Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
hohem Gelände kampierte; aber im Morgengrauen sahen wir, daß diese Männer ins Tal unter uns hinabstiegen. Es war ein frischer Morgen, der aber einen warmen Tag versprach. Bei Sonnenaufgang, als das Tal noch im Dunkeln lag, mischte sich der Rauch der Sachsenfeuer mit dem Dunst über dem Fluß, so daß es schien, als sei Mynydd Baddon ein grünes, besonntes Schiff, das auf einem düstergrauen Meer dahintrieb. Ich hatte schlecht geschlafen, denn in der Nacht war eine unserer Frauen niedergekommen, und ihre Schreie hatten mich verfolgt. Das Kind war tot geboren, und Ceinwyn berichtete mir, es hätte erst in drei bis vier Monaten zur Welt kommen dürfen. »Ich glaube, das ist ein schlechtes Omen«, setzte Ceinwyn bekümmert hinzu. Das ist es vermutlich auch, überlegte ich, wagte es aber nicht zuzugeben. Statt dessen gab ich mir Mühe, zuversichtlich zu klingen.
»Die Götter verlassen uns nicht«, sagte ich.
»Es war Terfa«, erklärte Ceinwyn und meinte damit die Frau, welche die Nacht mit ihren Schreien malträtiert hatte. »Es wäre ihr erstes Kind gewesen. Ein Junge. Sehr winzig.« Sie zögerte und lächelte mir traurig zu. »Alle fürchten, Derfel, daß die Götter uns an Samhain verlassen haben.«
Sie sprach nur aus, was ich selber befürchtete, und wieder wagte ich es nicht einzugestehen. »Glaubst du das?« fragte ich sie.
»Ich will es nicht glauben«, gab sie zurück. Sie überlegte ein paar Sekunden und wollte gerade noch etwas sagen, als wir durch einen Ruf vom Südwall unterbrochen wurden. Ich rührte mich nicht, aber der Ruf ertönte noch einmal. Ceinwyn berührte meinen Arm. »Geh«, sagte sie. Als ich zum Südwall hinüberlief, fand ich Issa, der die letzte Nachtwache hatte. Er starrte aufmerksam in die rauchigen Schatten des Tals hinab. »Etwa ein Dutzend von den Bastarden«, sagte er.
»Wo?«
»Seht Ihr die Hecke?« Er zeigte die kahle Steigung hinab auf eine blühende Weißdornhecke, die das Ende des Hanges und den Beginn der Ackerbauflächen im Tal markierte. »Da unten sind sie. Wir haben gesehen, wie sie das Weizenfeld überquerten.«
»Die beobachten uns nur«, behauptete ich mürrisch, verärgert, weil er mich wegen einer solchen Kleinigkeit von Ceinwyn weggerufen hatte.
»Ich weiß nicht, Lord. Irgend etwas ist seltsam an ihnen. Da!« Wieder deutete er hinunter, und ich sah eine Gruppe Speerkämpfer durch die Hecke steigen. Auf unserer Seite der Hecke duckten sie sich, aber es schien, als blickten sie dabei hinter sich statt zu uns herauf. Sie warteten ein paar Minuten; dann kamen sie plötzlich auf uns zugerannt.
»Deserteure?« vermutete Issa. »Eher nicht.«
Und es war tatsächlich seltsam, daß jemand dieses riesige Sachsenheer verlassen sollte, um sich unserer belagerten Truppe anzuschließen, aber Issa hatte recht, denn als die elf Mann den Hang zur Hälfte erklommen hatten, drehten sie ostentativ ihre Schilde um. Nun hatten auch die sächsischen Wachen die Verräter endlich entdeckt, und etwa zwanzig feindliche Speerkämpfer machten sich an die Verfolgung der Flüchtigen, aber die elf hatten genügend Vorsprung, um uns heil und sicher zu erreichen. »Wenn sie hier sind, bringt sie zu mir«, befahl ich Issa; dann kehrte ich ins Zentrum der Hügelkuppe zurück, wo ich mein Panzerhemd anlegte und meine Hüfte mit Hywelbane gürtete.
»Deserteure«, berichtete ich Ceinwyn.
Issa kam mit den elf Männern über die grasbewachsene Kuppe zu mir. Die Schilde erkannte ich zuerst, denn sie zeigten Lancelots Seeadler mit dem Fisch in den Klauen, doch gleich darauf erkannte ich Bors, Lancelots Cousin und Champion. Als er mich sah, lächelte er zunächst nervös, doch als ich dann grinste, entspannte er sich. »Lord Derfel«, begrüßte er mich. Sein breites Gesicht war rot vom Klettern, und seine mächtige Brust hob und senkte sich angestrengt.
»Lord Bors«, begrüßte ich ihn formell; dann umarmte ich ihn.
»Wenn ich denn schon sterben soll«, sagte er, »würde ich es vorziehen, auf meiner eigenen Seite zu sterben.« Dann nannte er die Namen seiner Speerkämpfer, allesamt Britannier, die in Lancelots Diensten gestanden hatten, und allesamt Männer, die sich nicht zwingen lassen wollten, ihre Speere für die Sachsen zu tragen. Sie verneigten sich vor Ceinwyn; dann nahmen sie Platz, während ihnen Brot, Met und Pökelfleisch gebracht wurde. Lancelot, sagten sie, sei nordwärts marschiert, um sich Aelle und Cerdic anzuschließen, und nun seien alle sächsischen Streitkräfte in dem Tal
Weitere Kostenlose Bücher