Aschebraut (German Edition)
Staffeln der Serie auf DVD, konnte ihre Tochter aber für gewöhnlich nicht dazu bewegen, sich mit ihr zusammen Teile davon anzusehen. Heute Abend aber hatte Maya ihr die Serie sogar von sich aus vorgeschlagen, auch wenn sie zum Zeichen dafür, dass die Dinge, die im Fernsehen liefen, ihr nicht wirklich wichtig waren, mit einem riesengroßen Skizzenblock im Schoß in ihrem Sessel saß und Pizza aß.
Trotzdem wusste Brenna die Geste zu schätzen. Denn sie liebte diese Serie genau wie die Biskuitröllchen, die sie seit Jahren regelmäßig aß – sie war unterhaltsam, leicht verdaulich, wunderbar vertraut, und vor allem hatte sie sie schon so oft gesehen, dass die vielen Male, wenn sie vor dem Fernseher gesessen hatte, in ihrem Gehirn verschmolzen und es keinen Auslöser für unschöne Erinnerungen gab. Allerdings erwartete sie sicher nicht, dass ihre Tochter ebenso begeistert von der Serie war, denn schließlich war sie zwei Jahre nach Shannon Doherty zur Welt gekommen und noch keine fünf gewesen, als David und Donna am Ende der zehnten Staffel endlich in den Hafen der Ehe eingelaufen waren.
Mayas Desinteresse an der Serie wurde nur noch von dem Widerwillen übertroffen, mit dem sie halb mit Anchovis übersäte Pizzas aß. (Der Geruch dringt in den ganzen Boden ein. Wie bei einer Alien-Invasion.) Weshalb die Tatsache, dass sie jetzt beides tat, ein Zeichen wahrer Liebe war. Auch wenn ihr Interesse nebenher noch anderen Dingen galt.
Und natürlich war auch Brenna nicht ausschließlich auf den Fernseher und die Anchovis-Pizza konzentriert, denn ein ums andere Mal lenkten die Erinnerung an ihr Gespräch mit Faith und das Durcheinander an Gedanken, das durch das Gespräch hervorgerufen worden war, sie sowohl von den Geschehnissen im Fernsehen als auch von ihrem Abendessen ab …
6. Oktober. Ich werde bei Sunrise Manhattan interviewt , und ein Mann ruft an und fragt nach meiner Schwester. Noch am selben Tag leiht sich Robin Tannenbaum Außergewöhnliche Kinder aus der Bibliothek und liest darin, wie Clea verschwunden ist. Am nächsten Tag lädt er ein Kinderbild von mir und ihr, das ihm anscheinend Lula Belle geschickt hat, auf seinen Mac Pro, während Lula Belle an Gary Freeman schreibt, damit er Geld nach City Island schickt, wo von Robin Tannenbaum ein Postfach angemietet worden ist.
Dann leiht sich Tannenbaum einen nicht unbeachtlichen Betrag von seinem Nachbarn, Mr Pokrovsky, und am 9. Oktober schreibt er seiner Mutter eine Nachricht, schnappt sich seine Wintersachen und sein Kameraequipment, tankt noch einmal in White Plains und wird nie wieder gesehen.
Lula Belle, bist du mit diesem Robin abgetaucht?
Bist du meine Schwester, Lula Belle?
Würde Brenna je die Antworten auf diese Fragen finden, oder gingen sie ihr bis ans Lebensende durch den Kopf? Nachdem Jim vorhin gegangen war, hatte sie auf ihrem Laptop die Homepage von Happy Endings aufgerufen, damit Maya all die unzüchtigen Pop-ups, die sofort erschienen waren, nicht sah, ihren Monitor mit einem Handtuch abgedeckt, den winzigen »Kontakt«-Button gesucht und der Unternehmensspitze (»Unternehmensspitze« – hatten sie das Wort vielleicht absichtlich ausgesucht?) eine Anfrage zu Robin Tannenbaum geschickt. Sicher würde ihr Computer jetzt von Spionagesoftware überflutet, und zugleich waren die Chancen, dass sie eine Antwort auf die Mail erhielt, ähnlich groß wie die von Trent, dass er von Claudia, der Sanitäterin, eine Einladung zu einer einwöchigen Kreuzfahrt in der sonnigen Karibik zugeschickt bekam.
Bitte, lass mich dich finden, Lula Belle.
»… und wenn Donna sich so hässlich findet, warum trägt sie dann zu allem Überfluss noch solche Oma-Jeans?«, fragte Maya in verständnislosem Ton.
»Damals trugen alle solche Jeans«, klärte Brenna ihre Tochter lächelnd auf.
»Echt? Die Taille schnürt ihr fast die Brüste ab. Das sieht einfach ätzend aus!« Seufzend beugte sie sich wieder über ihren Block, und Brenna sah ihr einen Augenblick beim Zeichnen zu.
»Was malst du da?«
»Ein Outfit, in dem Donna nicht so blöd aussieht.«
»Echt?«
»Natürlich nicht.«
Maya zeigte ihr das Blatt, und Brenna stellte fest, dass sie sehr gut getroffen war – die Lippen waren gespitzt, und ihre Augen sahen aus, als wären sie auf irgendetwas in weiter Ferne konzentriert.
»Das bin ja ich.«
Die Tochter nickte zustimmend. »Während du gerade in Gedanken versunken bist. Ich muss warten, bis du wieder abdriftest, damit ich die Augen richtig
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