Aschenputtel: Thriller (German Edition)
der nicht dorthin gehörte.
Vielleicht war es ein solches geringes Geräusch gewesen, das sie mit einem Mal die Küche hatte verlassen und auf die Terrasse hatte eilen lassen.
Sie hatte den Wagen schon durch die Glasscheibe gesehen und ihren Schritt verlangsamt.
Ein Windstoß war durch die Türöffnung gefahren und hatte die langen Leinengardinen bewegt. Von einer Topfpflanze hatte sich ein Blütenblatt gelöst und war zu Boden gesegelt. Hinterher würden es diese zwei Details sein, an die sie sich am deutlichsten erinnern und die sie niemals mehr würde vergessen können.
Magdalena hatte sich über den Wagen gebeugt. Er war leer gewesen. Wie in Trance hatte sie sich aufgerichtet und den Blick über die Hecke und die Umgebung schweifen lassen. Es war niemand in der Nähe gewesen.
Wo war Natalie?
Peder Rydh zog von einer Fahrschule auf Söder zur anderen. Zwei weitere Personen hatten gemeint, die Frau auf dem Bild wiederzuerkennen, doch keine von beiden hatte es mit Bestimmtheit sagen können. Dennoch war Peder ganz sicher, dass es sich um dieselbe Frau handelte, denn die Geschichten waren identisch gewesen. Sie hatte überall den Eindruck erweckt, nervös zu sein. Sie hatte Blutergüsse im Gesicht und auf den Armen gehabt. Und sie hatte so schnell wie möglich den Führerschein machen wollen. Beide Fahrlehrer hatten ihr daraufhin einen Sommerkurs empfohlen, aber sowie sie begriffen hatte, dass sie dafür in einer anderen Stadt Fahrstunden nehmen und für die Dauer des Kurses in einem Internat wohnen musste, hatte sie sofort einen Rückzieher gemacht. Es sei ihr unmöglich freizunehmen, hatte sie gesagt und war dann gegangen.
Was zum Teufel wollte sie denn unbedingt mit dem Führerschein?, fragte Peder sich frustriert. Die Leiche nach Umeå kutschieren, während ihr kranker Lover nach Jönköping fuhr, um eine alte Flamme auszulöschen?
Er warf einen Blick auf die Uhr, als er sich ins Auto setzte, um nach Nyköping zu fahren. Er wollte die Pflegemutter treffen, die meinte, die Frau aus Flemingsberg wiedererkannt zu haben.
Es durfte nicht zu spät werden. Ylva hatte gesagt, dass sie mit den Kindern ins Smedsuddsbad auf Kungsholmen gehen wollte. Die Idee hatte ihm nicht sonderlich behagt. Ylva war immer so gestresst, wenn sie allein mit den Kindern unterwegs war. Mit ihnen da ausgerechnet in ein Strandbad zu fahren, fand er nicht besonders gut. Andererseits war Ylva nun wirklich nicht diejenige in der Familie, der man vorwerfen konnte, sich unverantwortlich zu verhalten.
Peder wagte kaum, auf sein Handy zu schauen. Wenn er darauf einen Anruf in Abwesenheit von Ylva oder Pia sähe, würde er bestimmt vom Weg abkommen. Er überlegte, ob er vielleicht krank war. Hatte er nicht kürzlich erst einen interessanten Artikel über Männer gelesen, die einen zu starken Geschlechtstrieb hatten? Die These hatte ihn davon überzeugt, dass nicht alle Menschen gleich triebgesteuert waren. Manche waren eben unverhältnismäßig stark triebgesteuert.
Das Problem war nur, dass so etwas vor der Geburt der Zwillinge nie passiert wäre. Was war eigentlich mit seinem alten Leben geschehen? Und was für ein Mensch war er geworden?
Ylva und Peder hatten fast ein Jahr lang versucht, Kinder zu bekommen, ehe es endlich klappte. Wie glücklich waren sie da gewesen. Ängstlich, aber glücklich.
» Ach du Schande«, hatte Peder gesagt, nachdem Ylva den Schwangerschaftstest gemacht hatte. » Dann wächst hier drin also jemand.« Und dann hatte er seine Hand auf ihren Bauch gelegt und versucht, sich vorzustellen, wie es sich darin wohl so lebte. Bis zu diesem verdammten Ultraschall hatten sie wie die Verrückten Sex gehabt. An Ylvas Lust war damals nichts, aber auch rein gar nichts auszusetzen gewesen. Sie hatte gar nicht genug von ihm bekommen können. Einmal hatte sie ihn sogar in der Mittagspause angerufen.
» Das müssen die Hormone sein«, hatte sie gesagt, als sie sich wieder anzogen, und dabei gekichert.
Der Gedanke, dass Ylva ihn heute in der Mittagspause nach Hause zitieren würde, um es mit ihm zu treiben, war so abwegig, dass Peder trocken auflachte. Aber eigentlich ging es nicht um Sex. Es ging um Nähe und darum, gebraucht zu werden. Und darum, jemanden brauchen zu dürfen.
Wenn sie ihn heute im Büro anrief, dann ging es immer nur um andere Dinge. Um anstrengende Bedürfnisse, die man unmöglich erfüllen konnte, wenn man arbeiten ging. Peders eigene Bedürfnisse hörten auf zu existieren.
Einmal war er von der Arbeit
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