Aschenwelt
Sackleinenhimmel hinauf, und der Lärm des Sturms ist ohrenbetäubend. Ich stemme mich gegen ihn und beobachte, wie er in die Ruinen fährt, die unter seiner Wucht in sich zusammenstürzen, umkippen, sich in Staub auflösen, den er davonträgt. Der Sturm bläst alles hinfort, in einer unermesslich groÃen dunklen Wolke, die bald am fernen Horizont verschwindet und mich alleine zurücklässt. In einer leeren Welt. Alles ist weg, die Asche, die Ruinen, der Wind.
Ich stehe auf einem blutroten Linoleumboden, blank gewischt, ohne ein einziges Staubkorn. Und es riecht nach Bohnerwachs. Das Linoleum erstreckt sich nach allen Seiten, soweit mein Auge reicht, und verschwindet hinter einem fadendünnen Horizont, über den sich der Sackleinenhimmel wie eine gigantische Kapuze stülpt.
Ich drehe mich einmal um die eigene Achse. Ãberall bietet sich mir das gleiche Bild. Nur der unendliche rote Grund und der graue gewebte Himmel.
Nein.
Dort, ganz in der Ferne erkenne ich einen kleinen weiÃen Punkt. Er wartet auf mich. Er will, dass ich zu ihm komme. Woher ich das weiÃ, erschlieÃt sich mir nicht. Ich weià es einfach, so wie ich weiÃ, dass Wasser flüssig ist und Stein hart.
Ich laufe auf den weiÃen Punkt zu, und mit jedem Schritt wird er gröÃer und heller. Bald zieht er sich in die Länge und formt eine Gestalt, in ein weiÃes Tuch gehüllt, von innen heraus leuchtend. Die Gestalt kommt zu mir. Ich beschleunige meinen Schritt, mein Atem geht immer schneller. Die Gestalt wird gröÃer, und ich kann noch mehr Einzelheiten erkennen. Ihr weiÃes Gewand weht um sie wie Flügel, ich sehe ihre nackten FüÃe, ihre goldenen Haare. Trockene Tränen stehen in meinen Augen und brennen. Da verschwindet die Gestalt spurlos, als sei sie nie dagewesen. Ich bleibe bestürzt stehen und wende mich nach allen Seiten um. Sie kann doch nicht einfach so verschwinden ⦠Ich erschrecke nicht, und ich wundere mich auch nicht, als vor mir einer der Teufel erscheint, um ein Vielfaches gröÃer als jene, die ich gejagt habe, als diese Welt noch eine Aschenwelt war. Seine Fratze grinst. Er öffnet sein Maul und ich sehe die spitzen Zähne auf mich zukommen. Ich starre regungslos in seinen Schlund, seine Zähne umschlieÃen mich und er beiÃt zu, und ich spüre keinen Schmerz.
Und ich erwachte ein weiteres Mal.
Ich lag auf einem weichen Bett und schwitzte in eine dicke Daunendecke. Das kleine Zimmer, in dem das Bett stand, war in warmes Licht getaucht, das von zwei hübschen Wandstrahlern stammte. Neben mir stand ein metallenes Gestell mit einem Beutel voll durchsichtiger Flüssigkeit, die durch einen Schlauch tropfte, der sich unter meine Decke schlängelte. Von der mir gegenüberliegenden Wand blickte mich ein Fernseher mit seiner schwarzen Mattscheibe an, und zu meiner Rechten verdunkelte ein Vorhang das Fenster. Mein Zimmer war das nicht, soviel stand fest. Es roch nach Desinfektionsmittel, was meine letzten Zweifel vertrieb. Ich lag in einem Krankenhaus. Ich konnte mich aber nicht erinnern, wie ich hier her gelangt war.
Ich wollte aufstehen. Aber es ging nicht, ich konnte weder meine Arme noch meine Beine bewegen. Scheinbar hatte man mich mit Gurten an das Bett geschnallt. Ich stieà einen panischen Schrei aus.
Mir war heià und ich schwitzte, als wäre ich in einer Sauna, mit einer dicken Winterjacke an. Aber die Gurte hinderten mich sogar daran, die Decke wegzuschieben, die auf mir wie ein Brett lastete. Ich schrie um Hilfe, etwas Besseres fiel mir nicht ein. Und ich wurde gehört, denn im nächsten Moment ging eine Tür. In dem Zimmer wurde es kurz heller, dann schloss sich die Tür wieder und sperrte das Licht aus. An meinem Bett stand Dr. Uschasnik und sagte freundlich Hallo.
»Was soll das hier?« Ich war heiser und brachte kaum ein Wort heraus. »Wo bin ich hier, und wie bin ich hierher gekommen?«
»In Sicherheit«, sagte Uschasnik.
»In Sicherheit? Und warum bin ich dann wie eine Psychopatin ans Bett geschnallt?«
»Du bist keine Psychopatin, Johanna. Die Gurte sind nur zu deiner eigenen Sicherheit.«
Ich zog eine verständnislose Grimasse.
»Das ist wie beim Autofahren«, erklärte Uschasnik. »Erst gurten, dann starten.«
»Ich will aber nichts starten!«, erwiderte ich.
»Dies zu entscheiden liegt leider nicht mehr bei dir«, sagte er. »Wir haben den Drogenentzug mit
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