Aschenputtel: Thriller (German Edition)
wahrscheinlich war es schon unter den gegebenen Vorzeichen, dass sie dieses Kind finden und retten würden?
Wutentbrannt schlug er mit der Faust aufs Lenkrad.
Was tat er da eigentlich? Natürlich würden sie ihr Äußerstes geben, um das Kind zu finden. Dann sackte er wieder in sich zusammen.
Es war schrecklich, aber nur zu klar: Selbst wenn der Mörder davon Abstand nähme, Kind Nummer zwei innerhalb von vierundzwanzig Stunden zu töten, würden die Ermittler es doch nicht rechtzeitig finden.
Wir werden es finden, wenn er will, dass wir es finden, dachte Peder resigniert. Wir finden es dort, wo er es hinlegt, wo er es uns zeigen will.
Polizisten können Helden sein, aber sie können auch hilflos sein. Peder überlegte, was er an diesem Tag bisher zustande gebracht hatte. Er glaubte, die Frau identifiziert zu haben, die dem Mann mit den Ecco-Schuhen geholfen hatte. Möglicherweise. Denn was genau konnte man ihr eigentlich nachweisen? Sie hatte sich mit ihrem Hund am Bahnhof Flemingsberg seltsam verhalten. Vielleicht, um Sara Sebastiansson aufzuhalten. Sie hatte versucht, sich einen Führerschein zu beschaffen. Vielleicht, um Lilians Leiche nach Umeå zu fahren. Das war doch alles viel zu vage.
Peder schluckte. Wenn sie die Frau war, wenn sie wirklich eine Rolle in der Sache spielte, dann war absolut entscheidend für die Ermittlungen, dass sie sie trafen und mit ihr sprachen.
Alex hatte sofort entschieden, mit Monika Sanders Namen und Foto an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie selbst– oder irgendjemand, der wusste, wer sie war und wo sie steckte– sollte sich umgehend bei der Polizei melden. Auch Sara Sebastiansson sollte das Bild zu sehen bekommen. Vielleicht bestätigte sie ja, dass es sich um dieselbe Frau handelte. Ebenso die Eltern des anderen verschwundenen Kindes.
Sowohl Peder als auch Alex waren überzeugt davon, dass Monika Sander kaum die treibende Kraft hinter den Kindesentführungen war. Wenn das Bild, das die Pflegemutter ihm vermittelt hatte, stimmte, dann war der Plan viel zu ausgeklügelt, viel zu anspruchsvoll, als dass Monika selbst ihn sich hätte ausdenken und durchführen können. Aber sie war sicherlich eine Schlüsselfigur in dem Ganzen.
Peder schüttelte den Kopf. Es musste noch etwas geben, an das er hätte denken müssen, irgendetwas, an das er sich erinnern musste.
Er schluckte ein paarmal. Er war durstig, hatte aber keine Zeit mehr, anzuhalten und etwas zu trinken zu kaufen. Erste Priorität musste jetzt sein, wieder zurück nach Stockholm zu kommen, sich in die neue Ermittlung zu stürzen und herauszufinden, ob sie unter Umständen mit der alten verknüpft war.
Es musste einfach einen Zusammenhang geben. Es konnte doch kein Zufall sein, dass Haare und Kleider des Babys in eine Kiste gelegt und auf dem Grundstück abgelegt worden waren. Im Fall Lilian hatten sie schließlich gerade diese Details der Presse vorenthalten.
Als er sich Stockholm näherte und im Osten schon die Silhouette des Globen sah, konnte er nur noch eines denken: Wenn sie nur Monika Sander finden würden. So schnell wie möglich.
Die Krankenschwestern auf Station vier des Karolinska-Krankenhauses in Solna waren angewiesen worden, mit der Patientin, die allein in Zimmer drei lag, überaus vorsichtig umzugehen. Die junge Frau war um ein Uhr nachts von der Ambulanz in die Notaufnahme gebracht worden. Ihr Nachbar war wach geworden, weil er im Treppenhaus seltsame Geräusche gehört hatte. Er hatte durch den Türspion gesehen und dort irgendwelche Sommerdiebe vermutet, die ihr Unwesen trieben. Stattdessen hatte er das Mädchen aus der Nachbarwohnung erblickt. Die Beine noch in der Wohnung, der Oberkörper draußen auf dem harten Marmorfußboden des Treppenhauses.
Der Nachbar hatte sogleich den Notarzt gerufen und sich dann hingesetzt und über die magere Frau gewacht, die kaum bei Bewusstsein gewesen war, bis die Sanitäter sie vorsichtig auf die Trage gehoben und aus dem Haus getragen hatten.
Man hatte den Nachbarn gefragt, wie sie hieß.
» Jelena, glaube ich«, hatte der Nachbar geantwortet. » Aber ihr gehört die Wohnung nicht. Der Besitzer wohnt schon seit vielen Jahren nicht mehr hier. Sie ist nur die letzte in einer Reihe von Untermietern. Manchmal wohnt hier auch ein Mann, aber wie der heißt, weiß ich auch nicht.«
An der Wohnungstür stand kein Name.
Die übel zugerichtete Frau hatte nur unzusammenhängend geantwortet, als die Sanitäter ihr über die Wange gestrichen und sie nach ihrem Namen
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