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Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Titel: Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wieder einfiel. »Olwen, die Silberne.«
    »Dann erinnert Ihr Euch also an mich. Ich bin jetzt älter. Die ältere Olwen.« Sie lachte. »Kommt, Lord! Bringt mir den Umhang.«
    »Wohin gehen wir?« fragte ich sie.
    »Weit, Lord, weit. Bis dahin, wo die Winde entspringen, der Regen beginnt, die Nebel geboren werden und keine Könige herrschen.« Mit scheinbar unerschöpflicher Energie tanzte sie den Pfad entlang. Den ganzen Tag hindurch tanzte sie, und den ganzen Tag lang redete sie unsinniges Zeug. Ich glaube, sie war wahnsinnig. Einmal, als wir durch ein kleines Tal kamen, wo silberblättrige Bäume in der leichten Brise zitterten, zog sie ihr Gewand aus und tanzte nackt über das Gras. Sie tat es, um mich zu erregen und in Versuchung zu führen, doch als ich unbeirrt weitermarschierte und keinen Hunger nach ihr erkennen ließ, lachte sie, warf sich das Gewand über die Schulter und wanderte neben mir einher, als sei das Nacktsein nichts Besonderes. »Ich war es, die den Fluch in Euer Haus getragen hat«, berichtete sie mir voll Stolz.
    »Warum?«
    »Weil es getan werden mußte, natürlich«, sagte sie ganz ernsthaft.
    »Genauso wie er jetzt aufgehoben werden muß. Das ist der Grund, warum wir in die Berge gehen, Lord.«
    »Zu Nimue?« fragte ich und wußte die Antwort bereits. In dem Moment, da Olwen in unserem Hof auftauchte, hatte ich gewußt, daß
    wir zu Nimue gingen.
    »Zu Nimue«, bestätigte Olwen fröhlich. »Denn seht Ihr, Lord, die Zeit ist gekommen.«
    »Welche Zeit?«
    »Die Zeit für das Ende aller Dinge, natürlich«, antwortete Olwen und drückte mir ihr Gewand in den Arm, damit sie mit nichts mehr belastet war. So hüpfte sie vor mir her und wandte sich nur zuweilen zurück, um mir einen verschlagenen Blick zuzuwerfen und meine steinerne Miene zu genießen. »Wenn die Sonne scheint«, erklärte sie mir, »bin ich gern nackt.« »Was ist das Ende aller Dinge?« wollte ich wissen. »Wir werden Britannien zu einem vollkommenen Ort machen«, sagte Olwen. »Es wird keine Krankheiten mehr geben und keinen Hunger, keine Angst und keine Kriege, keine Stürme und keine Kleider. Alles wird enden, Lord! Die Berge werden einstürzen, die Flüsse werden ihre Richtung wechseln, das Meer wird kochen und die Wölfe werden heulen, aber zuletzt wird das Land grün und golden sein, und es wird keine Jahre mehr geben und keine Zeit, und wir werden alle Götter und Göttinnen sein. Ich werde eine Baumgöttin sein. Ich werde die Lärche und die Hainbuche sein, und am Morgen werde ich tanzen und am Abend goldenen Männern beiliegen.«
    »Solltet Ihr nicht Gawain beiliegen?« fragte ich sie. »Wenn er aus dem Kessel aufersteht? Ich dachte, Ihr hättet seine Königin werden sollen.«
    »Ich habe ihm beigelegen, Lord, aber er war tot. Tot und trocken. Er schmeckte nach Salz.« Sie lachte. »Tot, trocken und salzig. Eine ganze Nacht lange habe ich ihn gewärmt, aber er regte sich nicht. Ich wollte ihm nicht beiliegen«, setzte sie in vertraulichem Ton hinzu, »aber seit jener Nacht, Lord, bin ich nur noch glücklich gewesen!« Sie vollführte eine graziöse Drehung und tanzte ein paar Schritte auf dem federnden Gras.
    Wahnsinnig, dachte ich; wahnsinnig und herzzerreißend schön, so schön wie Ceinwyn einst gewesen war, obwohl dieses Mädchen im Gegensatz zu meiner hellhäutigen, goldhaarigen Ceinwyn schwarze Haare und einen sonnengebräunte Haut hatte. »Warum nennt man Euch Olwen, die Silberne?« fragte ich sie.
    »Weil meine Seele silbern ist, Lord. Meine Haare sind dunkel, meine Seele aber ist silbern.« Sie drehte sich auf dem Pfad, dann lief sie leichtfüßig weiter. Kurz darauf machte ich eine Pause, um wieder zu Atem zu kommen, und blickte in ein tiefes Tal hinab, in dem ich einen Mann sah, der Schafe hütete. Der Schäferhund kam den Hang heraufgejagt, um einen Ausreißer zurückzuholen, und unterhalb der Herde entdeckte ich ein Haus, vor dem eine Frau nasse Wäsche zum Trocknen auf die Ginsterbüsche legte. Das da, sagte ich mir, ist real. Während der Marsch durch die Hügel bis hierher purer Wahnsinn war, ein Traum. Ich berührte die Narbe in meiner linken Handfläche, jene Narbe, die mich an Nimue band, und sah, daß sie gerötet war. Seit Jahren war sie weiß gewesen; jetzt glühte sie rot.
    »Wir müssen weiter, Lord!« rief Olwen mir zu. »Immer weiter! Bis in die Wolken hinein.« Zu meiner Erleichterung holte sie sich ihr Gewand zurück, zog es sich über den Kopf und ließ es ihren schlanken Körper

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