Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Cuneglas oder Oengus ist noch keine Spur zu sehen. Es ist das Chaos, Derfel, genau das ist es. Das Chaos.« Unvermittelt erschauerte er. »Was stinkt hier denn so?«
»Die Kloaken laufen über«, antwortete ich.
»In ganz Dumnonia«, ergänzte er grimmig. »Ich muß mich beeilen«, fuhr er fort. »Arthur will seine junge Frau möglichst schon vorgestern in Corinium haben.«
»Habt Ihr noch Befehle für mich?« rief ich ihm nach, während er auf die Stufen des Tempels zuschritt.
»Nach Corinium sollt Ihr marschieren! Und Ihr sollt uns an Proviant schicken, was Ihr könnt!« Den letzten Befehl rief er mir zu, während er durch das große Tempeltor verschwand. Er hatte sechs Ersatzpferde mitgebracht, genug also, um Argante, ihre Dienerinnen und Fergal, den Druiden, mit einem Reittier zu versorgen, und das bedeutete, daß die zwölf Mann von Argantes Schwarzschild-Eskorte bei mir zurückblieben. Ich spürte, daß sie genauso froh waren wie ich, ihre Prinzessin los zu sein.
Am späten Nachmittag brach Balin gen Norden auf. Ich hatte auch unterwegs sein wollen, aber die Kinder waren müde, der Regen wollte nicht aufhören, und Ceinwyn überzeugte mich, daß wir besser vorankommen würden, wenn wir uns diese Nacht unter den Dächern von Aquae Sulis ausruhten und am folgenden Morgen mit frischen Kräften losmarschierten. Ich stellte Wachen im Badehaus auf und ließ
die Frauen und Kinder in das riesige, dampfende Becken voll heißem Wasser steigen; dann schickte ich Issa und zwanzig Mann los, um in der Stadt nach Waffen für die Landwehr zu suchen. Anschließend ließ ich Cildydd kommen und fragte ihn, wieviel Proviant noch in der Stadt vorhanden sei. »Kaum noch etwas, Lord«, behauptete er und erklärte, bereits sechzehn Wagen mit Korn, Dörrfleisch und Stockfisch nordwärts geschickt zu haben.
»Habt Ihr die Häuser der Einwohner durchsucht?« fragte ich ihn. »Die Kirchen?«
»Nur die Getreidespeicher der Stadt, Lord.«
»Dann wollen wir mal mit einer richtigen Durchsuchung beginnen«, schlug ich vor, und so hatten wir bis zur Dämmerung sieben weitere Wagenladungen kostbarer Vorräte gesammelt. Trotz der späten Stunde schickte ich die Wagen noch am selben Abend gen Norden. Ochsenkarren sind langsam, darum war es besser, wenn sie die Fahrt noch am Abend begannen, statt bis zum nächsten Morgen zu warten. Im Tempelhof wartete Issa auf mich. Bei seiner Durchsuchung der Stadt hatte er sieben alte Schwerter und ein Dutzend Saufedern aufgetrieben, während Cildydds Männer mit fünfzehn weiteren Speeren aufwarten konnten, von denen allerdings acht zerbrochen waren. Aber Issa hatte noch andere Nachrichten. »Wie es heißt, sollen im Tempel Waffen versteckt sein, Lord«, berichtete er mir.
»Wer sagt das?«
Issa deutete auf einen jungen, bärtigen Mann, der eine blutige Schlachterschürze trug. »Er schätzt, daß nach dem Aufstand eine Menge Speere im Tempel versteckt wurden, aber der Priester streitet das hartnäckig ab.«
»Wo ist der Priester?«
»Drinnen, Lord. Als ich ihn ausfragen wollte, hat er mich weggeschickt.«
Ich sprang die Tempeltreppe empor durch das riesige Portal. Dies war früher einmal ein Tempel der Minerva und der Sulis gewesen, erstere eine römische, letztere eine britannische Göttin, aber die heidnischen Göttinen waren verjagt und dafür der Christengott eingesetzt worden. Als ich den Tempel das letztemal besucht hatte, war da noch eine große, von flackernden Öllampen beleuchtete Bronzestatue der Minerva gewesen, doch während des Christenaufstands war die Statue zerstört worden, und nur noch der Kopf der Göttin war übriggeblieben, doch der war auf eine Stange gesteckt worden und stand als Trophäe hinter dem christlichen Altar.
»Dies ist ein Gotteshaus!« brüllte der Priester mich herausfordernd an. Umgeben von weinenden Weibern, stand er an seinem Altar und zelebrierte ein Mysterium, brach die Zeremonie aber ab, um sich mir entgegenzustellen. Es war ein junger Mann, von Leidenschaft erfüllt, einer von jenen Priestern, die den Aufruhr in Dumnonia geschürt und denen Arthur das Leben geschenkt hatte, damit die Bitterkeit der fehlgeschlagenen Rebellion nicht weiterschwären konnte. Dieser Priester jedoch hatte nichts von seiner aufständischen Begeisterung verloren. »Ein Gotteshaus«, brüllte er abermals, »und Ihr entweiht es mit Schwert und Speer! Würdet Ihr auch in der Halle Eures Lords Waffen tragen? Warum tragt Ihr sie dann im Hause des Herrn?«
»In einer Woche«,
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