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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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Nadeschda doch zu fragen, warum sie denn weinte, war sie eingeschlafen.
    Am nächsten Morgen wachte Jo erst auf, als es taghell war. Sie hatte tief und fest und traumlos geschlafen. Sie drehte sich zu Nadeschda, die aber nicht in ihrem Bett lag. Und so kalt wie ihre Seite war, wohl schon seit geraumer Zeit nicht mehr.
    Jo stand schlaftrunken auf, wickelte sich die Decke um ihren nackten Körper und tapste zur Zimmertür. Sie lugte um die Ecke, ob Nadeschdas Mitbewohner zu sehen oder zu hören war, sonst hätte sie sich anziehen müssen, da sie auf dessen gierige Blicke keine Lust hatte. Zum Glück war der so gut wie nie da, so auch heute nicht. Sie zog ihre Decke höher und ging barfuß in die Küche, wo sie Nadeschda zu finden hoffte. Aber die Küche war verwaist, die Kaffeekanne war kalt, und das Geschirr lag ungewaschen in der Spüle.
    Seltsam. Wo war Nadeschda nur? Es war doch Sonntag, die Uni geschlossen. Na, vielleicht ist sie Brötchen holen, dachte Jo und beschloss, wieder ins Bett zu gehen und dort nackt auf Nadeschda zu warten. Sie plagte ein schlechtes Gewissen wegen des vergangenen Abends. Sie war von ihrer Eifersucht übermannt worden und hatte dann auch noch den Körperkontakt verweigert und dann zu allem Überfluss Nadeschda sich alleine in den Schlaf weinen lassen. Das alles tat ihr heute Morgen furchtbar leid. Und sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie gestern Abend so wütend gewesen war, dass sie nicht über ihren Schatten hatte springen können. Sie hoffte, dass sie Nadeschda damit versöhnen konnte, dass sie nun nackt im Bett auf sie wartete. Sollte sie noch Kaffee machen? Nein, hier im Bett wars gerade so schön warm. Sie wartete eine Weile und schlief irgendwann wieder ein. Als sie wieder aufwachte, waren gut zwei Stunden vergangen. Und Nadeschda war immer noch nicht da.
    So lange dauert Brötchen holen aber nicht. Jo schlüpfte aus dem Bett und sprang in einen Jogginganzug. Wenn sie mich nicht nackt im Bett haben will, dann kann sie mich mal. Wo war sie nur?
    Jo nahm ihr Telefon und schaltete es ein. Keine Nachricht von Nadeschda. Wenn sie irgendetwas dringend zu erledigen hatte, hätte sie doch sicherlich eine Nachricht hinterlassen. Zumal, wenn sie diese Erledigung einen halben Tag kostete.
    Jo wurde plötzlich ganz heiß. Was hatte das zu bedeuten, dass Nadeschda ihr nicht Bescheid sagte? Was, wenn ich sie gestern Abend so sehr verletzt habe, dass sie nun erstmal Abstand von mir braucht? Oder ist sie womöglich zu der Tuss von gestern gerannt, um sich bei ihr auszuheulen? Jo wurde übel. Sie musste sich erst einmal aufs Bett setzen und ihre Gedanken sortieren. Nun tat ihr es noch mehr leid, wie sie sich gestern verhalten hatte. Oh Gott, Jo! Reiß dich halt mal zusammen! Was ist nur in dich gefahren, so eifersüchtig zu sein! Jetzt ist sie weg! Und du bist wieder allein. Und das ist doch gut so!
    Nein. Nein! Sie ist nicht weg! Sie kann mich doch wegen so einer Kleinigkeit nicht verlassen!
    Kleinigkeit? Kleinigkeit meinst du? Das war völlig überzogen und unfair, was du da gestern abgezogen hast.
    Ruhig, beruhige dich. Es gibt bestimmt eine ganz einfache Erklärung dafür, dass sie nicht da ist.
    Jo wählte Nadeschdas Nummer. Freizeichen. Viel zu lange. The Person, you are calling …
    Mist, verdammter!
    Und wenn ihr etwas zugestoßen ist? Sie hatte bestimmt noch Restalkohol. Und damit ist sie Brötchen holen gegangen, umgefallen, auf die Straße …
    MANN JO! Sie hat dich verlassen! So oder so. Akzeptiere es.
    NEIN!
    Jo sprang auf und rannte in die Küche. Sie erinnerte sich, dass dort am Kühlschrank ein Zettel mit für Nadeschda wichtigen Nummern hing.
    Am Kühlschrank klebte allerhand, aber die Telefonliste fand Jo sogleich. Ihr Name und ihre Nummer stand ganz oben.
    Du bist das Wichtigste in ihrem Leben.
    Ha ha haaa!
    Jo erinnerte sich, wie sie Nadeschda einmal gefragt hatte, warum sie denn die Nummern auf einen Zettel schrieb. Sie seien doch alle in ihrem Telefon abgespeichert. Und wenn es mal leer ist?, gab Nadeschda zu bedenken. Oder ich es mal nicht finde und ich dann dringend eine Nummer brauche? Jetzt war Jo ihr dankbar dafür. Sie nahm sich vor, alle Nummern abzutelefonieren. Irgendjemand musste doch wissen, wo Nadeschda steckte. Sie überlegte, wo sie selbst als erstes hingehen würde, wenn sie Streit mit Nadeschda hätte und wählte die Nummer von Nadeschdas Mutter.

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