Aschebraut (German Edition)
»Kunst« gegründet war, wie er behauptet hatte, weil die neue Schauspielerin ihn auf eine Art »verstand«, wie es Diandra nie gelungen war … zumindest bis das neue Mädchen sein Make-up gewechselt hatte und vom Drehbuch abgewichen war, um ihn zu betrügen, wie es zwischen Menschen gang und gäbe war. Trotzdem hatte er Diandra nicht einmal den echten Namen dieser jungen Frau verraten. Dabei hatte er es ihr versprochen, aber trotzdem hatte er ihn nicht verraten, obwohl es doch schon wieder vorbei gewesen war.
Aber Mr Freeman und Diandra. Das war etwas völlig anderes. Er begegnete ihr völlig ungeschminkt, zeigte ihr sein wahres Ich – seine Tränen, seine Fehler, all die Dinge, die ihn nachts nicht schlafen ließen. Legte seine Seele für sie bloß. Und er sah auch ihre Seele so wie niemand anderes je zuvor. Sie war ihm wichtig genug, um ihm ihre Seele zu enthüllen, und sie würde jede Rolle für ihn spielen.
Würde alles für ihn tun.
»Na, meine Schöne, wie heißen Sie?«
Diandra wandte sich vom Spiegel ab und lächelte den Typen hinter dem Empfangstisch an, dem bei ihrem Anblick regelrecht die Augen aus dem Kopf zu quellen schienen. Er war alt, mit einem teigigen Gesicht und schwarzen Haaren, die ihm aus der Nase wuchsen, aber trotzdem sah sie ihn mit ihrem schönsten Lächeln an – wie Marilyn Monroe machte sie die Augen hinter ihrer Sonnenbrille und den leuchtenden Kontaktlinsen halb zu und zog die Schultern hoch, als fröstele sie vor lauter Aufregung, weil sie einem so tollen Kerl wie ihm begegnet war. Sie sah den Typen an, als wäre er ihr Regisseur, und nannte ihm den Namen, der in ihrer Seele fest verankert war.
»Hübscher Name«, meinte er denn auch, während sie bereits zum Fahrstuhl ging. Sie spürte seinen Blick auf ihrem Hinterteil und hörte in Gedanken den Applaus des unsichtbaren Publikums.
N
»Sie sieht nicht so aus, als wäre sie noch an der Highschool.« Maya zeigte auf den Fernseher. »So stelle ich mir eher eine vierzigjährige Staatsanwältin vor.«
»Gabrielle Carteris ist eben eine alte Seele«, klärte Brenna ihre Tochter auf.
»Ich habe damit weniger sie selbst als ihr Brillengestell gemeint.«
Jim hatte sich vor einer Stunde wieder auf den Weg gemacht. »Auf Wiedersehen, Brenna«, hatte er zu ihr gesagt, nachdem er Maya zärtlich in den Arm genommen und erklärt hatte, sie würden sich zu Weihnachten treffen. »War schön, dich zu sehen.«
»War auch schön, dich zu sehen, Jim. Wirklich.« Brenna starrt den Dielenboden an. Sie schafft es einfach nicht, ihm ins Gesicht zu blicken. Ich darf dich nicht wiedersehen, geht es ihr durch den Kopf. Ich darf dich nie wiedersehen.
Nachdem er gegangen war, hatte Brenna eine langgezogene Diskussion mit Maya darüber befürchtet, ob dieses »Auf Wiedersehen« möglicherweise hieß, dass er zu bestimmten Anlässen vorbeikommen und sie vielleicht in Zukunft das tun könnten, was in vielen anderen Familien auch nach einem Auseinandergehen der Eltern weiter üblich war – dass man zusammen Geburtstag feierte und Dinge dieser Art tat.
Aber das war nicht passiert. Maya hatte nichts dazu gesagt, worüber Brenna wirklich froh gewesen war. Denn für einen Menschen, der schon unzählige Therapien über sich hatte ergehen lassen und der unbarmherzig im Privatleben seiner Klienten und sogar von Zeugen wühlte, ging sie ungewöhnlich vorsichtig mit ihren eigenen Gefühlen um. Sie hatte sich schon immer lieber über ihre Emotionen ausgeschwiegen, weil Gespräche über die Gefühle, die sie hatte, vielleicht schmerzlich würden und sie nicht die Fähigkeit besaß, jemals zu vergessen, was einmal gesprochen worden war. Aber vielleicht hatte sie die Neigung, Wahrheiten, die schmerzten, einfach zu verdrängen, auch einfach im Blut. Vielleicht hatte ihre Mutter, die sämtliche Fotos der Familie zerstört hatte, sie der Tochter und sogar der Enkelin vererbt. Denn Maya hatte in der letzten Stunde deutlich mehr über die Darsteller von Beverly Hills, 90210 als über Jim gesagt.
Wobei die Serie schließlich auch genug Gesprächsstoff bot.
»Himmel, dieser Kerl hat noch mehr Gel im Haar als Trent!«, stellte ihre Tochter gerade fest.
Sie aßen die von ihr bestellte Pizza, während sie eine der ersten Folgen sahen, in der sich die aus dem Mittleren Westen stammenden Zwillinge Brenda und Brandon noch nicht an das sonnige und glamouröse Beverly Hills gewöhnt hatten und in der es noch größtenteils um ihre Eltern ging. Brenna hatte die ersten acht
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