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Aschenputtelfluch

Aschenputtelfluch

Titel: Aschenputtelfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Für einen Moment empfand ich wirklich so etwas wie Sehnsucht nach ihnen. »Etwas stimmt doch nicht, Kleines, das spüre ich! Ich war nie da für, dass du diese Schule besuchst, aber du wolltest ja un bedingt.«
    Kleines – oh Mann! Nichts hatte sich verändert! Sie be handelte mich immer noch, als wäre ich nicht lebensfähig!
    »Ihr sollt mich nicht Kleines nennen!«, zischte ich. »Und ich interessiere mich nicht für Kira, okay?«
    Die Tür wurde aufgestoßen und Meg kam herein.
    Hatte sie meinen letzten Satz gehört?
    »Und jetzt muss ich Schluss machen!«
    »Du musst mir sagen, wenn etwas nicht stimmt . . .«
    »Mir geht es gut, Mammi. Tschüss.«
    Ich legte schnell auf.
    Meg wuchtete ihren Koffer aufs Bett.
    »He«, sagte ich.
    Sie gab keine Antwort.
    »Schönes Wochenende gehabt?«
    »Wieso, bin ich dazu verpflichtet?«
    »Ich meine ja nur.«
    Meg dachte einen Augenblick nach, dann sah sie mich mit zusammengekniffenen Augen an: »Jetzt hör mal zu, Mamikind und Miss-Super-IQ. Im Grunde bin ich fair. Viel leicht kein guter Mensch, aber fair. Meine Devise ist: Friedliche Koexistenz! Leben und leben lassen! Nichts verpflichtet mich, mit dir zu reden, nur weil wir in einem Zimmer wohnen. Das ist purer Zufall! Mehr nicht!«
    Dreimal schlug die Glocke.
    Abendessen.
    »Also, lass mich in Ruhe, okay!«
    Ihr Gesicht trug einen Ausdruck, als hätte sie sich in die Stirn tätowieren lassen: Für immer geschlossen! Sie wand te sich ab und verließ das Zimmer.
    Konnte man für immer und ewig alleine existieren? Aber Meg wollte ja gar nicht allein sein. Auch sie sehnte sich nach einem Menschen, der zu ihr gehörte. Und es war mein Pech, dass es sich dabei ausgerechnet um Nikolaj handelte.
    Geduldig wartete ich in der langen Schlange, bis ich an der Reihe war, und lud mir eine Portion Salat auf den Teller. Mein Appetit war nicht überwältigend.
    »Bist du auf Diät?«, hörte ich hinter mir eine Stimme. Ich spürte sofort, dass es Nikolaj war. Sein Atem streifte mei nen Nacken. Seine Hand lag auf meinem rechten Schulter blatt. Würde er sie doch ewig dort liegen lassen. Meinet wegen konnte sie festwachsen. Wie schnell mein Herz pochte.
    »Schönes Wochenende gehabt?«, fragte er und bediente sich reichlich von den Frikadellen. Mindestens fünf zählte ich.
    »Geht so.« Ich hatte ihn vermisst. Scheiß auf Meg.
    »Also, ich bin froh, wieder hier zu sein. Eltern sind ganz schön anstrengend, wenn sie in der Pubertät sind.«
    Ich musste lachen. »Ich habe gerade mit meinen telefo niert. Sie kennen nur ein Hobby: sich um mich Sorgen ma chen.«
    »Dann weißt du ja Bescheid! Und du hast nicht noch drei jüngere Schwestern!«
    Ich konzentrierte mich darauf, die Kräutersoße über den Salat zu gießen.
    Sollte ich ihm von dem Tagebuch erzählen? Von dem Zettel im Waschraum?
    Konnte ich ihm vertrauen?
    Etwas in mir sagte Ja, aber dann hörte ich Kiras Stimme. Es war, als stünde sie dicht neben mir. Ich konnte sie spü ren. Ihr Mund lag auf meinem Ohr und sie flüsterte: Wie weiß man, auf wen man sich verlassen kann?
    »Meinst du, die schmeckt?«
    »Was?«
    »Na, diese Salatsoße. Irgendwie sieht sie seltsam aus. Kräuter sind doch eigentlich grün. Warum ist die Soße dann orange?«
    Nikolaj rieb sich den Ellbogen. Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz.
    »Stimmt etwas nicht?«
    »Alles okay«, erklärte er, ohne mir in die Augen zu schau en. »Also, was hast du das ganze Wochenende gemacht?«
    »Goethe, Schiller, Mathe.«
    »Das klingt ja spannend. Wann schreiben wir den Test?«
    »Am Dreizehnten.«
    »Kommst du heute Abend auch?«
    »Wohin?«
    Er senkte die Lautstärke.
    »Wir treffen uns auf dem Friedhof. Meg und die anderen. Du könntest deinen zweiten Versuch starten.«
    Ich zuckte mit den Schultern. Kapierte er nicht, dass ich draußen war?
    »Hat Meg dich nicht gefragt?«
    »Sie ist nicht gut auf mich zu sprechen.«
    »Meg ist auf niemanden gut zu sprechen.«
    Doch, dachte ich, auf dich. Spürst du das nicht?
    »Nimm es ihr nicht übel«, sagte er, »seit der fünften Klas se verbringt sie ihr Leben in Internaten und das, obwohl sie der totale Einzelgänger ist. Und ihre Eltern reisen von einem Ort der Welt zum anderen auf der Suche nach dem großen Abenteuer. Meg tut mir leid.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Tja, wir wissen vieles nicht voneinander. Also, ich warte auf dich heute Abend. An der Totenleuchte auf dem Fried hof.«
    In diesem Moment kam Sonja in den Speisesaal. Kaum hatte sie mich erblickt, stürzte sie auf

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