Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
wieder, ohne ein Wort zu äußern. Er zückte die Tafel, als wolle er seine Tüchtigkeit demonstrieren; dann jedoch blinzelte er hilflos. »Nicht, daß das jetzt noch wichtig ist«, fuhr ich fort,
»die Stadt kann nicht verteidigt werden.«
»Nicht verteidigt?« protestierte Cildydd. »Nicht verteidigt? Sie muß
verteidigt werden! Wir können die Stadt doch nicht einfach verlassen!«
»Wenn die Sachsen kommen, wird euch nichts anderes übrigbleiben«, sagte ich brutal.
»Aber wir müssen sie verteidigen, Lord«, behauptete Cildydd.
»Und womit?« fragte ich ihn.
»Mit Euren Männern«, antwortete er und zeigte zu meinen Speerkämpfern hinüber, die unter dem Portikus Schutz vor dem Regen gesucht hatten.
»Wir können im Höchstfall eine Viertelmeile der Wälle besetzen, oder vielmehr von dem, was von ihnen übrig ist«, sagte ich. »Und wer soll alles übrige verteidigen?«
»Die Landwehr natürlich.« Cildydd schwenkte seine Tafel zu dem traurigen Häufchen von Männern hinüber, das vor dem Badehaus wartete. Nur ein paar von ihnen hatten Waffen, und noch weniger eine Rüstung.
»Habt Ihr jemals gesehen, wie die Sachsen angreifen?« fragte ich Cildydd. »Zuerst schicken sie riesige Kampfhunde vor, erst dann kommen sie mit drei Fuß langen Äxten und Speeren mit acht Fuß langen Schäften. Sie sind betrunken, sie sind rasend, und sie wollen nichts als die Frauen und das Gold in Eurer Stadt. Wie lange, glaubt Ihr, wird die Landwehr dem standhalten können?«
Cildydd starrte mich blinzelnd an. »Wir können doch nicht einfach aufgeben«, sagte er unsicher.
»Hat Eure Landwehr überhaupt richtige Waffen?« erkundigte ich mich und deutete auf die Männer, die mürrisch im Regen warteten. Zwei oder drei von den sechzig Mann hatten Speere mitgebracht, auch ein altes Römerschwert entdeckte ich, und der größte Teil der übrigen hatte Äxte oder Hacken, doch einige Männer besaßen nicht einmal diese primitiven Waffen, sondern trugen im Feuer gehärtete Stangen, deren rußschwarzes Ende scharf zugespitzt worden war.
»Wir durchsuchen die Stadt, Lord«, sagte Cildydd. »Irgendwo muß es Speere geben.«
»Ob mit oder ohne Speere«, entgegnete ich brutal, »wenn ihr hier kämpft, seid ihr allesamt tot.«
Cildydd starrte mich offenen Mundes an. »Und was sollen wir tun?«
fragte er mich schließlich.
»Geht nach Glevum«, antwortete ich.
»Aber die Stadt!« Er erbleichte. »Es gibt hier Händler, Goldschmiede, Kirchen, Schätze.« Seine Stimme versagte, als er sich den enormen Verlust vorstellte, wenn die Stadt fiel, doch wenn die Sachsen wirklich kamen, war dieser Fall nicht abzuwenden.
Aquae Sulis war keine Garnisonsstadt, sondern ein wunderschöner Ort in einem Tal zwischen mehreren Höhenzügen. Cildydd blickte in den Regen hinaus. »Glevum«, wiederholte er bedrückt. »Und Ihr werdet uns dorthin eskortieren, Lord?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich gehe nach Corinium«, erklärte ich, »Ihr aber werdet nach Glevum gehen.« Fast war ich versucht, Argante, Guinevere, Ceinwyn und die Familien mitzuschicken, aber ich konnte mich nicht darauf verlassen, daß Cildydd sie beschützte. Besser, sagte ich mir, ich nehme die Frauen und die Familien mit mir nach Norden und schicke sie dann mit einer kleinen Eskorte von Corinium nach Glevum.
Aber wenigstens Argante wurde ich los, denn noch während ich so brutal Cildydds leise Hoffnungen auf Verteidigung zerstörte, ritt ein Trupp gewappneter Krieger in den Vorhof des Tempels ein. Es waren Arthurs Männer mit seinem Bärenbanner, sie wurden angeführt von Balin, der furchtbar auf das Gedränge der Flüchtlinge schimpfte. Als er mich sah, war er erleichtert, staunte aber, als er Guinevere entdeckte.
»Habt Ihr die falsche Prinzessin mitgebracht, Derfel?« fragte er mich, als er von seinem erschöpften Pferd stieg.
»Argante ist im Tempel.« Mit dem Kopf deutete ich auf das große Gebäude hinüber, in dem Argante Zuflucht vor dem Regen gesucht hatte. Sie hatte den ganzen Tag kein Wort mit mir gesprochen.
»Ich soll sie zu Arthur bringen«, erklärte Balin. Er war ein bärtiger Mann von rauher Gutmütigkeit mit einem tätowierten Bären auf der Stirn und einer gezackten weißen Narbe auf der linken Wange. Ich erkundigte mich, was es Neues gäbe, und er berichtete mir das wenige, was er wußte, und nichts davon klang gut. »Die Hunde kommen die Themse herunter«, sagte er. »Wir schätzen, daß sie nur noch drei Tagesmärsche von Corinium entfernt sind, und von
Weitere Kostenlose Bücher