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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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schlief.

13
    Brenna war noch klein, und die Straße, über die sie fuhren, war geradezu erschreckend holperig. Die Lenkstange des Rads bog sich um ihre Beine, und die starken Arme ihrer Schwester drückten gegen ihre Seiten, während Clea in die Pedale trat. Clea fuhr sehr schnell. Aber sie wusste, was sie tat, und deshalb hatte Brenna keine Angst.
    »Du musst für Daddy lächeln«, sagte Clea.
    Brenna blickte von der Straße auf und lächelte … auch wenn sie weder eine Kamera noch ihren Vater sah. Links und rechts von ihnen ragten dicke Bäume auf, die die Straße schmal und dunkel machten, weshalb Brenna wieder eilig auf den Boden schaute. Er war mit großen, schlammbedeckten Steinen übersät.
    »Du musst für Daddy lächeln«, wiederholte Clea. Doch da war kein Daddy, und dann war auch Clea fort, und Brenna saß allein auf der Lenkstange des blauen Rads, des blauen Fahrrads von dem Foto, und inzwischen war sie zwar erwachsen, aber immer noch sehr klein, raste auf eine Klippe zu, das Rad fing an zu fliegen, sie fing an zu fliegen, und sie stürzte in die Dunkelheit.
    »Mom.«
    Keuchend fuhr sie aus dem Schlaf und sah, dass Clea sich zu ihr herunterbeugte und das Sonnenlicht, das hinter ihrem Rücken durch ein Fenster fiel, ihre langen blonden Haare glänzen ließ, während Clea selbst nur eine Silhouette war.
    »Du darfst Mom nichts davon erzählen. Ich rufe dich in ein paar Tagen an – versprochen.«
    »Nein, das tust du nicht«, murmelte Brenna. »Nein, du rufst nicht an. Du lügst. Du wirst niemals anrufen.«
    »Mom?«
    Brenna spürte eine Hand an ihrer Schulter. Clea rückte stärker in ihr Blickfeld, bis sie …
    »Mom.«
    »Maya.«
    Ihre Tochter richtete sich wieder auf. »Du hast doch gesagt, um acht soll ich dich wecken.«
    »Ach ja, richtig«, antwortete Brenna und ging in Gedanken die Termine dieses Tages durch: Um neun käme Morasco, und sie würden zusammen Hildy Tannenbaum besuchen, hoffentlich diesen Pokrovsky sprechen, sie würde sich nach Trent erkundigen, vielleicht mit Maya Mittagessen gehen und im Anschluss nach White Plains zu der Tankstelle fahren, an der Tannenbaum vor seinem Verschwinden noch getankt hatte … Außerdem … wo, verdammt noch mal, steckt Lula Belle? Brenna rappelte sich mühsam auf und blickte ihre Tochter an. »Habe ich im Schlaf geredet?«
    »Ja, ein bisschen.«
    »Tut mir leid. Ich hatte einen seltsamen Traum.«
    »Von Clea?«
    »Gut geraten.« Brenna fuhr sich mit der Hand über die Augen.
    »He, hör zu, Mom.«
    »Ja?«
    Vorsichtig nahm Maya auf dem Rand des Bettes Platz und knubbelte an einem Fingernagel, während sie auf ihre Füße sah. »Was passiert, wenn du sie findest?«
    »Lula Belle?«
    Maya drehte sich zu Brenna um. »Clea.«
    Brenna schob sich neben ihre Tochter und strich ihr sanft über das Haar. »Das ist eine gute Frage. Als Erstes würde ich rausfinden wollen, ob mit ihr alles in Ordnung ist.«
    »Sicher. Aber dann?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, ich würde mir ihr reden wollen.«
    »Was, wenn Grandma recht hat? Was, wenn sie verrückt und destruktiv und lauter solche Sachen ist?«
    Brenna legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Maya«, sagte sie. »Grandma sagt sehr viele Dinge einfach, weil sie sich dann besser fühlt.«
    »Wieso sollte sie sich denn besser fühlen, wenn sie sagt, dass ihre eigene Tochter eine Irre ist?«
    »Vielleicht kann sie dann endlich aufhören, sich zu fragen, warum Clea damals weggelaufen ist und sich nie mehr bei ihr gemeldet hat.«
    »In Ordnung, das verstehe ich … aber, Mom? Falls du Clea findest …«
    »Ja?«
    »Muss ich dann mit ihr reden?«
    Brenna sah ihr ins Gesicht – das dem von Clea geradezu erschreckend ähnlich war. »Schätzchen«, erwiderte sie. »Du brauchst nichts zu tun, was du nicht willst.«
    Mit ernster Miene stand das Mädchen wieder auf. »Danke. Das ist gut.«
    N
    »Ich bin ein alter Mann. Warum belästigen Sie mich?«
    »Mr Pokrovsky«, sagte Brenna. »Wir haben Sie nur etwas gefragt. Falls Ihnen das Probleme macht, geben Sie uns einfach eine Antwort, und schon sind wir wieder weg.«
    Und zwar so schnell es geht. Brenna und Morasco waren erst seit fünf Minuten in der Wohnung, doch von dem Geruch, der sie umgab, wurde ihr richtiggehend schlecht. Es stank nach Mottenkugeln, abgestandenem Kaffee und nach irgendetwas Dunklem, Medizinischem und Traurigem. Sie hatte sich den Mann und das Apartment völlig anders vorgestellt, als Morasco auf der Fahrt hierher erzählt hatte,

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