Asche auf sein Haupt: Ein Fall für Jessica Campbell (German Edition)
der noch schärferen Zunge.«
Er ließ sich in die Tiefen des Sessels zurückfallen und schlug die Beine übereinander. »Also, was ist mit dir, Kit? Was hast du all die Jahre gemacht? Welches Leben führst du heute? Bist du in einer ›festen Beziehung‹, wie es so schön heißt?«
»Nein. Du?« Behutsam nippte Kit an ihrem Kaffee.
»Nein. Nichts Festes. Ich glaube, Frauen sind vorsichtig, was mich angeht. Sie finden mich unzuverlässig.«
»Du bist unzuverlässig.«
»Wohingegen du, Kit, die Zuverlässigkeit in Person bist, damals wie heute. Wie du bereits sagtest, du hast mir nie etwas vorgemacht. Ich wusste immer genau, was du als Nächstes vorhast, und du hast dich nicht verändert. Ich wusste genau, dass du hereingestürmt kommen würdest, um über mich herzufallen und mir Vorwürfe zu machen.«
»Halt den Mund!«, schnappte Kit, während sie eine Hitze in ihrem Gesicht spürte, die nicht von den knisternden Scheiten im Kamin verursacht wurde.
Gervase hatte irgendwie die Rollen vertauscht. Sie war hergekommen, genau wie er es vermutet hatte, erfüllt von selbstgerechtem Zorn und fest entschlossen, ihn zur Schnecke zu machen, und plötzlich befand sie sich in der Defensive.
Er nutzte seinen Vorteil aus. »Also, wie sieht es aus? Gibt es jemanden in deinem Leben? Oder hast du deinen Mr Right nie gefunden?«
»Ich war kurze Zeit verheiratet«, räumte Kit zögerlich ein. »Für ein paar Jahre. Das ist alles.«
»Großartig!«, sagte er mit gespielter Bewunderung. »Da hast du mehr erreicht als ich. Was ist schiefgegangen?«
»Mit meiner Ehe? Nichts. Es war ein Fehler, und nach ein paar Jahren mussten wir uns eingestehen, dass wir uns miteinander zu Tode langweilten. Wir beschlossen, uns zu trennen, solange wir noch Freunde waren, anstatt zu warten, bis wir uns gegenseitig verachteten und Geschirr an den Kopf warfen. Wir sind immer noch befreundet. Wir schicken uns Karten zu Weihnachten, und gelegentlich telefonieren wir, um in Kontakt zu bleiben. Doch wir haben nicht vor, es noch mal miteinander zu versuchen, und das wird auch so bleiben. Wir haben es zum richtigen Zeitpunkt beendet. Und wir hatten keine Kinder. Kinder machen die Dinge kompliziert.«
»Ja, Kinder machen alles komplizierter, nicht wahr?«, sagte Gervase sachlich.
Er hat es schon wieder hingekriegt! , tobte Kit innerlich. Und diesmal habe ich die Falle selbst gestellt, bevor ich hineingetreten bin.
»Tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen sollen«, sagte sie gepresst. »Deine Eltern haben sich ja auch getrennt. Du warst ein Opfer.«
»Ein Opfer?« Gervase rollte das Wort auf der Zunge, als handelte es sich um ein eigenartig schmeckendes Canapé. »Nein, ich denke nicht, dass ich mich als Opfer gesehen habe. Sie sind nie miteinander ausgekommen, meine Eltern. Ich war mir dessen bewusst. Ich war nicht wirklich überrascht, als meine Mutter ging. Die Trennung war nicht so zivilisiert wie bei dir. Sie haben keine Weihnachtskarten mehr ausgetauscht oder telefoniert. Mein Vater schäumte vor Wut. Er war wie ein schlafender Vulkan, der jederzeit auszubrechen drohte. Ich sah zu, dass ich ihm aus dem Weg ging.«
»Du musst sehr unglücklich gewesen sein!«, hörte Kit sich sagen.
»Natürlich war ich verdammt noch mal unglücklich!« In seiner Stimme schwang Schärfe mit. »Aber wenn du ein Kind bist, akzeptierst du die Dinge, wie sie sind. Mein Vater brachte es nicht über sich, über meine Mutter zu reden, also habe ich es auch gelassen. Wir schnitten sie aus unseren Leben, so wie sie es mit uns getan hatte. Natürlich hörte die Nachbarschaft nicht auf zu tratschen. Niemand wusste, wohin sie verschwunden oder was passiert war. Und niemand redete mit mir. Es gab die üblichen Geschichten über einen mysteriösen Liebhaber, mit dem sie durchgebrannt war. Einige Leute glaubten sogar, mein Vater hätte sie umgebracht und ihre Leiche im Garten vergraben oder irgendwo auf dem Feld hinter dem Haus.«
»Das habe ich nie gehört!« Kit war schockiert.
»Natürlich nicht. Du warst ein Kind. Ich weiß nur davon, weil ich gehört habe, wie mein Vater am Telefon mit seinen Anwälten brüllte und drohte, die Leute vor Gericht zu bringen. Natürlich hat er das nicht gemacht, denn das hätte bedeutet, an die Öffentlichkeit zu gehen … Zweifellos haben seine Rechtsberater ihm das ausgeredet. Er hätte das Getratsche mit einem Schlag beenden können, wenn er mit irgendjemandem darüber geredet hätte. Doch das war nicht seine Art. Keine
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