Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ascheträume

Ascheträume

Titel: Ascheträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio Temporin
Vom Netzwerk:
klarmachen, dass die DVD eine große Errungenschaft der Menschheit war.
    Ich drückte auf den Aufnahmeknopf und ging in mein Zimmer. Ich machte den Computer an. Ich wollte über Ray Pitbury recherchieren. Ich gab den Namen bei Google ein, bekam aber nur wenige Treffer. Was für eine Enttäuschung! Wie es schien, hatte es diesen Schriftsteller nie gegeben.
    Ein wenig entmutigt checkte ich meine Mails. Ich hatte zwei bekommen, beide waren von einem gewissen Mr. Spectre , aber es stand nichts drin. Ich löschte sie. Die Aschewelt nahm zu viel Raum in meinem Kopf ein, um noch klar über irgendetwas anderes nachzudenken.
    Solange ich unterwegs gewesen war, waren die grauen Bilder weit weg gewesen, aber nun, allein vor dem Bildschirm, drangen sie nach und nach wieder in mein Zimmer, wie Rauch, der unter einer Tür hindurchkroch.
    Ich klickte wieder auf Google, kniff die Augen zusammen und tippte mit einem Finger »Aschewelt«. Dann drückte ich auf »Suchen«. Zahlreiche Seiten wurden angezeigt, aber keine schien etwas mit mir zu tun zu haben.
    Also gab ich auch diesen Versuch auf und stieß meinen Stuhl mit den Füßen vom Schreibtisch weg. Er drehte sich um sich selbst.
    In Bezug auf Ray Pitbury hielt ich es für das Beste, in einer Buchhandlung nachzufragen. Was das Cinerarium anging, blieben die Iris meine einzige Möglichkeit.
    Ich warf einen Blick auf die Blumen, die neben mir standen und die ich tags zuvor verwendet hatte. Sie waren vertrocknet. Irgendwie welkten sie während meiner »Reisen«.
    Ich wollte so schnell wie möglich wieder ins Cinerarium zurückkehren und Nate treffen. Zu zweit würden wir es vielleicht schaffen, ein paar nützliche Informationen zusammenzutragen. Außerdem wollte ich ihn wiedersehen. Ich hatte das Gefühl, wir hätten etwas nur zur Hälfte beendet. Um was es sich dabei handelte, einen Streit, oder etwas anderes, wusste ich nicht.
    Ich schaute auf die Uhr und sah, dass es zu spät war, um einen offenen Blumenladen zu finden. Ich würde das Ganze wohl sein lassen müssen. Plötzlich sah ich auf dem Boden neben dem Schreibtisch eine Iris liegen.
    Ich hob sie schnell auf und fühlte mich unverhofft gut. Sie musste mir am Tag zuvor hinuntergefallen sein. Sie war in einem sehr schlechten Zustand und brauchte Wasser. Ich strich über die Blütenblätter, die sich anfühlten wie nasses Papier.
    Ich wusste nicht, ob es klappen würde, also roch ich an der Blume, um zu prüfen, ob sie noch ein bisschen Duft verströmte.
    Diese spontane Bewegung katapultierte mich weit weg in eine andere Welt.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, roch ich noch den Duft der Iris, der mir auf der Haut kribbelte. Ich rechnete mit einem hellen Licht, doch dieses Mal empfing mich Dunkelheit. Ich war wohl innerhalb eines Gebäudes erwacht.
    Ich hustete. Ruß verpestete die Luft.
    Ich stand vom Boden auf und versuchte zu begreifen, wo in aller Welt ich gelandet war. Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren. Mir pfiffen die Ohren, vielleicht war ich aus großer Höhe gefallen.
    Es war nicht Nates Schiff. Das wäre mir lieber gewesen, zumindest hätten wir uns dann gleich getroffen. Die Wände, die mich umgaben, schienen aus Ziegelsteinen zu sein.
    Ein Pech, dass ich nicht wählen konnte, an welcher Stelle ich auftauchte, wenn ich ins Cinerarium reiste!
    Ich sah mich um. Ich erwartete fast, Nate hier sitzen und auf mich warten zu sehen. Ich wusste, dass er auf mich wartete.
    In diesem Augenblick fragte ich mich, ob die Zeit hier genauso schnell verging wie in der realen Welt. Wer weiß? Vielleicht dauerte hier ein Tag hundert Jahre … Vielleicht hatte Nate mich vergessen, oder vielleicht war er tot …
    Wieder hustete ich und vertrieb diese sinnlosen Gedanken.
    Das einzige Licht hier drin drang durch die verbrannten Fensterläden. In der Luft schwebte dunkler, feiner Staub: Asche wie alles andere.
    Ich hatte das Gefühl, mich im Netz einer Riesenspinne zu befinden.
    Nate hatte gesagt, er wisse nicht, wie lange er sich noch wehren könne. Wogegen? Ich kam nicht umhin, mich das zu fragen. Gegen wen?
    Als ich erwachte, hatten mich die Aschemenschen nicht angegriffen. Vielleicht wohnte hier etwas, etwas sehr viel Bedrohlicheres, das ihnen Angst machte? Ich wollte so schnell wie möglich hier raus, hier drinnen bekam ich Gänsehaut. Unsicher machte ich ein paar Schritte.
    Ich ging langsam, wobei ich darauf achtete, auch nicht das leiseste Geräusch zu machen und sah mich ständig um. Vor mir lag ein langer Korridor voller

Weitere Kostenlose Bücher