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Asche und Schwert

Asche und Schwert

Titel: Asche und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Clements
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auch diejenigen Männer, die für diese Aufgabe am besten geeignet waren.«
    Â»Und wie erringt man den Status eines Tyrannen?«, fragte Batiatus.
    Die beiden blieben stehen, um eine verschleierte Frau vor ihnen vorbeigehen zu lassen. Der Kopf der Frau drehte sich Verres zu, und sie hob die Hand, als wolle sie etwas sagen, doch dann eilte sie den beiden Männern voraus und schob sich durch die langsameren Zuschauer auf der Treppe, sodass sie außer Sichtweite geriet.
    Â»Das ist einfach«, antwortete Verres schließlich. »Man muss nur seinen unmittelbaren Vorgänger umbringen. Aber die meisten Sterblichen würden die Verantwortung, die dieses Amt mit sich bringt, nicht besonders schätzen. Die unablässig drohende Gefahr eines vergleichbaren Angriffs auf das eigene Leben. Die niemals endende Notwendigkeit, harte Entscheidungen gegenüber dem eigenen Volk und hinsicht lich der eigenen verfügbaren Mittel zu treffen. Das Leben eines Tyrannen ist nicht leicht, und es ist durchaus möglich, dass ein erfolgreicher Tyrann aus den untersten Rängen der Gesellschaft kommt. Die Macht allein hilft, das Schwerste zu ertragen, was das Schicksal mit sich bringen mag. Es könnte sein, dass der Tyrann durch viele Härten verfeinert wird, dass seine Persönlichkeit durch diese Widrigkeiten geschliffen wird wie eine Klinge durch einen Wetzstein, bis er der geeignetste Mann für seine Aufgaben ist.«
    Â»Ich kann darin kein Problem erkennen.«
    Â»Und wenn der Tyrann stirbt? Wer folgt ihm?«
    Â»Sein Sohn?«
    Â»Aber der Tyrann hat sich aus dem Nichts nach oben gekämpft. Er hat die Gerechtigkeit auf dem Schlachtfeld kennengelernt und die harte Schule des Misserfolgs erfahren. Beharrlich hat er seinen Weg bis zur herausragendsten Stellung in seinem Reich verfolgt, und diese Beharrlichkeit hat ihn zu dem gemacht, was er ist. Aber was ist sein Sohn?«
    Â»Der Sohn eines Tyrannen?«
    Â»Genau! Der Sohn eines Tyrannen! Möglicherweise ist er im Palast aufgewachsen. Gehätschelt und umschmeichelt von Frauen, die ihn anbeten, und Sklavenmädchen, die sich Hoffnungen auf ihn machen. Man hat ihm die besten Mentoren an die Seite gestellt, die für Geld zu bekommen sind. Er darf sich mit Dichtung, Gesang und Epik beschäftigen, was seinem Vater nie möglich war. Er wird seine Ilias gut kennen. Er wird über Sokrates und Anaximander Bescheid wissen. Er wird Griechisch lesen können.«
    Â»Der Tyrann sollte solche Hindernisse vorhersehen. Er sollte dafür sorgen, dass sein Sohn sinnvolle Härten erlebt.«
    Â»Ist das Euer Ernst? Haltet Ihr es für möglich, dass man solche Härten künstlich schaffen kann?«
    Â»Die Gladiatoren formen ihren Körper durch entsprechende Übungen. Warum sollte man den Geist nicht ebenso durch Strenge formen können? Vielleicht könnte man den Sohn verbannen. Dafür sorgen, dass er bei Schäfern aufwächst, ohne seine wahre Herkunft zu kennen. Es könnte funktionieren.«
    Â»Und was ist, wenn es nicht funktioniert?«
    Â»Dann sucht man eben einen neuen Tyrannen. Und der Sohn verliert seinen Platz in der Hierarchie.«
    Verres lachte. »Meinen Glückwunsch, Batiatus«, sagte er. »Ihr habt soeben die Republik erfunden.«
    Â»Wir hatten unsere Könige, und sie haben versagt«, stimm te Batiatus zu. »Nach der schlechten Zeit unter Tarquinius dem Stolzen haben wir unsere Könige durch die Republik ersetzt. Mit Männern wie Euch, die zunächst verschiedene kleinere Ämter innehaben, um sich auf eine größere Herrschaft vorzubereiten. Mit Männern wie Cicero, die uns über die besten Möglichkeiten des politischen Handelns auf klären.«
    Verres schien ein Zucken zu unterdrücken, als habe er sich den Fuß gestoßen, doch Batiatus konnte nicht erkennen, dass der zukünftige Statthalter auf der Treppe gestolpert wäre.
    Â»Rom hat keinen Tyrannen«, fuhr Batiatus fort. »Genau das macht uns groß. So groß, dass wir die rückschrittlichen Sizilianer weit hinter uns gelassen haben.«
    Â»Vielleicht haben wir sie hinter uns gelassen«, sagte Verres. »Aber Tyrannen gibt es bei uns ebenso. Bei mehreren Gelegenheiten stand die Republik kurz vor dem Untergang. Durch das Einsetzen von Diktatoren konnten wir den Knoten durchschlagen, was eine Senatsregierung nicht geschafft hatte. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir Sulla zu

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