, hörte nichts, was ihn nötigte, das Zelt zu verlassen, und wandte sich wieder zu mir um. »Was wißt Ihr über Lancelot?« erkundigte er sich.
    »Genug, um gegen ihn zu stimmen«, antwortete ich.
    »Ihr würdet Arthur beleidigen?« Das klang überrascht.
    »Entweder beleidige ich Arthur«, sagte ich erbittert, »oder Mithras.« Dabei machte ich das Zeichen gegen das Böse.
    »Aber Mithras ist ein Gott.«
    »Arthur hat auf seinem Rückweg von Powys mit mir gesprochen«, sagte Agricola. »Wie er mir erklärte, würde Lancelots Aufnahme Britanniens Einheit stärken.« Mit grämlicher Miene hielt er inne. »Er hat angedeutet, daß ich ihm meine Stimme schulde, weil wir nicht im Lugg Vale dabei waren.«
    Arthur sammelte offenbar Stimmen, wo immer er konnte.
    »Dann stimmt für ihn, Lord«, sagte ich, »denn um ihn abzulehnen, ist nur eine einzige Stimme nötig, also wird die meine genügen.«
    »Ich belüge Mithras nicht«, fuhr Agricola auf. »Und Lancelot mag ich nicht. Er war vor zwei Monaten hier, um Spiegel zu kaufen.«
    »Spiegel?« Ich mußte lachen. Lancelot hatte schon immer Spiegel gesammelt. In seines Vaters hohem, luftigen Meerespalast in Ynys Trebes hatte er einen ganzen Raum mit römischen Spiegeln ausgekleidet. Sie alle mußten in den Flammen geschmolzen sein, als die Franken in Scharen über die Palastmauern kletterten, doch offensichtlich wollte Lancelot mit seiner Sammlung von neuem beginnen.
    »Tewdric hat ihm einen schönen Electrumspiegel verkauft«, erzählte mir Agricola. »So groß wie ein Schild und höchst außergewöhnlich. Er war so klar, daß es schien, als sehe man an einem schönen Tag in einen dunklen Teich. Und er hat reichlich dafür bezahlt.« Das muß er wohl, dachte ich mir, denn Spiegel aus Electrum, einer Legierung aus Silber und Gold, waren außerordentlich selten. »Spiegel«, wiederholte Agricola bissig. »Er sollte lieber seine Pflichten in Siluria erfüllen, statt Spiegel zu kaufen.« Als von der Stadt her ein Horn ertönte, griff er sofort nach Schwert und Helm. Das Horn rief zweimal, ein Signal, das Agricola offensichtlich vertraut war. »Der Edling«, knurrte er und nahm mich mit ins Sonnenlicht hinaus, wo wir entdeckten, daß Meurig tatsächlich aus den Römerwällen von Magnis hervorgeritten kam. »Ich kampiere hier draußen«, erklärte mir Agricola, während wir beobachteten, wie seine Ehrengarde in zwei Reihen Aufstellung nahm, »um mir ihre Priester vom Hals zu halten.«
    Prinz Meurig kam in Begleitung von vier Christenpriestern, die laufen mußten, um mit dem Pferd des Edlings Schritt zu halten. Der Prinz war ein junger Mann – tatsächlich war er noch ein Kind gewesen, als ich ihm zum erstenmal begegnete, und das war noch gar nicht so lange her –, doch er kaschierte seine Jugend mit mürrischem und gereiztem Verhalten. Er war klein, blaß und mager und trug einen strähnigen, braunen Bart. Er war berüchtigt als kleinlicher Querulant, der die Spitzfindigkeiten der Gerichte und das Gezänk der Kirche liebte. Seine Gelehrsamkeit war berühmt; er war, wie man uns versicherte, höchst findig, wenn es galt, den ketzerischen Pelagianismus zu widerlegen, der der Kirche in Britannien so große Sorgen machte. Er kannte die achtzehn Kapitel der britischen Stammesgesetze auswendig und konnte sowohl die Genealogie der letzten zwanzig Generationen von zehn britischen Königreichen als auch den Stammbaum all ihrer Clans und Stämme aufzählen. Und das sei, wie uns seine Bewunderer erklärten, erst der Anfang von Meurigs ungeheurem Wissen. Für seine Bewunderer war er ein jugendliches Vorbild an Gelehrsamkeit und der beste Rhetoriker von Britannien; ich dagegen hatte den Eindruck, daß der Prinz zwar die große Intelligenz seines Vaters geerbt

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