Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Abflußkanäle der Brücke von derartigem Treibgut freizuhalten, doch diese Aufgabe hatte er schlicht ignoriert, genau wie er es unterlassen hatte, den Stadtwall instandzuhalten. Der Wall lag nur einhundert Schritt nördlich der Brücke, und da Aquae Sulis keine Festungsstadt war, hatte es nie einen besonders festen Wall besessen, inzwischen aber war er kaum noch ein Hindernis. Ganze Abschnitte der Holzpalisade auf der Krone des Erd-und Steinwalls waren niedergerissen worden, um Brennholz oder Baumaterial zu gewinnen, während der Wall selbst so stark erodiert war, daß die Sachsen die Stadt hätten durchqueren können, ohne ihren Schritt zu verlangsamen. Hier und dort entdeckte ich hektisch arbeitende Männer, die versuchten, einige Stellen der Palisade zu reparieren, doch um diese Verteidigungsanlage wieder aufzubauen, hätten fünfhundert Mann einen ganzen Monat gebraucht.
Als wir durch das herrliche Südtor zogen, entdeckte ich, daß die Stadt zwar weder die Energie besaß, ihre Wälle instandzuhalten, noch die Arbeitskräfte, um die Brücke vor dem Treibgut zu schützen, daß aber dennoch jemand die Zeit gefunden hatte, die wunderschöne Maske der römischen Göttin Minerva zu entstellen, die früher den Torbogen geschmückt hatte. Dort, wo ihr Gesicht gewesen war, gab es jetzt nur noch eine grobe Steinmasse, in die ein primitives Christenkreuz geschlagen worden war. »Ist dies eine christliche Stadt?« fragte mich Ceinwyn.
»Fast alle Städte sind christlich«, antwortete Guinevere an meiner Statt.
Außerdem war es eine schöne Stadt. Das heißt, sie war früher einmal schön gewesen, doch im Lauf der Jahre waren die Ziegeldächer eingestürzt und durch Stroh ersetzt worden, einige Häuser waren sogar ganz in sich zusammengefallen und nur noch ein Steinhaufen, aber die Straßen waren noch immer gepflastert und die hohen Säulen sowie der reich verzierte Giebel von Minervas prächtigem Tempel ragten immer noch hoch über den niedrigen Dächern auf. Meine Vorhut bahnte sich brutal einen Weg durch die vollen Straßen zum Tempel, der im heiligen Herzen der Stadt auf einer abgestuften Erhebung stand. Die Römer hatten eine innere Mauer um den zentralen Schrein gebaut, eine Mauer, die Minervas Tempel sowie das Badehaus umgab, das der Stadt Ruhm und Reichtum eingebracht hatte. Die Römer hatten das Bad überdacht, das von einer heißen Zauberquelle gespeist wurde, inzwischen aber waren einige Dachziegel herabgefallen, und durch die Löcher stiegen Dampfwölkchen wie Rauch auf. Der Tempel selbst, seiner Regenrinnen aus Blei beraubt, war fleckig von Regenwasser und Moosflechten, während der bemalte Putz unter dem hohen Portikus abgeblättert und gedunkelt war; trotz dieses Verfalls jedoch konnte man immer noch auf dem großen, gepflasterten Hof des inneren Heiligtums der Stadt stehen und sich eine Welt ausmalen, in der die Menschen solche Bauwerke schaffen und ohne Furcht vor den Speeren leben konnten, die aus dem barbarischen Osten kamen.
Der Magistrat der Stadt, ein nervöser Mann mittleren Alters namens Cildydd, der sein wichtiges Amt betonte, indem er eine römische Toga trug, kam aus dem Tempel herbeigeeilt, um mich zu begrüßen. Ich kannte ihn aus den Zeiten des Aufstands, als er, obwohl selber Christ, vor den rasenden Fanatikern floh, die alle Tempel von Aquae Sulis besetzt hatten. Nach dem Aufstand war er wieder in sein Amt eingesetzt worden, viel Autorität aber besaß er, glaube ich, nicht mehr. Er hatte eine Art Schiefertafel bei sich, auf der er eine Aufstellung gemacht hatte, vermutlich die Zahlen der Landwehr, die sich auf dem Gelände des Heiligtums eingefunden hatte. »Die Reparaturen sind in Arbeit!«
begrüßte mich Cildydd ohne weitere Höflichkeitsfloskeln. »Meine Männer sind bereits unterwegs, um Holz für die Wälle zu schlagen. Oder waren es vielmehr. Die Überschwemmung ist ein Problem, o ja, aber wenn es aufhört zu regnen?« Er ließ den Satz unbeendet.
»Die Überschwemmung?« fragte ich.
»Wenn der Fluß steigt, Lord«, erklärte er mir, »kommt das Wasser durch die römischen Leitungen nach oben. Es steht bereits in den unteren Vierteln der Stadt. Und leider eben nicht nur Wasser. Der Geruch, wißt Ihr!« Angewidert sog er die Luft durch die Nase ein.
»Das Problem ist, daß die Brückenbogen vom Treibgut verstopft sind«, entgegnete ich. »Es war Eure Aufgabe, sie freizuhalten. Es war außerdem Eure Aufgabe, die Wälle instandzuhalten.« Er öffnete den Mund und schloß ihn
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