Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Umeå hat«, sagte sie mit dünner Stimme.
» Natürlich«, antwortete Alex.
Sie hörte, wie Alex eine Autotür zuschlug.
» Wenn es derselbe Täter ist, dann scheint er diesmal schneller vorzugehen«, sagte sie langsam.
Sie konnte hören, wie Alex innehielt.
» Wie meinst du das?«, fragte er.
» Sara Sebastiansson bekam die Haare ihrer Tochter erst am Tag nach deren Verschwinden zugestellt. Und jetzt sagst du, die Eltern haben die Kleider und Haare fast zeitgleich mit dem Verschwinden des Kindes bekommen.«
Alex schwieg.
» Verdammte Scheiße«, flüsterte er schließlich.
Fredrika schloss die Augen, das Handy fest ans Ohr gedrückt. Warum hatte es der Täter plötzlich so eilig? Und warum entführte er so kurz nach dem ersten Kind ein weiteres? Und… wenn den Eltern inzwischen schon Kleider und Haare zugespielt worden waren, hieß das dann, dass das Kind bereits tot war?
Was treibt diesen Menschen?, fragte sich Fredrika. Was um alles in der Welt treibt ihn?
Peder Rydh raste mit Lichtgeschwindigkeit nach Stockholm zurück. Er war gerade erst in Norrköping angekommen, als Alex ihn angerufen und berichtet hatte, dass ein weiteres Kind verschwunden war. Sie waren sofort übereingekommen, dass das Verhör mit dem Exfreund von Sara Sebastiansson dennoch durchgeführt werden sollte. Schließlich gab es trotz allem eine mikroskopisch kleine Chance, dass er in irgendeiner Weise in die Entführung von Lilian Sebastiansson verwickelt war und dass er jetzt ein weiteres Kind entführt hatte, um es so aussehen zu lassen, als wäre Lilian nicht dem Exfreund ihrer Mutter, sondern einem Serienmörder zum Opfer gefallen.
Doch in dem Moment, da Peder dem Ex von Sara Sebastiansson in Norrköping gegenübergestanden hatte, hatte ihn der Mut verlassen. Es war kurz gesagt nicht im Entferntesten möglich erschienen, dass dieser Typ ein kleines Kind entführt, skalpiert und ermordet haben könnte. Klar war er vorbestraft, und er hatte sogar zugegeben, nach der Trennung von Sara noch erstaunlich lange sauer auf sie gewesen zu sein. Aber fünfzehn Jahre später Saras Kind zu ermorden? Nein, das war zu weit gegriffen.
Peder seufzte müde. Dieser Tag war völlig anders gelaufen, als er gehofft hatte. Er war erleichtert, dass Fredrika und nicht er nach Umeå hatte fahren müssen. Zum einen hätte er es zeitlich kaum geschafft, und zum anderen kam ihm Fredrika jetzt, da die Sache sich zuspitzte und ein weiteres Kind verschwunden war, nicht in die Quere.
Aber wie sich der Fall entwickelt hatte! Inzwischen schien sich alles weit jenseits der Grenzen abzuspielen, an die seine eigene Fantasie reichte. Solange sie mit der Hypothese gearbeitet hatten, dass der eigene Vater Lilian Sebastiansson erst entführt und dann ermordet hatte, hatte Peder geglaubt zu verstehen, was seine Aufgabe und Rolle in den Ermittlungen war. Es war schließlich fast immer– fast immer– so gewesen, dass in solchen Fällen der Schuldige dem Opfer nahestand. Dies gehörte zu den Grundthesen der Polizeiarbeit. Und zu Anfang hatte es ja auch diesmal keinen anderslautenden Verdacht gegeben, den man ernsthaft hätte berücksichtigen müssen. Es waren keine anderen Kinder verschwunden, es gab neben Gabriel Sebastiansson keine andere Person, mit der Sara Sebastiansson im Konflikt gestanden hätte.
Nur Fredrika war in ihrem Denken schon sehr früh beweglicher gewesen. Sie hatte Sara als diejenige ausgemacht, die eine Verbindung zu dem Entführer haben musste, und war offen für die Möglichkeit gewesen, dass jemand anders als Gabriel Sebastiansson das Kind in seiner Gewalt hatte. Die Tatsache, dass niemand ihr zugehört hatte, hatte sie wertvolle Zeit gekostet. Peder wusste, dass es so war, aber er war sich auch darüber im Klaren, dass er dies nie laut zugeben würde. Am allerwenigsten Fredrika gegenüber.
Dennoch war er sich nicht sicher, ob sie jemals eine reelle Chance gehabt hatten, Lilian Sebastianssons Leben zu retten. Er glaubte es nicht. Sara Sebastiansson selbst hatte nicht den Eindruck vermittelt, dass es irgendjemanden auf der Welt gäbe, der sie so sehr hasste, dass er bereit war, ihre Tochter umzubringen, um sie damit zu bestrafen. Wie sollten da die Ermittler begreifen, was hier geschah?
Und jetzt war ein weiteres Kind verschwunden. Peder spürte es in seinem Magen brennen. Ein Baby. Welcher gesunde Mensch brachte es fertig, ein kleines Kind oder ein Baby zu töten?
Diesen Gedanken überhaupt denken zu müssen, nagte an ihm. Aber wie
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