Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
»Was du dort sehen und erleben wirst, ist längst Geschichte. Du darfst es nicht verändern.«
Dann trabte Ascalon an. Die Hütte blieb hinter ihnen zurück und verschwand im Nebel, während er zielstrebig über die Lichtung auf den fernen Waldrand zugaloppierte.
Der scharfe Ritt war Muriel fast schon vertraut. Es war wie auf dem Weg zur Lichtung. Ascalon lief schneller und schneller, bis die Landschaft ringsumher zu einem grau-schwarzen Muster verschmolz. Muriel spürte den Wind in den Haaren und die nächtliche Kühle auf ihrem Gesicht. Mähnenhaare kitzelten ihre Wangen und sie fühlte Ascalons Wärme durch den Stoff ihrer Jeans. Sie wäre gern mutig gewesen, aber die Furcht war immer noch da und wurde sogar noch schlimmer, als es um sie herum schlagartig stockfinster wurde, als alle Geräusche verstummten und eine schneidende Grabeskälte nach ihr Griff. Aber sie wusste: Ascalon war bei ihr und riss sich zusammen. Er kannte den Weg und sie vertraute ihm.
Aus der Dunkelheit schoss ein gleißender Blitz heran und bohrte sich Funken sprühend in Ascalons Brust. Muriel zuckte erschrocken zusammen, doch der Wallach schien den Schlag nicht einmal zu spüren. Unbeirrt preschte er weiter. Dem ersten folgten weitere Blitze. Mehr und mehr züngelten heran und trafen das Pferd, als wollten sie es aufhalten. Aber sie konnten Ascalon nichts anhaben. Es war, als sauge er die Energie der Blitze förmlich in sich auf. Sein Fell begann silbern zu schimmern und aus der Mähne lösten sich bei jeder Bewegung abertausend winzige Funken. Es dauerte nicht lange, da bemerkte Muriel, dass sie in einer kugelförmigen Wolke aus Licht ritten, die die Blitze fernhielt. Fasziniert beobachtete sie die bizarren Muster, mit denen sich die Blitze an der äußeren Hülle brachen, und lauschte auf das elektrostatische Knistern, das jeden Einschlag begleitete.
Was hier geschah, widersprach allen Naturgesetzen, die in ihrer Welt Gültigkeit hatten, und dafür kannte Muriel nur einen Namen: Magie.
Irgendwann, nach einer Zeit, die wenige Minuten, aber auch Jahrhunderte gedauert haben mochte, wurden die Blitze weniger. Die leuchtende Wolke verblasste, Ascalons silbernes Fell nahm wieder die natürliche Farbe an und aus der Mähne löste sich ein letzter winziger Funken.
Muriel atmete auf und entspannte sich. Sie fühlte, dass Ascalon langsamer wurde, und betrachtete neugierig das grün-schwarze Farbenspiel, das sich ringsumher aus der Dunkelheit formte und das sich wenig später als ein sommerlicher Wald entpuppte, durch den sich ein, von tiefen Wagenspuren, Schlaglöchern und Pfützen gezeichneter, nahezu unpassierbarer Weg hindurchwand. Es war ein wilder, urwüchsiger Wald mit allerlei Unterholz, der kaum etwas mit den ordentlichen Wäldern gemein hatte, die Muriel von zu Hause kannte. Allerdings war er auch nicht ungewöhnlich. Sie entdeckte Buchen, Eichen und andere bekannte Gehölze. Die Luft war angenehm kühl und erfüllt von den vertrauten Düften des Waldes. Die Vögel sangen und die Sonne schien wie auf einem ganz normalen Ausritt.
Das sollte das Mittelalter sein?
Muriel spürte, dass sie hier fremd war, fand aber keine Hinweise darauf, dass sie tatsächlich durch die Zeit geritten war. Ein Urwald aus heimischen Bäumen war noch lange kein Beweis. Ebenso gut konnte Ascalon sie auch nur in eine andere Gegend gebracht haben. Aufmerksam schaute sie sich um, in der Hoffnung, einen überzeugenden Anhaltspunkt für das Mittelalter zu finden – vergeblich.
Sie musste wohl erst aus dem Wald hinausreiten und nach einem Dorf oder einem Bauernhof Ausschau halten. Erst wenn sie den Menschen begegnete, die hier lebten, konnte sie wirklich sicher sein, dass der Zeitsprung gelungen war.
Begegnung mit der Vergangenheit
Bis es so weit war, musste sie sich jedoch noch etwas gedulden. Der Weg war schlammig und Ascalon bewegte sich nur noch im Schritttempo vorwärts. Offenbar hatte es hier vor nicht allzu langer Zeit heftig geregnet. Jetzt war es sonnig und warm, aber das dichte Blätterdach hielt die Sonnenstrahlen fern und der aufgeweichte Weg trocknete nur langsam.
Muriel sah auf den Boden. Das Wasser in den Pfützen und ausgefahrenen Spuren würde vermutlich noch tagelang dort stehen. Wie zufällig schaute sie dabei auch auf ihre halb nackten Beine.
Halb nackte Beine? Sie musste zweimal hinsehen, um zu begreifen, was das bedeutete. Statt Jeans und Sneakers trug sie ein weinrotes Kleid mit breiten Trägern aus grob gewebtem Leinen, das zum
Weitere Kostenlose Bücher