Aschenputtel: Thriller (German Edition)
nach Hause gekommen, nachdem er zwei Rentner gefunden hatte, die einem Raubmord zum Opfer gefallen waren. Ins Gesicht geschossen. In der Nacht hatte er versucht, ganz dicht bei Ylva zu schlafen. Sie hatte sich gewunden wie eine Schlange.
» Musst du mir so auf den Pelz rücken, Peder? Ich kann nicht schlafen, wenn du mir ins Gesicht schnaufst.«
Also hatte er sich ein Stückchen weiter weggelegt. Damit Ylva schlafen konnte. Und obwohl er die Augen ganz, ganz fest zugemacht hatte, hatte er doch nicht schlafen können. Weder in jener Nacht noch in der folgenden.
Peder hatte als Erwachsener so selten geweint, dass er meinte, sich noch an jede einzelne Gelegenheit zu erinnern. Er hatte geweint, als sein Großvater gestorben war. Bei der Geburt der Zwillinge hatte er geweint. Und er hatte noch einmal geweint, zwei Wochen nachdem er die erschossenen Rentner gefunden hatte. Er hatte bei seiner Mutter gesessen und geweint wie ein kleines Kind.
» Es hört einfach nie auf«, hatte er geflüstert und die Probleme gemeint, die er mit Ylva hatte. » Es hört einfach nie auf.«
» Es wird sich ändern«, hatte seine Mutter geantwortet. » Es wird sich ändern, Peder. Jedes Elend hat einmal ein Ende. An irgendeinem Punkt weiß man sicher, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann, sondern nur noch besser.«
Das sagte sie, die einmal gedacht hatte, dass sie zwei starke Jungs aufziehen würde. Dass aus den beiden erwachsene Männer würden. Und die dann doch hatte akzeptieren müssen, dass der eine von ihnen niemals etwas anderes sein würde als ein großes Kind.
Irgendwie spürte Peder, dass er die Elendsgrenze überschritten hatte, von der seine Mutter gesprochen hatte. Vor allem indem er den Kontakt zu Pia wieder aufgenommen hatte. Irgendetwas drohte zu Ende zu gehen, das spürte Peder am ganzen Leib. Seine Ehe. Das war wirklich nicht seine Absicht, und er hatte auch nie die Überzeugung gehegt, dass dies der einzige Weg aus seiner Hölle wäre. Aber, wie gesagt, es drohte, es dräute.
Vor allem, wenn er sich weiterhin mit Pia traf.
Die Strecke nach Nyköping kam ihm kürzer vor als gedacht. Er kämpfte mit der Karte. Hatte er die Abfahrt etwa schon verpasst?
Er hatte gerade sein Auto abgestellt, als sein Handy klingelte. Er wand sich aus dem Wagen und nahm gleichzeitig das Gespräch entgegen. Es war immer noch warm, auch wenn die Sonne hartnäckig hinter Wolken Schutz suchte. Die Wohngegend, in der Peder geparkt hatte, schrie geradezu nach Mittelklasse. Keine neuesten Automodelle, aber auch keine verbeulten Schrottkarren. Ein paar neue Fahrräder, ziemlich viele gebrauchte der gehobenen Klasse. Kinder, die ordentlich und sauber aussahen und ein Stück weit die Straße hinauf spielten. Ein Ort für den durchschnittlichen, sicherheitsliebenden Schweden.
Alex’ Stimme fragte: » Bist du dran?«
» Ja«, beeilte Peder sich zu sagen. » Gerade aus dem Auto gestiegen. Ist etwas passiert?«
» Nein, ich wollte nur wissen, ob du noch im Auto sitzt. Hatte so eine Idee. Aber wir können auch später darüber reden.«
Im Augenwinkel sah Peder, dass sich die Eingangstür zu dem Haus öffnete, das er besuchen wollte.
» Sicher?«, fragte er.
» Ja, sicher«, erwiderte Alex. » Ich feile noch ein wenig an meiner kleinen Theorie, und dann rufe ich dich wieder an. Aber es gibt noch etwas anderes.«
Peder unterdrückte ein Gähnen.
» Eine Theorie?«, echote er. » Da solltest du lieber Fredrika anrufen.«
» Das werde ich auch tun. Aber wie gesagt, es gibt noch etwas. Sara Sebastiansson hat einen Ex in Norrköping. Sie war mit ihm zusammen, ehe sie zu diesem Schreibkurs nach Umeå gefahren ist. Er ist vorbestraft. Könntest du bei ihm vorbeifahren, bevor du nach Stockholm zurückfährst?«
» In Norrköping?«, fragte Peder skeptisch.
» Ja«, sagte Alex gedehnt, » du bist ja schon in der Gegend…«
» Okay«, sagte Peder. » Mach ich. Aber ich brauche die Hintergrundgeschichte.«
Alex klang erleichtert.
» Fredrika ruft dich dazu an«, versprach er. » Viel Glück!«
» Danke«, sagte Peder und schaltete das Handy aus.
Er lächelte der Dame zu, die auf der Treppe des Hauses stand, und setzte sich in Bewegung.
Birgitta Franke bot ihm selbstgebackene Zimtschnecken und Kaffee an. Peder konnte sich nicht erinnern, wann erje so gute Schnecken gegessen hatte. Er nahm gleich zwei.
Birgitta Franke machte einen strengen, aber dennoch herzlichen Eindruck. Ihre Stimme klang barsch, doch in ihrem Blick lag Wärme. Ihr Haar
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