Aschebraut (German Edition)
Hafen lag, die Hypothekenraten für ihr Haus in Pasadena und das zweite Haus in Santa Barbara, und dann natürlich auch die Rechnungen von Jill – seiner wunderschönen, abgeklärten Frau, die regelmäßig zur Kosmetikerin, zum Frisör, zu diversen Yogakursen und zum Unterricht bei diesen stinkreichen Rabbinerinnen ins Kabbalah Center ging – dessen Thema ausgerechnet der Gewinn von Spiritualität in einer von materiellen Werten geprägten Umgebung war. Gary hatte all die Zahlen angestarrt, die zitternden Hände neben seinem Keyboard abgelegt und sich düster vorgestellt, wie er nach dem drohenden Bankrott und der Zwangsvollstreckung mit seiner Familie auf der Straße leben würde und als einzigen Trost die Philosophie der Kabbalisten anzubieten hätte …
Ehe plötzlich ihre E-Mail bei ihm eingegangen war.
Er hatte nichts dazu gekonnt, dass ihm der Schuldenberg über den Kopf gewachsen war. Nachdem siebzehn, achtzehn Jahre lang alles hervorragend gelaufen war, war plötzlich ein Klient zu Beginn des Stimmbruchs aus einer beliebten Disney-Serie geworfen worden, eine andere Klientin hatte sich nach Ansicht ihrer Eltern stärker auf die Schule konzentrieren sollen und deshalb keine Zeit mehr für die Arbeit in der Filmbranche gehabt, eine Dritte hatte sich mit einem Mal nicht mehr vermitteln lassen, als sie wegen einer Essstörung im Krankenhaus gelandet war … und so weiter und so fort. Im Showbiz ging es nun mal auf und ab, vor allem, wenn die Kunden Kinder waren, und seine Geschäfte waren massiv zurückgegangen, ohne dass er selbst, seine Frau oder die Töchter darauf vorbereitet gewesen waren.
Okay, das war wahrscheinlich seine Schuld.
Dessen ungeachtet hatte er die Mail von Lula Belle bekommen und die einmalige Chance genutzt. Machen Sie mich zu einem Star , hatte sie ihm gemailt. Dann mache ich Sie reich. Natürlich hatte das vollkommen schwachsinnig geklungen, doch der angehängte Film hatte ihn überzeugt, und er hatte einen Deal mit ihr gemacht: Er würde die Webseite erstellen, ein PayPal-Konto und ein separates Scheckkonto eröffnen und ihr sein Expertenwissen zur Verfügung stellen – das Expertenwissen, dessenthalben Lula Belle ihn angeschrieben hatte, denn oh, Mr Freeman , hatte sie es auf die hilflose und zarte Art, die ihn umgehend für sie eingenommen hatte, formuliert, ich weiß einfach nicht, wie ich das machen soll.
Ein paar strategisch gutplatzierte Posts in gewissen, gut besuchten Foren, eine rätselhafte Ankündigung bei den Online-Kleinanzeigen und ein anonymer Tipp an eins der stilvolleren Pornomagazine hatten schon gereicht. Notfalls hätte Gary auch noch mehr getan, doch die Nachricht von der neuen Seite hatte sich anscheinend wie ein Lauffeuer verbreitet, und die Abonnenten waren regelrecht herbeigeströmt. Garys Schulden hatten sich verringert, sein zuvor bedenklich hoher Blutdruck war gesunken, und er hatte eine große Dankbarkeit verspürt. »Sie war mein rettender Engel«, war es ihm während des Telefongesprächs herausgerutscht.
Am Zweiten jedes Monats hatte Lula Belle ihm eine Mail an das Account geschickt, das er extra eingerichtet hatte, damit niemand etwas von ihrer Verbindung mitbekam. In der Mail hatte sie jedes Mal ein Postfach für den Barscheck über ihren Anteil an den Einnahmen von ihrer Webseite genannt und die nächsten Filme angehängt, damit er sie bewertete und, wenn er wollte, leicht veränderte, bevor die Schar der Abonnenten sie im Netz zu sehen bekam.
Und Gary hatte sich die Filme fast zwei Jahre lang Monat für Monat angeschaut. In seinem dunklen Arbeitszimmer, während Frau und Kinder schliefen, hatte er sich ihre nackte Silhouette angesehen und mit angehaltenem Atem ihren intimen Geständnissen gelauscht. Ihr Gesicht hatte er nie gesehen. Und er wusste auch nicht, wie sie wirklich hieß. Aber nie zuvor in seinem ganzen Leben hatte Gary Freeman eine Frau gekannt, die ihm das Gefühl vermittelte, dass er derart verletzlich war.
»Woher wissen Sie, dass sie sich die Geschichten nicht nur ausgedacht hatte?«, erkundigte sich Brenna.
»Ich wusste es einfach.«
Zementmischer, dreh dich im Kreis … »Wussten Sie irgendetwas über sie? Hat sie irgendwann einmal ihre Familie erwähnt?«
»Nein.«
»Und woher wussten Sie dann …«
»Ich wusste es einfach.«
»Weil …«
»… es eine besondere Verbindung zwischen uns gab.«
Zwischen den einzelnen Mails hatte Gary sich die Videos immer wieder angesehen, bis er irgendwann völlig besessen von
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