Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Klimaanlage hustete und zischte.
» Okay«, sagte Alex abschließend. » Die nächste Sitzung halten wir heute Nachmittag ab, wenn Fredrika von Gabriel Sebastianssons Mutter zurück ist. Sie fährt allein dorthin. Ich glaube, dass wir mehr Informationen bekommen, wenn die Dame nicht das Gefühl bekommt, wir rücken mit einer ganzen Delegation an. Peder verfolgt weiter die Hinweise, die wir reinkriegen, und dann hoffe ich, dass wir vom SKL bald etwas über das Paket erfahren. Peder, nimm dir den Kurier vor, der es ausgeliefert hat. Ich habe im Übrigen Saras Eltern gebeten, eine Liste der Personen anzufertigen, die Sara kennt und mit denen wir sprechen sollten, um herauszubekommen, wo Gabriel Sebastiansson sich möglicherweise aufhält. Es wird ein harter Tag.«
Damit war die Sitzung beendet, und die Gruppe ging auseinander. Nur Ellen blieb noch einen Augenblick sitzen und machte ein paar Aufzeichnungen.
Erst als Fredrika Bergman mit dem aufgeschlagenen Stadtplan im Auto saß, realisierte sie, dass Gabriel Sebastianssons Mutter, die Großmutter von Lilian, in Djursholm wohnte. Teure Villen, riesige Gärten, Küsschen hier, Küsschen da. Sara Sebastianssons Herkunft unterschied sich davon deutlich.
Fredrika fasste die ersten Arbeitsstunden des Morgens für sich selbst zusammen. Es fehlte ihr an Struktur und klaren Direktiven in ihrem Arbeitsalltag. Zugegeben, Alex war ein fähiger, kompetenter Chef, das war ihr natürlich nicht entgangen. Auch war sie voll und ganz überzeugt davon, dass er eine ungeheuer breite und achtbare Erfahrung besaß, an der es ihr selbst mangelte. Aber es irritierte sie kolossal, dass er so wenig willens war, neue Richtungen in der Arbeit einzuschlagen, und das vor allem in der jetzigen Situation. Lose Enden blieben offen, ohne dass Fredrika irgendwelche konkreten Versuche erkennen konnte, sie entweder zu verwerfen oder zu verfolgen. Sie nahmen einfach an– und vielleicht lagen sie da völlig falsch–, dass das Mädchen von seinem eigenen Vater versteckt gehalten wurde und deshalb in keiner konkreten Gefahr schwebte. Dabei war alles, was sie sicher wussten, dass Lilians Verschwinden kein Zufall war. Wie konnte Alex die Ereignisse in Flemingsberg immer noch für irrelevant halten?
Und wie zum Teufel konnte es angehen, dass ein Analytiker von der Kripo mit in der Sitzung saß und nicht einmal richtig vorgestellt wurde? Im Gespräch mit Fredrika und Peder hatte Alex ihn lediglich als » den Analytiker« bezeichnet. Das war so rücksichtslos, dass Fredrika fast rot geworden wäre. Sie würde zu einem späteren Zeitpunkt die Sache in die Hand nehmen und wenigstens sich selbst vorstellen.
Fredrika wollte es sich nur ungern eingestehen, aber natürlich wurde sie als Frau von ihrem Chef anders behandelt als die anderen. Nein: sie als kinderlose Frau. Ganz zu schweigen von der Außenseiterposition, die sie angesichts ihres akademischen Hintergrunds einnahm. Aber in dieser Hinsicht hatte sie wenigstens etwas mit dem Analytiker gemeinsam.
Fredrika erwog kurz, Spencer anzurufen, ehe sie aus dem Auto stieg, verwarf den Gedanken aber wieder. Spencer hatte angedeutet, dass sie sich vielleicht am Wochenende wiedersehen würden. Da war es besser, wenn sie ihn bis dahin ungestört arbeiten ließ.
» Ihr seht euch ja immer nur, wenn er will«, hatte Julia schon oft gesagt. » Wann hast du denn jemals anrufen und so spontan, wie er es tut, ein Treffen vorschlagen können?«
Fragen und Behauptungen dieser Art verärgerten Fredrika. Die Voraussetzungen waren immer so gewesen: Spencer war nun mal verheiratet und sie nicht. Entweder akzeptierte sie das mit allen Konsequenzen, wie zum Beispiel dass Spencer für sie weniger leicht zugänglich war als sie für ihn, oder sie akzeptierte es nicht. Und wenn sie es nicht täte, dann würde sie sich nach einem anderen Liebhaber und Freund umsehen müssen.
Dasselbe galt aber auch für Spencer. Wenn er nicht akzeptierte, dass Fredrika hin und wieder Beziehungen mit anderen Männern einging, nur um einige Zeit später wieder zu ihm zurückzukehren, dann hätten sie schon vor langer Zeit ein für alle Mal Schluss machen müssen.
Er gibt mir nicht alles, dachte Fredrika oft, aber wenn man bedenkt, dass ich niemand anderen habe, gibt er mir genug.
Ihre Beziehung war vielleicht unkonventionell, aber sie war echt– und sie war praktisch. Sie machte keinen von ihnen beiden klein oder lächerlich. Ein gegenseitiger Austausch, bei dem niemand als Verlierer
Weitere Kostenlose Bücher