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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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war noch nie in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.
    Bis heute. Ihr Bild würde nicht nur in der Verbrecherkartei landen, sondern in allen Klatschmagazinen, neben dem von Parker Cale. Die hatten sie fotografiert und gefilmt, als sie das Haus verlassen wollte. Sie war die längste Zeit unsichtbar gewesen, ab morgen kannte sie jeder hysterische Fan, der sich unter einem Poster von Phoenix Hawthorne für die Schule schminkte.
    Und nun auch noch Parkers Schwächeanfall. Dass er ihr unter den Händen wegstarb, fehlte noch. Wahrscheinlich würde man später behaupten, sie habe ihm Drogen gegeben – ein problematisches Kind, Sie wissen schon  – oder habe ihn entführt und dann umgebracht. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Ein Kidnapper in der Familie zeigte ja deutlich, wohin die Reise für seine Tochter ging.
    »Bitte«, sagte Parker erneut, »wenn du mich stützt … nur bis ins Treppenhaus …«
    Es gab keinen Balkon und keine Terrasse, über die sie hätten flüchten können. Sie war zu sorglos in der Auswahl ihrer Wohnungen geworden. Vom Leichtsinn, einen der populärsten Menschen des Planeten mitzunehmen, mal ganz abgesehen.
    »Wie du meinst.« Sie zog sich die Kapuze ihres Pullis über den Kopf, nahm ihm die Sonnenbrille ab und setzte sie auf.
    Es klingelte. Einmal, zweimal, dann unaufhörlich in schneller Folge.
    Ash half dem schwankenden Parker dabei, die Lederjacke anzuziehen, und legte den Arm um ihn. Sie hatte einmal ein Foto von ihm mit nacktem Oberkörper gesehen, und jetzt wurde ihr bewusst, dass Muskeln verteufelt schwer sein konnten. Er hatte nicht die Statur eines Bodybuilders, aber zu irgendetwas musste der teure Personal Trainer ja gut sein.
    »Bist du so weit?« Sie legte die Hand auf die Klinke. Das schrille Dauerklingeln machte sie wahnsinnig.
    Parker nickte. »Wirklich … gleich geht’s mir besser …«
    Mit einem Ruck öffnete sie die Tür und war augenblicklich dankbar für die Sonnenbrille. Ein Blitzlicht tauchte das Treppenhaus wieder und wieder in gleißendes Weiß. Neben dem Fotografen stand ein zweiter Mann, der auf Parker einzureden begann. Als er keine Antwort bekam, versuchte er es bei ihr. Sie schwieg – das hatte sie schon immer gut gekonnt – und schleppte Parker zwischen den beiden Männern hindurch. Sie waren die Einzigen aus dem Pressepulk, die es heraufgeschafft hatten; wahrscheinlich waren sie diejenigen, die den Nachbarn bezahlt hatten.
    Der Fotograf tänzelte um die beiden herum, kümmerte sich nicht um Parkers Zustand und brüllte Ash unablässig ins Gesicht, sie solle endlich die Brille absetzen: »Das hat doch keinen Zweck, ich hab dich eh schon unten an der Tür abgeschossen.«
    Der Reporter folgte ihnen die Stufen hinab, erkundigte sich nach dem Grund für Parkers Schwäche, nach der Art und Weise ihres Kennenlernens, wie denn die Nacht gewesen sei und, als geschmackvollen Höhepunkt, ob Parker ein Kondom benutzt habe; schließlich munkele man ja so einiges über seine Vorlieben. »Davon hast du sicher auch schon gehört, oder?«, wandte er sich an Ash.
    Als sie den untersten Treppenabsatz erreichten, bewegte sich Parker ein wenig sicherer. Vor der gläsernen Haustür drängten sich Medienleute und Fans. Von den Stufen aus sah Ash über ihre Köpfe hinweg das schwarze Dach des Taxis.
    Einer der Reporter vor der Tür hob sich von den übrigen durch seine gepflegte Kleidung ab, Anzug, Schlips und teurer Mantel. Er schien die Konkurrenz nicht zur Kenntnis zu nehmen, stand ganz ruhig und geduldig da. Ein feines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    »Campbell!« Parker straffte sich ein wenig.
    »Ein Freund von dir?«
    Der Reporter im Treppenhaus drängte sich an ihnen vorbei, um seinen Kollegen draußen den Blick auf sie zu verstellen. Der Fotograf blitze Parker direkt ins Gesicht. Der richtete sich zu voller Größe auf und löste sich von Ash. Er konnte wieder aus eigener Kraft stehen. Als der Reporter die Hand ausstreckte und Ash die Kapuze vom Kopf ziehen wollte, stieß sie dessen Arm mit aller Kraft beiseite und versetzte ihm eine kräftige Ohrfeige. Mit einem Aufschrei taumelte er zurück, brüllte aber nicht sie an, sondern den Fotografen: »Hast du das draufbekommen? Sag, dass du das im Kasten hast!«
    Für einen Moment war der Fotograf abgelenkt, und Parker nutzte seine Chance. Er schubste den Mann heftig zurück, griff nach dessen Kamera und schleuderte sie mit aller Kraft auf den Boden. Der Fotograf tobte, der Reporter nicht minder und Ash gelang

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