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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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Sträußchen sicher vorgesehen gewesen war. Das Bild war so verblichen, dass man bereits ohne das altmodische Jackett und die vorsintflutliche Frisur sofort gewusst hätte, dass es bereits vor über fünfundzwanzig Jahren aufgenommen worden war.
    »Das ist mein Sohn«, erklärte Mrs Tannenbaum, die über ihre Schulter – oder wegen ihrer Größe vielleicht eher seitlich an ihr vorbei – auf die diversen Fotos sah, und sofort drehte sich Brenna zu ihr um.
    »Er sieht sympathisch aus. Ist er Ihr einziges Kind, Mrs Tannenbaum?«
    Der alten Frau stiegen die Tränen in die Augen, doch obwohl sie sichtlich schlucken musste, stellte sie mit ruhiger Stimme fest: »Sicher hätten Sie gern ein aktuelles Bild von ihm.«
    »Wie bitte?«
    »Oh. Tut mir leid … ich … ich hatte angenommen …«
    »Ja?«
    »Nun, weil Sie Detektivin sind und so. Deshalb hatte ich gehofft, Sie wären vielleicht hier, um mir zu sagen, wo er hingezogen ist. Meine Güte, manche Dinge klingen einfach furchtbar dumm, wenn man sie laut ausspricht.«
    »Wo er hingezogen ist?«
    Sie nickte langsam mit dem Kopf. »Er hat eine Zeitlang hier bei mir gewohnt, aber …«
    »Ja?«
    »Ich habe meinen Robbie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen.«
    Brenna riss die Augen auf. »Robbie.«
    »Ja?«
    »Heißt er mit vollem Namen Robin?«
    »Ja, genau.«
    »Robin ist ein Kerl!«
    »Verzeihung, Mr LaSalle?«
    »Seit wann vermissen Sie ihn schon, Ma’am?«, kam Brenna einer möglichen Erklärung Trents zuvor.
    »Seit gut zwei Monaten?« Sie guckte wie ein Kind, das darauf wartete, zu hören, ob die Antwort, die es seiner Lehrerin gegeben hatte, richtig war. »Er war auch schon vorher manchmal weg, deshalb habe ich mir anfangs nichts dabei gedacht. Er hat ungefähr zweieinhalb Jahre hier bei mir gewohnt – nachdem er aus Kalifornien zurückgekommen war. Aber so lange wie jetzt war er noch nie weg, ohne mir Bescheid zu geben, wo er ist.«
    »Zwei Monate.«
    Sie nickte unglücklich. »Natürlich ist er ein erwachsener Mann und kann tun und lassen, was er will. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass er mich kurz anruft, nur damit ich weiß, dass mit ihm alles in Ordnung ist.«
    »Wie alt ist er?«
    »Fünfundvierzig.« Sie klang selbst ein wenig überrascht von dieser Zahl. »Fünfundvierzig. Meine Güte.« Sie stieß einen Seufzer aus. »Ich kann ja wohl schlecht zur Polizei gehen und einen Fünfundvierzigjährigen vermisst melden, nur weil er seine Mutter seit zwei Monaten nicht angerufen hat.«
    »Hat er Ihnen jemals irgendetwas von einer Webseite erzählt?«
    Eilig schaute sie auf den pinkfarbenen Teppich. »Könnte sein. Ich weiß, dass er … dass er beruflich häufig am Computer sitzt.«
    »Geht es dabei um irgendwelche Videos?«, erkundigte sich Trent, und Brenna dachte kurz daran zurück, wie Morasco Lula Belle betrachtet hatte, ehe ihm die winzige Veränderung des Aufnahmewinkels aufgefallen war.
    »Er war an der Filmakademie. Aber ich … von seiner Arbeit weiß ich nichts.«
    »Haben Sie denn wenigstens gesehen, ob er in seinem Zimmer irgendwelche technischen Geräte hatte? Lampen oder Kameras?«
    »Ich war nicht oft in Robbies Zimmer.«
    »Und warum nicht?«
    Ehe Mrs Tannenbaum ihr antworten konnte, drang das Läuten eines Telefons durch ihre offene Küchentür.
    »Ich sollte besser drangehen«, sagte sie und lief so eilig in den angrenzenden Raum, als hätte sie auf diesen Anruf schon ihr Leben lang gewartet.
    Brenna spitzte die Ohren, als sie mit gedämpfter Stimme sagte: »Oh, Mr Pokrovsky. Danke, nein, es geht mir gut.«
    Flüsternd wandte Brenna sich an Trent. »Was hat sie nur für ein Problem mit ihm?«
    »Mit Mr Pokrovsky?«
    Brenna verdrehte die Augen. »Nicht mit Mr Pokrovsky, Trent. Mit ihrem Sohn. «
    »Ja, Mr Pokrovsky, ich weiß, wer diese Leute sind. Sie sind Freunde von Robbie … nein, natürlich nicht. Danke, dass Sie so aufmerksam sind.«
    Dann kam sie ins Wohnzimmer zurück. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich habe so gut wie nie Besuch. Deshalb hatte einer meiner Nachbarn Angst, dass etwas nicht in Ordnung ist.«
    »Mrs Tannenbaum«, fing Brenna nochmals an. »Warum gehen Sie nicht in Robbies Zimmer?«
    Verlegen rückte sie ihre Perücke auf dem Kopf zurecht und senkte abermals den Kopf. Brenna folgte ihrem Blick und merkte, wie sie auf die Füße von Mrs Tannenbaum starrte – winzig klein wie die von einem Kind, in dicken weißen Hausschuhen und mit noch dickeren Krampfadern, die sich nicht

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