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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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»Und, was macht dein Freund Morasco? Ein Reporter von Page Six hat euch zusammen in einer Bar gesehen. Wo wart ihr beide da noch mal?«
    Der »allwissende« Ludlow, der in Wahrheit nur die Dinge wusste, die er in der Zeitung las, und der keine Ahnung hatte, dass sich Brenna und Morasco nur einmal geküsst hatten, um 0 Uhr 45 am 9. November, auf dem Parkplatz einer Bar, ohne dass darüber jemals in den Zeitungen geschrieben worden war. Und wenn Ludlow mitbekommen hätte, wie sie von Morasco angesehen worden war, als sie den Kuss beendet hatte … nein, das war nicht wahr – ihr Gedächtnis brachte nicht mal eine derart kleine Notlüge zustande –, es war Nick gewesen, von dem dieser Kuss beendet worden war.
    Brenna knirschte mit den Zähnen. Denk jetzt nicht darüber nach.
    »Lula Belle«, sagte Morasco jetzt. »Klingt wie eine Zeichentrickkuh aus der Milchwerbung.«
    Brenna lachte. »Warte erst, bis du sie siehst.« Sie rief den nächsten Download auf und klickte auf »Play«. Zu Beginn des Films stand Lula Belle mit in die Hüften gestemmten Armen da, und obwohl man wie in allen Filmen nur ihre Konturen sah, schimmerten die Spitzen ihrer Haare wie ein Heiligenschein.
    Morasco runzelte die Stirn, doch nach wenigen Momenten drehte Lula Belle sich seitwärts, bog den Rücken durch, glitt in einen Spagat und berührte dann mit ihren Zehenspitzen ihren Kopf. »Ich bin offen für dich.«
    »Oje.«
    Die Silhouette rollte sich geschmeidig auf den Rücken und hob eine zarte Hand an ihre Braue. »Also bitte, Schatz. Sei du auch offen für mich.«
    Nick schob sich dichter vor den Monitor, der sich in seinen Augen spiegelte.
    »Und, denkst du jetzt immer noch an Zeichentrickkühe?«
    »Nein.«
    Brenna lächelte ihn an. »Das hätte ich auch nicht gedacht.«
    »Als ich sieben war«, erzählte Lula Belle, »habe ich ein kleines Vögelchen gefunden, das aus seinem Nest gefallen war. Ich wusste, dass mir Mama nicht erlauben würde, das Vögelchen zu behalten, weil sie dachte, alle Tiere wären voll mit irgendwelchen Krankheiten. Deshalb habe ich mir einen Schuhkarton geholt und lauter warme, weiche Sachen reingelegt – Wattebällchen, Stoffreste und sogar einen weißen Kaschmirhandschuh, den meine Großmutter bei ihrem letzten Besuch vergessen hatte.«
    »Sie kennt sogar noch die Farbe von dem Handschuh.« Nick trank einen Schluck von seinem Bier. »Sie hat ein gutes Gedächtnis.«
    »Eher eine ausgeprägte Phantasie. Und nur damit du’s weißt: Wenn man immer, wenn sie ›Mama‹ sagt, was trinken würde, wäre man in kurzer Zeit sternhagelvoll.«
    Obwohl er lachte, löste er den Blick nicht einen Augenblick vom Monitor.
    »Ich habe diesen kleinen Vogel in den Schuhkarton gesetzt und in meinem Zimmer unter meinem Bett versteckt. Dann habe ich ihm mit einer Pipette, die in unserem Medizinschrank lag, so vorsichtig Zuckerwasser eingeflößt, dass er mir nach kurzer Zeit vertraut hat.« Sie atmete zitternd ein. »Hätte Mama mich gesehen, dann wäre sie wahrscheinlich überrascht gewesen. Denn sie dachte, ich hätte die Verrücktheit meines Dads geerbt. Sie dachte, ich könnte nichts anfassen, ohne dass es zerbricht. Mama hat immer gesagt, ich hätte die Gabe der Zerstörung im Blut.«
    »Mama«, sagte Brenna und hob lächelnd ihre Flasche an den Mund.
    Statt ihr Lächeln zu erwidern oder ebenfalls etwas zu trinken, beugte sich Morasco vor und stellte mit einem irgendwie seltsamen Gesichtsausdruck seine eigene Flasche auf den Tisch. Brenna konnte diesen Ausdruck nicht genau benennen. Allerdings war er auf keinen Fall gebannt und unverhohlen lüstern wie der Blick von Trent, wenn er die Filme sah. Sicher, vielleicht war er trotzdem angetörnt und hoffte, dass sie es nicht merkte, aber irgendwie kam seine Miene ihr eher traurig vor.
    »Ich denke die ganze Zeit, wenn ich der Grund war, dass der kleine Vogel noch am Leben war … war ich doch wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass er gestorben ist. Richtig?«, fragte Lula Belle.
    Morasco musste schlucken und schloss die Augen.
    Brenna stellte kurzerhand das Video aus. »Diese Performance-Kunst ist ganz schön starker Tobak, findest du nicht auch?«
    »Auf jeden Fall.«
    »Nick?«
    Er sah sie wieder an.
    Ihr war klar, sie hatte nicht das Recht zu fragen, nicht, nachdem sie nicht mal fünf Minuten mit dem Mann auf einem Parkplatz hatte stehen können, ohne sich dabei an etwas zu erinnern, was sie nicht mit ihm, sondern mit einem anderen verband. Es wäre einfach unfair, aber

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