Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
wurden mit jedem Tag schwächer. Sachsenfrauen stellten Reusen im Flußwasser auf, um für ihre Kinder ein wenig Nahrung zu finden, Sachsenmänner hoben Gräber aus, und wir saßen sicher auf der Höhe und unterhielten uns über Barden. Am Tag nachdem die ersten Sachsengräber ausgehoben worden waren, kehrte Arthur zu uns zurück. Er spornte sein Pferd so schnell über den Sattel und an Mynydd Baddons steilem Nordhang empor, daß
Guinevere gezwungen war, sich ihren neuen Helm auf den Kopf zu setzen und sich mitten in einer Gruppe meiner Männer niederzulassen. Ihr rotes Haar leuchtete unter dem Helmrand wie ein Banner, aber Arthur tat, als nehme er es nicht wahr. Ich war ihm entgegengegangen, um ihn zu begrüßen, auf halbem Weg über die Hügelkuppe machte ich jedoch halt und starrte ihn verwundert an.
Sein Schild bestand aus einer runden Scheibe aus Weidenbrettern, die mit Leder bezogen war, und über dem Leder lag ein dünnes Blech aus gehämmertem Silber, das im Sonnenlicht schimmerte, doch auf dem Schild prangte ein mir ganz und gar neues Symbol: ein Kreuz, ein rotes Kreuz aus Tuchstreifen, die auf das Silber geklebt worden waren. Das Christenkreuz. Als er meine verwunderte Miene sah, grinste er. »Gefällt es Euch, Derfel?«
»Ihr seid Christ geworden, Lord?« fragte ich entgeistert.
»Wir sind alle Christen geworden«, antwortete er, »auch Ihr. Ihr solltet eine Speerspitze erhitzen und Euch das Kreuz in die Schilde brennen.«
Um das Böse abzuwenden, spie ich aus. »Wir sollen – was tun, Lord?«
»Ihr habt mich gehört, Derfel«, sagte er, glitt von Llamreis Rücken und ging zu den südlichen Wällen hinüber, wo er einen guten Blick auf die Feinde hatte. »Sie sind immer noch da«, stellte er fest. »Gut.«
Cuneglas war zu mir getreten und hatte Arthurs Worte gehört. »Ihr wollt, daß wir ein Kreuz in unsere Schilde brennen?« fragte er.
»Von Euch kann ich nichts verlangen, Lord König«, sagte Arthur.
»Doch wenn Ihr es in Euren Schild und in die Schilde Eurer Männer brennen würdet, wäre ich Euch sehr verbunden dafür.«
»Warum?« erkundigte sich Cuneglas heftig. Er war berühmt für den Widerwillen, mit dem er der neuen Religion gegenübertrat.
»Weil das«, sagte Arthur, immer noch zu den Feinden herunterblickend, »der Preis ist, den wir für Gwents Heer bezahlen müssen.«
Cuneglas starrte Arthur an, als traue er seinen eigenen Ohren nicht.
»Meurig kommt?« fragte ich verblüfft.
»Nein.« Arthur wandte sich zu uns um. »Nicht Meurig. König Tewdric kommt. Der gute Tewdric.«
Tewdric war Meurigs Vater, der König, der auf den Thron verzichtet hatte, um Mönch zu werden, und Arthur war nach Gwent geritten, um mit dem alten Mann zu verhandeln. »Ich wußte, daß es möglich sein mußte«, erklärte mir Arthur, »denn Galahad und ich haben den ganzen Winter über mit Tewdric diskutiert.« Anfangs, sagte Arthur, habe der alte König gezögert, sein frommes, entbehrungsreiches Leben aufzugeben, doch andere Männer in Gwent hatten ihre Stimme mit der von Arthur und Galahad vereinigt, und nach nächtelangen Gebeten in seiner kleinen Kapelle hatte Tewdric sich zögernd einverstanden erklärt, vorübergehend den Thron wieder zu besteigen und Gwents Heer gen Süden zu führen. Meurig hatte sich gegen diese Entscheidung gewehrt, die er zu Recht als Vorwurf und Demütigung betrachtete, aber Gwents Heer hatte den alten König unterstützt, und so waren sie jetzt auf dem Marsch nach Süden. »Es war ein Preis dafür festgesetzt worden«, gab Arthur zu. »Ich mußte vor ihrem Gott das Knie beugen und versprechen, ihm den Sieg zuzuschreiben, aber ich werde den Sieg jedem Gott zuschreiben, den Tewdric nennt, solange er uns seine Speerkämpfer bringt.«
»Und was wollen Sie noch?« wollte Cuneglas wissen.
Arthur verzog das Gesicht. »Sie verlangen, daß Ihr Meurig in Powys missionieren laßt.«
»Mehr nicht?«
»Möglicherweise habe ich ihnen den Eindruck vermittelt, daß Ihr die Missionare willkommen heißen werdet«, räumte Arthur ein. »Es tut mir leid, Lord König. Diese Forderung wurde mir erst vor zwei Tagen gestellt, und sie war Meurigs Idee, und Meurigs Gesicht muß gerettet werden.« Cuneglas schnitt eine Grimasse. Er hatte sich die größte Mühe gegeben, das Christentum von seinem Königreich fernzuhalten, weil er sich sagte, Powys könne auf die harten Zeiten verzichten, die diesem neuen Glauben überall folgten, erhob aber keinen Protest. Lieber Christen in Powys als Sachsen,
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