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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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meiner Tür, wenn ich sie gerade malte, dass es kein Zufall sein konnte. Ich ignorierte die Schmerzen und legte mein ganzes Können in Annes Bild. Doch als ich fertig war, tauchte sie immer noch nicht auf.
    Noch hier ein Strich und dort. Zurücktreten, betrachten, zur Tür schauen, ob Anne hereinkam. Noch ein Strich, nochmal zur Tür schauen. Es passierte nichts. Anne kam einfach nicht. Und mir tat mein Arm inzwischen so sehr weh, dass ich den Stift nicht mehr länger halten konnte.
    Ich musste mich ausruhen und setzte mich dafür aufs Bett. Nur nicht hinlegen, dann schlief ich womöglich gleich ein. Schön gerade sitzen bleiben, Musik hören, stumme Bilder im Fernseher anglotzen.
    Meine Augen brannten, ich musste sie von Zeit zu Zeit schließen, und mit jedem Mal immer länger. Ich riss sie wieder auf, wenn ich merkte, dass ich einzuschlafen drohte. Aber sie fielen von ganz alleine wieder zu. Bitte, Anne, komm endlich zurück. Vielleicht kam sie ja nicht mehr in das Klinikgebäude hinein, weil es zu spät war? Mir wurde heiß und kalt zugleich. Eine weitere Nacht ohne sie würde ich nicht überleben. Die Teufel warteten auf mich. Und diesmal würden sie mich kriegen und mich austrinken. Was würde danach geschehen? Wäre ich dann tot? Alles schwarz? Aus und vorbei? Oder würde ich ewig als ausgetrockneter Zombie durch die Aschenwelt wandeln müssen?
    Â»Anne«, flüsterte ich mit letzter Kraft. »Anne, komm zu mir. Bitte.«
    Sie kam nicht. Meine Augen brannten unerträglich, alles drehte sich um mich. Und dann schlief ich ein. Ich hatte den Kampf verloren.
    Ohne Umwege landete ich mitten in der Aschenwelt. – Ohne Asche. Ohne Ruinen. Keine Teufel zu sehen oder zu hören. Nur der flache, dunkelrote Linoleumboden, der sich in einer endlosen Weite verliert, der graue Sackleinenhimmel darüber und ich. Ich sollte mir einen neuen Namen für diese Welt ausdenken, überlege ich. Etwas ohne Asche. Aber das ist Galgenhumor.
    Die Totenstille legt sich auf mich wie ein splitteriges Brett und die Angst vor den Teufeln und meine vollkommene Hilflosigkeit ohne den Zauberrauch schnürt mir die Kehle zu. Ich gehe auf dem Linoleum ein paar Schritte und versuche, dabei kein Geräusch zu machen. Die Teufel sollen mich nicht entdecken.
    In weiter Ferne entdecke ich kleine, dunkle Flecken auf dem Boden. Ich beschließe, nachzuschauen, was dort liegt. Mir ist bewusst, dass ich damit wohl denselben Fehler mache wie all die dummen, neugierigen Mädchen in schlechten Horrorfilmen, die eben durch ihre Neugier in ihr Verderben laufen. Ich sollte besser in genau die entgegengesetzte Richtung der dunklen Flecke gehen. Aber ich tu es nicht.
    Die Flecken werden größer und nehmen nach und nach Formen an. Bald schon kann ich erkennen, dass es keine Teufel sind, die dort auf dem Boden kauern, sondern seltsame, leblose Gegenstände. Möbel, wenn ich mich auf diese Entfernung nicht täusche. Stühle und Tische, umgeworfen, verstreut auf dem Boden, als hätte ein Sperrmüllauto sie verloren. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, was diese Möbel in der Aschenwelt zu suchen haben. Aber es ist mir auch gleichgültig. Viel zu anstrengend, mir darüber Gedanken zu machen. Nutzlos.
    Ich gehe weiter über den Linoleumboden und schaue mich wachsam nach allen Seiten um. Es bleibt alles still und bewegungslos. Immer wieder sehe ich herumliegende Stühle und Tische. Sie erinnern mich dunkel an etwas. Aber ich komme nicht darauf, an was. In meinem Kopf bleibt es schwarz. Weiter. Schritt für Schritt. Mein Blick wandert umher, ich schaue zurück, bleibe stehen, lausche. Nichts. Allmählich entspanne ich mich.
    Bin ich nun plötzlich vollkommen alleine hier? Fast wäre es mir lieber, wenn sich die Teufel endlich zeigen würden. Lieber tot als für alle Ewigkeiten durch diese trostlose Welt streifen. Eine endlose Abfolge des immer gleichen Bildes. Ich könnte genauso gut auf einer Stelle stehen bleiben. Das Wandern verändert nichts, nicht an der Welt, nicht an mir. So geht es weiter, immer auf den unendlichen, immergleichen Horizont zu. Kein Anfang, kein Ende. Ein dunkler Faden zwischen Linoleum und Sackleinen.
    Ich nehme den Faden ins Visier und halte meinen Blick fest auf ihn gerichtet. Ich werde so lange geradeaus gehen, bis sich irgendetwas verändert. Vielleicht endet diese Welt plötzlich, wie eine Scheibenwelt, und ich falle in die

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