Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Hang von Mynydd Baddon emporgeführt werden sollte. Hunderte von Kriegern wurden für diesen Angriff zusammengezogen, und ihre dichtgedrängten Speere glänzten im frühen Tageslicht.
»Wie viele sind es?« fragte mich Guinevere.
»Zu viele, Lady«, antwortete ich bedrückt.
»Ihr halbes Heer«, ergänzte Bors und erklärte ihr, die Sachsenkönige seien der Überzeugung, daß Arthur mit seinen besten Männern hier auf der Hügelkuppe in der Falle säße.
»Dann hat er sie also überlistet?« fragte Guinevere nicht ohne einen Anflug von Stolz.
»Oder wir«, entgegnete ich verdrossen und deutete auf Arthurs Banner, das träge in der leichten Brise wehte.
»Dann werden wir sie jetzt schlagen müssen«, erwiderte Guinevere energisch – aber wie, das konnte ich nicht sagen. Seit ich von Diwrnachs Mannen auf Ynys Mon umzingelt gewesen war, hatte ich mich nicht mehr so hilflos gefühlt, doch damals hatte ich Merlin als Verbündeten gehabt, und seine Magie hatte uns in jener Nacht aus der Falle befreit. Jetzt hatte ich keine Magie mehr auf meiner Seite und sah für uns nur noch den Untergang.
Den ganzen Vormittag beobachtete ich, wie sich die Sachsenkrieger inmitten der Weizenfelder sammelten, und sah, wie ihre Magier an ihren Reihen entlangtanzten und ihre Häuptlinge auf die Speerkämpfer einredeten. Die Männer ganz vorn in der Schlachtreihe der Sachsen waren relativ ruhig, denn sie waren ausgebildete Krieger, die sich ihren Lords mit einem Eid verschworen hatten; aber die übrigen Männer dieses riesigen Heeres schienen das Äquivalent unserer Landwehr zu sein, des fyrd, wie die Sachsen es nannten, und diese Männer wanderten immer wieder davon. Manche gingen zum Fluß hinunter, andere kehrten in die Lager zurück, und von unserer Höhe aus wirkte das Ganze wie eine Menge Schafe, die von den Hirten mühsam in die Herde zurückgetrieben wurden: Sobald ein Teil des Heeres versammelt war, brach ein anderer aus, und alles begann wieder von vorn, während die ganze Zeit die sächsischen Trommeln geschlagen wurden. Dafür benutzten sie dicke, ausgehöhlte Baumstämme, die sie mit Holzknüppeln bearbeiteten, so daß ihr tödlicher Schlag weit von dem baumbestandenen Hang auf der anderen Talseite herüberschallte. Die Sachsen tranken wahrscheinlich Ale und holten sich damit den Mut, den sie brauchten, um gegen unsere Speere anzurennen. Einige meiner Männer tranken ebenfalls Met. Ich selbst hatte allerdings einiges dagegen, doch wenn man einem Soldaten das Trinken verbieten wollte, dann war das, als wolle man einem Hund das Bellen verbieten, und viele von meinen Männern brauchten das Feuer, das der Met im Bauch entfacht, denn sie konnten genausogut zählen wie ich: Eintausend Mann waren gekommen, um gegen weniger als dreihundert zu kämpfen. Bors hatte gebeten, mit seinen Männern in der Mitte unserer Schlachtreihe kämpfen zu dürfen, und ich hatte zugestimmt. Ich hoffte, daß er schnell sterben würde, niedergemacht von einer Axt oder einem Speer, denn wenn er dem Feind lebend in die Hände geriet, würde er eines langen und gräßlichen Todes sterben. Er und seine Männer hatten ihre Schilde bis auf das nackte Holz entblößt, und nun tranken sie Met, und ich konnte es ihnen nicht verdenken.
Issa war nüchtern. »Sie werden uns überrennen, Lord«, prophezeite er besorgt.
»Das werden sie«, stimmte ich ihm zu und wünschte, ich könnte etwas Sinnvolleres sagen; in Wahrheit aber war ich wie erstarrt von den Vorbereitungen der Feinde und hatte keine Ahnung, was ich gegen ihren Angriff unternehmen sollte. Daß meine Männer sich im Kampf gegen die besten Speerkämpfer der Sachsen behaupten konnten, bezweifelte ich keinen Augenblick, aber ich hatte gerade genug Speerkämpfer, um einen Schildwall zu formen, der einhundert Schritt breit war, und wenn die Sachsen angriffen, würden sie das auf mehr als der dreifachen Breite tun. Wir würden in der Mitte kämpfen, wir würden töten, und der Feind würde um unsere Flanken rennen, die Hügelkuppe erobern und uns von hinten abschlachten.
Issa schnitt eine Grimasse. Sein Wolfsrutenhelm war ein alter von mir, in den er ein Muster von Silbersternen gehämmert hatte. Scarach, seine schwangere Frau, hatte irgendwo bei einer der Quellen ein wenig Eisenkraut gefunden, und nun trug Issa ein Zweiglein davon am Helm, das ihn vor Schaden beschützen sollte. Er bot auch mir etwas davon an, aber ich lehnte dankend ab. »Behalte du es«, sagte ich.
»Was werden wir nun tun, Lord?«
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