Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
entgegnete ich, »wird dies ein Tempel des Thunor sein, und dort, wo ihr steht, werden eure Kinder geopfert werden. Gibt es hier Speere?«
»Nein!« behauptete er trotzig. Als ich die Altarstufen emporstieg, kreischten die Frauen und wichen zurück. Der Priester streckte mir ein Kreuz entgegen. »Im Namen Gottes«, intonierte er, »und im Namen seines heiligen Sohnes, und im Namen des Heiligen Geistes. Nein!« Der letzte Aufschrei kam, weil ich Hywelbane gezogen hatte und das Schwert benutzte, um ihm das Kreuz aus der Hand zu schlagen. Das Stück Holz schlitterte über den Marmorboden des Tempels, während ich ihm die Klinge auf den verfilzten Bart setzte. »Ich werde dieses Haus Stein für Stein auseinandernehmen, bis ich die Speere finde«, verkündete ich. »Und Euren elenden Kadaver werde ich unter dem Schutt begraben. Also, wo sind sie?«
Sein Trotz brach zusammen. Die Speere, die er gehortet hatte, weil er auf einen weiteren Aufstand hoffte, um einen Christen auf Dumnonias Thorn zu setzen, waren in einer Krypta unter dem Altar versteckt. Der Eingang zur Krypta war verborgen, denn dort waren früher jene Schätze aufbewahrt worden, die von Menschen stammten, welche die Heilkraft der Quellen der Sulis suchten, aber der verängstigte Priester zeigte uns, wie man die Marmorplatte anheben konnte, unter der eine Grube bis obenhin mit Gold und Waffen gefüllt war. Das Gold ließen wir liegen, die Speere trugen wir hinaus und übergaben sie Cildydds Landwehr. Ich bezweifelte zwar, daß uns die sechzig Mann in der Schlacht von Nutzen sein konnten, aber ein Mann mit Speer sah wenigstens aus wie ein Krieger und konnte aus der Ferne die Sachsen ein wenig aufhalten. Ich befahl den Landwehrmännern, am folgenden Morgen abmarschbereit zu sein und so viel Lebensmittel mitzunehmen, wie sie nur finden konnten. In dieser Nacht schliefen wir im Tempel. Ich befreite den Altar von seinen christlichen Garnierungen und stellte Minervas Kopf zwischen zwei Öllampen, damit sie uns während der Nacht beschütze. Regen tropfte vom Dach herunter und bildete Pfützen auf dem Marmor, doch irgendwann während der ersten Morgenstunden hörte der Regen auf, und die Morgendämmerung brachte uns einen klaren Himmel und einen frischen Wind aus Osten.
Noch ehe die Sonne aufging, hatten wir die Stadt verlassen. Nur vierzig Mann von der Landwehr der Stadt marschierten mit uns, die übrigen hatten sich in der Nacht davongestohlen, aber es war besser, vierzig willige Männer zu haben als sechzig unzuverlässige Verbündete. Unsere Straße war jetzt frei von Flüchtlingen, denn ich hatte das Gerücht verbreitet, daß Sicherheit nicht in Corinium, sondern in Glevum liege; statt dessen war jetzt die westliche Straße von Menschen und Vieh verstopft. Unsere Route führte uns auf der Römerstraße, die hier gerade wie ein Speer zwischen römischen Grabmälern verlief, ostwärts der aufgehenden Sonne entgegen. Guinevere übersetzte mir die Inschriften, staunend darüber, daß hier Männer begraben lagen, die in Griechenland, Ägypten oder Rom geboren waren. Es handelte sich um Veteranen der Legionen, die britannische Ehefrauen genommen und sich bei den Heilquellen von Aquae Sulis niedergelassen hatten; auf ihren moosbedeckten Grabsteinen wurde hier und da Minerva oder Sulis für das Geschenk der Jahre gedankt. Nach einer Stunde ließen wir die Grabmäler hinter uns, während sich das Tal verengte und die steilen Hügel nördlich der Straße näher an die Flußauen heranrückten; bald würde sich die Straße, wie ich wußte, abrupt nach Norden wenden und in die Hügel emporsteigen, die zwischen Aquae Sulis und Corinium lagen.
Wir hatten den schmalen Teil des Tals bereits erreicht, als die vorausgezogenen Ochsentreiber urplötzlich zurückgelaufen kamen. Sie hatten Aquae Sulis am Vortag verlassen, doch ihre langsamen Karren waren nicht weiter gekommen als bis an die Nordwärtsbiegung der Straße, und nun, im Morgengrauen, hatten sie ihre sieben Wagenladungen kostbaren Proviants vor Angst verlassen. »Sais!« rief einer der Männer noch beim Laufen. »Da hinten sind Sais!«
»Narr«, murmelte ich; dann rief ich Issa zu, die fliehenden Männer aufzuhalten. Ich hatte Guinevere mein Pferd überlassen, nun aber glitt sie von ihm herunter. Ich hangelte mich mühsam auf den Rücken des Reittiers und spornte es an.
Nach einer halben Meile machte die Straße einen Knick nach Norden. Genau hier, an der Biegung, standen die verlassenen Ochsen mit ihren Karren. Ich
Weitere Kostenlose Bücher