Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
seine Speerkämpfer durch die waldigen Höhen ziehen, um so den Eindruck zu erwecken, daß ihre Zahl größer sei, als sie eigentlich war. Die Sachsen beobachteten, griffen aber nicht an; und dann, am dritten Tag nach Arthurs Ankunft, traf Cuneglas mit seinen Männern aus Powys ein, und wir konnten den ganzen langen Hügelkamm mit starken Vorposten besetzen, die wir zu Hilfe rufen konnten, falls ein Angriff der Sachsen drohte. An Zahl waren wir immer noch stark unterlegen, aber wir hielten das hohe Gelände besetzt, und jetzt verfügten wir auch über die nötigen Speere für seine Verteidigung.
Die Sachsen hätten aus dem Tal abziehen sollen. Sie hätten zum Severn marschieren und Glevum belagern können, denn dann wären wir gezwungen gewesen, unser hohes Gelände zu verlassen und ihnen zu folgen. Sagramor hatte recht behalten: Männer, die es sich bequem gemacht haben, lassen sich nur ungern in Marsch setzen, deswegen blieben Cerdic und Aelle starrköpfig in dem Flußtal, überzeugt davon, uns zu belagern, während in Wirklichkeit wir sie belagerten. Schließlich wagten sie vereinzelte Attacken den Hügel hinauf, doch keine davon brachte ein Ergebnis. Die Sachsen schwärmten den Hang empor, doch sobald oben ein Schildwall erschien, der bereit war, ihnen Widerstand zu leisten, und eine Gruppe von Arthurs schweren Reitern mit eingelegten Speeren an ihrer Flanke auftauchte, ließ ihre Kampflust spürbar nach, und sie schlichen in ihre Dörfer zurück. Und jeder Fehlschlag der Sachsen stärkte unser Selbstvertrauen. Dieses Selbstvertrauen war so stark, daß Arthur sich, nach Cuneglas’
Ankunft in der Lage sah, uns zu verlassen. Anfangs wunderte ich mich darüber, denn er gab mir keine andere Erklärung dafür als die, er habe im Norden, einen langen Tagesritt entfernt, etwas Wichtiges zu erledigen. Vermutlich hat er mir meine Verwunderung angemerkt, denn er legte mir den Arm um die Schultern. »Noch haben wir nicht gewonnen«, sagte er.
»Das weiß ich, Lord.«
»Aber wenn wir gewinnen, Derfel, möchte ich, daß es ein überwältigender Sieg wird.« Er lächelte. »Vertraut Ihr mir?«
»Selbstverständlich, Lord.«
Er übertrug Cuneglas den Oberbefehl über unser Heer, allerdings mit der strikten Auflage, daß wir keine Ausfälle ins Tal hinab unternähmen. Die Sachsen sollten in dem Glauben gelassen werden, sie hätten uns in der Zange, und um diesen irreführenden Eindruck zu bestärken, gaben einige Freiwillige von uns vor, Deserteure zu sein, und schlichen sich mit der Nachricht in die Lager der Sachsen, unsere Männer seien so entmutigt, daß sie lieber fliehen als kämpfen wollten, und unsere Führer stritten sich heftig darüber, ob sie bleiben und sich einem Angriff der Sachsen stellen oder nach Norden laufen und in Gwent um Zuflucht bitten sollten.
»Ich weiß immer noch nicht, ob ich eine Möglichkeit sehe, dies alles zu beenden«, gestand mir Cuneglas am Tag, nachdem uns Arthur verlassen hatte. »Wir sind stark genug, um sie am Heraufstürmen zu hindern«, fuhr er fort, »aber nicht stark genug, um ins Tal hinabzusteigen und sie zu schlagen.«
»Möglicherweise will Arthur Hilfe holen, Lord König«, gab ich ihm zu bedenken.
»Was für Hilfe?« fragte mich Cuneglas.
»Culhwch vielleicht«, antwortete ich, obwohl das unwahrscheinlich war, denn Culhwch befand sich angeblich östlich der Sachsen, während Arthur gen Norden geritten war. »Oengus mac Airem?« fragte ich. Der König von Demetia hatte uns sein Schwarzschildheer zugesagt, aber bis jetzt hatten die Iren sich noch nicht blicken lassen.
»Oengus – mag sein«, stimmte mit Cuneglas zu. »Aber selbst mit den Schwarzschilden haben wir nicht genügend Männer, um diese Bastarde zu besiegen.« Dabei nickte er ins Tal hinunter. »Wenn wir das wollen, brauchen wir Gwents Speerkämpfer.«
»Und Meurig weigert sich zu marschieren«, sagte ich.
»Meurig weigert sich«, stimmte Cuneglas zu. »Aber es gibt andere Leute in Gwent, die sich nicht weigern. Weil sie sich immer noch an Lugg Vale erinnern.« Er schenkte mir ein schiefes Lächeln, denn bei jener Schlacht war Cuneglas unser Feind gewesen, und die Krieger von Gwent, die unsere Verbündeten waren, hatten nicht gegen das von Cuneglas’ Vater geführte Heer marschieren wollen, weil sie Angst hatten. In Gwent gab es immer noch einige, die sich für dieses Versagen schämten, und diese Scham war um so tiefer, als Arthur ohne ihre Hilfe gesiegt hatte. Deswegen hielt ich es für möglich, daß
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