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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Sicheln.
    »Hekate«, sagte Cale.
    Parker hatte ihn fast erreicht.
    »Der Orden der Hekate«, flüsterte sein Vater.
    Parker streckte die Hand nach ihm aus und drehte ihn an der Schulter zu sich um.
    Cales Lider waren geschlossen. Und wenn sich statt ihrer die Augen auf dem Glas öffneten?
    Plötzlich schien er wie aus einem Tagtraum zu erwachen. Erschrocken starrte er seinen Sohn an und schüttelte langsam den Kopf. »Ich muss gehen. Weitermalen. Falls mich jemand sucht, ich bin im Atelier.«
    Damit streifte er Parkers Hand ab und durchmaß mit eiligen Schritten das Zimmer.
    »Hey, komm schon, Dad!« Parker wollte ihm folgen, aber Ash ging zu ihm und hielt ihn zurück.
    »Lass ihn. Er will allein sein. Glaubst du wirklich, eure Haushälterin stopft gerade Wäsche in die Maschine? Jede Wette, dass sie abgehauen ist.«
    Royden Cale öffnete eine Tür am entgegengesetzten Ende des Raumes. Über die Schulter rief er: »Ich habe Agnès gebeten zu gehen.«
    »Du hast sie gefeuert?«
    »Sie ist jetzt in Sicherheit.« Parkers Vater verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu.
    Die Hunde bellten noch immer. Ash hatte sich beinahe daran gewöhnt. Doch nun fragte sie sich zum ersten Mal nach dem Grund.

25.
    Vollgepumpt mit Adrenalin stürmte Parker durch einen Verbindungsgang hinüber in den Anbau mit den Hundezwingern. Er hatte Ash gebeten, am Haupteingang zu warten, aber das hätte er sich sparen können. Sie war hinter ihm und holte auf. Insgeheim war er froh, dass sie bei ihm blieb. Ihre Anwesenheit tat etwas mit ihm. Er hätte das Gefühl nicht benennen können; er genoss es ganz einfach, sogar jetzt.
    Das Bellen der Hunde klang hier viel lauter. So als stände jemand vor dem Gitter und reizte sie bis aufs Blut.
    »Es ist die Aufgabe der verdammten Security, sich um die Tiere zu kümmern! Als hätten die sonst so viel zu tun!« Parker brauchte jetzt jemanden, auf den er seine Wut richten konnte. Dass das Benehmen seines Vaters auf das Marihuana zurückzuführen war, bezweifelte er. Wahrscheinlich versuchte er nur, seine Panik damit zu betäuben.
    Die Villa war aus mehreren Modulen zusammengesetzt – wie eine hölzerne Raumstation. Der Anbau mit den Zwingern lag am weitesten vom zentralen Wohnbereich entfernt, der Korridor dorthin war an die dreißig Meter lang. Durch die Fenster sah man gemähte Rasenflächen, dahinter erhob sich die Garage für die Sportwagen seines Vaters.
    »Da draußen ist jemand«, sagte Ash, als sie zu ihm aufschloss.
    Parker blieb stehen und blickte durch das Korridorfenster. Es reichte vom Boden bis zur Decke und bestand wie alle Scheiben im Haus aus bruchfestem Sicherheitsglas. Auf der Wiese war niemand zu sehen.
    »War vielleicht einer der Wachleute«, sagte er.
    »Tragen sie schwarze Sachen?«
    Er nickte.
    »Dann war es einer. Sah aus wie eine Uniform.«
    Parker setzte sich wieder in Bewegung.
    »Du hattest dieselbe Befürchtung, oder?«, fragte Ash im Laufen.
    »Was meinst du?«
    »Dass überhaupt kein Mensch mehr hier ist. Dass dein Vater nicht nur eure Haushälterin weggeschickt hat, sondern auch den Wachdienst.«
    »Er hat irrsinnige Angst. Würdest du da an seiner Stelle ausgerechnet die Security feuern?«
    »Ich käme auch nicht auf die Idee, jemanden rauszuschmeißen, der meine Klamotten wäscht und hinter mir herputzt.«
    Sie erreichten den Anbau. Als Parker die Verbindungstür öffnete, drang ihnen der Gestank der Zwinger entgegen. Vor ihnen lag ein weiß getünchter Gang. Parker stieß eine weitere Tür zu ihrer Rechten auf. Das Bellen der Hunde wurde ohrenbetäubend.
    Hier waren die Wände bis zur Decke weiß gekachelt. Drei Käfige, groß wie in einem Zoo, beherrschten den Raum. In jedem standen zwei Hütten neben Wasser- und Futternäpfen. Sechs gewaltige schwarzbraune Hunde waren paarweise in den Zwingern untergebracht. In ihrer Raserei schienen sie kurz davor, sich gegenseitig zu zerfleischen.
    Ein Mann in schwarzem Overall war gerade dabei, über Metallrinnen neues Trockenfutter in die Näpfe zu füllen. Die Hunde ignorierten die Nahrung, rannten im Kreis oder an den Gittern entlang und schnappten nach den Stangen, als könnten sie das Eisen mit ihren Gebissen zerfetzen.
    Parker verstand nicht, was vorging. Die Hunde waren schon immer gemeingefährlich gewesen, aber so hatte er sie noch nie erlebt, zähnefletschend und sabbernd, mit blutunterlaufenen Augen und gesträubtem Fell. Die Luft roch nach jauchigem Atem, nach Speichel und Urin.
    »Was ist denn los?«,

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