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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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geschossen hat, wird er es nun auch nicht tun .
    Sie konnte beinahe sehen, wie seine Gedanken hinter der Stirn wanderten.
    »Du lügst«, blaffte er.«Okland ist nicht mehr im Dienst.«
    »Runter mit dem Gewehr, Callas!«, rief eine Frau. Der Soldat zuckte merklich zusammen und ließ tatsächlich zögernd das Gewehr sinken. Summer blickte nach rechts und entdeckte zu ihrer unendlichen Erleichterung ein bekanntes Gesicht.
    Lux. Eben war sie aus einem der Zelte getreten und kam nun mit großen Schritten auf Summer zu. Ihre Zornesfalte war seit ihrer letzten Begegnung noch tiefer geworden.
    »Na sieh mal an«, meinte die Offizierin. »Die Dolmetscherin ist zurückgekehrt.« Sie gab dem Soldaten einen Wink.
    »Alles in Ordnung, Callas. Ich übernehme sie.«
    Nur widerwillig zog er sich zurück. Nachdem er gegangen war, wandte sie sich Summer zu und musterte sie von Kopf bis Fuß. »Hallo Taja! Wir dachten, wir sehen dich nie wieder. Wo warst du?«
    »Lange Geschichte. Beim Angriff hatte ich mich versteckt. Und dann wurde ich gefangen genommen - und konnte fliehen. Aber was ist mit Farrin? Ist ihm etwas passiert?«
    Lux zuckte mit den Schultern. »Wie man’s nimmt. Moira macht ihm das Leben schwer. Und ich weiß nicht, was ihn gerade mehr zur Weißglut bringt. Die Verletzung am Bein oder die Tatsache, dass Moira ihn suspendiert hat. Sobald sie sich sehen, streiten sie
sich. Na ja, die Tatsache, dass du noch lebst, könnte ihn zumindest aufmuntern.«

    Farrin saß hinter einem der Zelte. Summer hätte ihn beinahe nicht wiedererkannt. Er war unrasiert und hatte tiefe Schatten unter den Augen. Zusammengesunken und mürrisch stützte er sich auf dem Tisch auf. Vor ihm stand eine halb leere Flasche Branntwein. Und daneben stapelten sich Papiere.
    »Farrin!« Ihr Ruf ließ ihn aufblicken. Ungläubig blinzelte er, dann sprang er auf. Zumindest versuchte er aufzustehen, doch sein linkes Bein war am Knie geschient. Durch seine Bewegung schreckte er Jola auf, die unter dem Tisch lag. Natürlich knurrte sie, als sie Summer entdeckte. Dafür begrüßte Farrin sie umso herzlicher. »Taja aus Beleter! Und wir dachten alle, wir sehen dich nie wieder! Wo bist du nur abgeblieben?«
    Summer lachte und stürzte zu ihm. Seine Umarmung war viel zu fest und stank nach Branntwein, aber immerhin war es Farrin und sie war unendlich glücklich, ihn zu sehen.
    »Erst auf dem Feld, dann auf der Flucht. Und du? Was hat dich denn erwischt?«, entgegnete sie.
    Er ließ sich auf die Bank zurücksacken. »Kannst es dir aussuchen. Moira. Oder die Kugel, die für sie bestimmt war. Gibt sich beides nichts.«
    »Du hast sie gerettet? Vor wem?«
    »Die Spione aus der Zitadelle schlafen nicht. Lord Teremes’ Berater sind begehrte Zielscheiben geworden.« Er lachte bitter. »Und das ist der Dank dafür. Sie hat mich bis auf Weiteres suspendiert.«

    »Du bist ja auch verletzt.«
    Farrins Drachenaugen wurden noch dunkler.
    »Kapierst du nicht, Taja? Sie will mich nicht mehr um sich haben. Ich soll überhaupt nicht mehr mit ihr an die Front. Und Lord Teremes hört auf sie. Deshalb darf ich mich neuerdings hier nur mit Verwaltungskram herumschlagen und habe nichts zu tun. Ich bin gerade noch gut genug, um auf ihren verdammten Hund aufzupassen.«
    Ihren Hund vertraut sie niemandem an , dachte Summer bei sich. Nur dir.
    »Wo ist Moira?«
    »Weg.« Farrin nahm einen Schluck aus der Flasche. »Unterwegs mit Lord Teremes. Sie kommt in ein paar Tagen zurück.«

    Einerseits fiel es ihr erstaunlich leicht, sich zwischen den Soldaten einzufinden. Andererseits spürte sie inmitten der vielen Menschen mehr denn je, wie sehr sie wieder zur Zorya geworden war. In manchen Momenten ertappte sie sich dabei, die Soldaten aus derselben Distanz zu betrachten, wie Lady Mar es tat. Nur bei Farrin war es anders. Lux verschaffte ihr einen Platz in der Nähe von Farrin. Für einen Dolmetscher gab es in diesem Lager genug zu tun. Lux nahm sie mit, wenn sie ihre Dienste benötigte, aber Summer hatte eher den Verdacht, dass sie den verbitterten Offizier ablenken sollte. Einen besseren Platz hätte sie nicht finden können. Der Kälteeinbruch gab ihr in diesen Tagen eine gute Ausrede, ihr Gesicht, so gut es ging, zu verbergen. Sie zog den Schalkragen ihres Pullovers bis über den Mund hoch, als würde sie frieren, und trug eine Mütze. So studierte sie verstohlen jedes einzelne
Gesicht. Kein einziges kam ihr vertraut vor, nur einmal entdeckte sie Callas, der sie misstrauisch musterte und

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