Aschebraut (German Edition)
hören.«
Und weshalb sollte mich das interessieren? »Okay.«
Er nannte ihr die Nummer, und sie musste schlucken. Denn sie hatte diese Nummer schon einmal gesehen. Errol Ludlow hatte sie bei ihrem Treffen in ihr Handy eingetippt.
»Haben Sie sie aufgeschrieben?«
»Ja.« Natürlich, Mr Gary Freeman.
»Dann muss ich sie also nicht noch einmal wiederholen?«
»Nein. Allerdings …«
»Sie wissen, wer ich bin.«
»Ja.«
Er atmete tief ein, möglichst langsam wieder aus, und als er wieder etwas sagte, hatte Brenna das Gefühl, als wäre er im selben Raum und würde sie mit einem warmen Lächeln ansehen. »Das weiß ich andersherum auch.«
4
Gary Freeman war ein Fan. Oder hatte es auf jeden Fall behauptet, nachdem Brenna ihn aus ihrem Schlafzimmer zurückgerufen und ihm wiederholt versichert hatte, dass sie ganz allein war. »Ms Spector«, hatte er gesagt. »Ich bin einer Ihrer größten Fans.«
So wie er sie während ihrer letzten beiden Telefongespräche herumkommandiert hatte, hätte Brenna einen solchen Satz ganz sicher nicht erwartet. »Ach.«
»Auf jeden Fall. Ich bewundere Sie und Ihre Arbeit sehr.«
»Woher wissen Sie überhaupt, wer ich bin?«
»Ich habe vom Fall Neff in einer dieser Sendungen gehört, die meine Frau immer im Fernsehen guckt – Sie wissen schon, mit all diesen grauenhaften Klatschtanten, die dort herumsitzen, um sich ausführlich über irgendwelche aktuellen Themen auszulassen und sich auch oder vor allem über uns Männer zu beschweren.«
Brenna musste lächeln. »Alles klar.«
»Es hat mich sehr beeindruckt, was sie über Sie gesagt haben – natürlich wie Sie den Fall gelöst, aber auch wie viele private Tragödien Sie schon erlebt haben. Und Sie haben auch ein Interview gegeben. Und dabei eine Schwester erwähnt, nicht wahr?«
Brenna zog die Haargummis von ihrem Handgelenk. »Ja. In Sunrise Manhattan .« Den Namen der Sendung hätte sie am besten nicht erwähnt, denn sofort wurde sie gedanklich in das Studio zurückkatapultiert …
Das grelle Licht der Strahler scheint ihr direkt ins Gesicht. Sie sitzt Faith gegenüber, deren klare blaue Augen im Licht der Bogenlampen glitzern, während sie das Jahrbuch ihrer alten Schule aufschlägt und ihr dort das Bild der Schwester zeigt … »Sie vermissen sie, nicht wahr? Sie vermissen Clea.«
Brenna ließ die Gummis schnappen.
»… ich nehme an, es handelt sich um eine Störung«, stellte Gary fest. »Ihr unfehlbares Gedächtnis …«
»Ist für mich okay.«
»Ich habe das Buch gefunden, in dem über Sie geschrieben worden ist – Außergewöhnliche Kinder von R. F. Lieberman. Ich habe es mir aus der Bücherei geliehen.«
»Das war mein Kinderpsychologe.«
Er stieß einen Seufzer aus. »Ich … ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, was für Auswirkungen diese Störung auf Ihr Leben hat.«
»Die meisten Leute halten sie für eine Gabe.«
»Diese Klatschtanten im Fernsehen auf jeden Fall. ›Ein perfektes Gedächtnis‹, hat eine von ihnen gesagt. ›Wenn ich so etwas hätte, würde ich nie wieder meinen Schlüsselbund verlieren.‹« Gary lachte, aber es klang angespannt.
»Sie sehen es also nicht als Gabe?«, fragte Brenna.
»Nein«, räumte er ein und fügte nach einem Augenblick hinzu: »Tut mir leid … ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
»Keine Angst, das sind Sie nicht. Glauben Sie mir, wenn das Einzige, woran ich mich erinnern könnte, meine Schlüssel wären, wäre ich erheblich glücklicher.«
»Gut. Gut, denn ich hätte Sie auf keinen Fall …«
»Das haben Sie auch nicht.«
»Da bin ich wirklich froh.«
»Gibt es vieles, was Sie gern vergessen würden, Mr Freeman?«
Erst nach einer langen Pause sagte er: »Sie können Gary zu mir sagen.«
Meinetwegen … anderes Thema. »Wissen Sie«, fing Brenna an. »Dafür, dass das Buch schon 1990 rausgekommen ist, wird ihm in letzter Zeit extrem viel Aufmerksamkeit zuteil. Falls es dafür noch Tantiemen gibt, sollte mich Dr. Lieberman vielleicht daran beteiligen.«
Als Gary diesmal lachte, klang es nicht mehr ganz so angespannt. »Ich könnte sicher einen guten Deal für Sie aushandeln.«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Übrigens habe ich Ludlow gefeuert.«
»Sie … warten Sie. Sie haben was?«
»Das kam ein bisschen plötzlich, nicht?«
»Nun … ja.«
»Tut mir leid. Macht der Gewohnheit. Bei den Produzenten und Besetzungschefs soll man immer sofort auf den Punkt kommen.«
»Sie haben ihm gekündigt?«, vergewisserte sie
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