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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Eurotunnel, aber auch ein paar ältere aus London. Sie dachte sich nichts dabei, es war ihr einfach so in den Sinn gekommen, aber schon kurz darauf standen einige Besucher davor und diskutierten. Ash verstand sie nicht, nickte immer nur, wenn jemand ihr auf Französisch eine Frage stellte, und bemerkte amüsiert, dass sie dem Gespräch damit neuen Schwung gab.
    Parker stand ein paar Schritte entfernt, lehnte im Torbogen einer Traboule und schaute herüber. Zunächst dachte Ash, er beobachte die Franzosen, die sich über die Fotos unterhielten, aber irgendwann fiel ihr auf, dass er nur sie ansah. Immer wenn sie seinen Blick erwiderte, grinste er wie jemand, der sich ertappt fühlte. Und wenn sie einen Moment später erneut in seine Richtung schaute, hatte er ihr schon wieder das Gesicht zugewandt und um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln.
    Schließlich ging sie zu ihm hinüber, ein wenig benommen vom Wein. Neben ihm war mit roter Kreide eine Strichfigur an die Wand gezeichnet. Die Haare sahen aus, als stünde der Kopf in Flammen.
    Ehe sie etwas sagen konnte, vibrierte Parkers Handy. Er zog es aus der Hosentasche, warf einen Blick darauf und wollte es entnervt wieder einstecken.
    »Dein Vater?«, fragte sie.
    Er hob die Schultern, als müsste er sich dafür entschuldigen.
    »Geh schon ran. Du bist seit heute Morgen unterwegs, um mit ihm zu reden, also tu’s auch.«
    Er war augenscheinlich hin- und hergerissen zwischen Auflehnung und Loyalität. Man musste kein Gedankenleser sein, um zu erkennen, dass ihn seine neue Rebellenrolle nicht glücklich machte. Hin und wieder bekam er davon vielleicht einen kurzzeitigen Adrenalinkick, aber die meiste Zeit schien er uneins mit sich zu sein, ob er wirklich das Richtige tat.
    Ash war keine Vertreterin der Lass-uns-darüber-reden-Fraktion – eigentlich hatte sie es immer vorgezogen, so wenig wie möglich zu reden –, aber dass es zwischen Parker und seinem Vater zu viel Unausgesprochenes gab, war offenkundig.
    Das Handy hatte aufgehört zu vibrieren, brummte jedoch im nächsten Moment von neuem los. Ash nickte Parker aufmunternd zu.
    Er atmete tief durch und nahm das Gespräch an. Sein Gesicht wirkte fahl, selbst im rötlichen Feuerschein. »Hi, Dad.«
    Ash schenkte ihm ein Lächeln und ging zurück zu ihren Fotos.
+ + +
    Durch den steinernen Bogen trat Parker in den Schatten einer Traboule. Es roch wie in einer Gruft, modrig und nach feuchtem Verputz.
    »Es tut mir leid«, sagte sein Vater.
    Parker schwieg. Royden Cale entschuldigte sich niemals für irgendetwas.
    »Ich meine das ernst. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Mein Ton vorhin war unangemessen.«
    »Du hast nur gesagt, was du gedacht hast.« Parker schlenderte den verlassenen Gewölbegang hinab. Noch folgten ihm die Stimmen aus dem Hof, aber nach der ersten Biegung wurden sie dumpfer. Eine trübe Funzel beschien den Tunnel. Am anderen Ende konnte er vage einen halbrunden Ausgang erkennen.
    »Ich weiß, dass ich manchmal die Beherrschung verliere«, sagte sein Vater. »Ich werde dann ungerecht, obwohl ich das eigentlich gar nicht will. Kannst du glauben, dass es mal eine Zeit gab, in der Fairness eines meiner Ideale war? Sicher ist Fairness eine Illusion, wenn man erfolgreich Geschäfte machen will, aber ich habe mich zumindest darum bemüht. Und es ist nicht zu tolerieren, dass ich ausgerechnet meinem Sohn gegenüber alle guten Vorsätze in den Wind schieße. Das war dumm und ich möchte dich um Verzeihung bitten.«
    Parker hörte die Stimme seines Vaters, aber er konnte sich zu diesen Worten sein Gesicht nicht vorstellen. Royden Cale neigte zu Monologen, aber in denen ging es stets um die Fehler anderer, nie um seine eigenen.
    »Was willst du wirklich, Dad?«
    Wieder eine Pause, als müsste sein Vater erst in einer Liste möglicher Antworten nachschlagen, was er darauf erwidern könnte. Parker erreichte das Ende des Gangs und blickte hinaus in einen weiteren Hof, viel kleiner als der erste und von Säulen eingefasst. An einer lehnte ein Fahrradrahmen ohne Räder, nirgends war ein Mensch zu sehen. Die Fenster in den oberen Stockwerken waren dunkel, die ganze Nachbarschaft feierte auf Luciens Party.
    Parker trat hinaus in den engen Schacht, das Handy am Ohr, während sein Vater am anderen Ende der Leitung tief ein- und ausatmete. Kein Geräusch drang bis hierher, um ihn herum war es vollkommen still.
    »Hör zu«, sagte Royden Cale, »du weißt nicht mal die Hälfte von allem. Dein Auftritt gestern … Wir

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