Ascheträume
trat auch wieder Stille ein. Von dem großen Tornado blieb keine Spur, es sei denn ein paar winzige Partikel, die kurz darauf auf den Boden zurückfielen.
»Thara!«, hörte ich jemanden rufen.
Immer noch benommen und mit pfeifenden Ohren drehte ich mich zu Susan um.
Sie und die Kleine waren ängstlich aus ihrem Versteck gekrochen.
»Ist es vorbei?«, fragte sie mich.
»Ja.« Ich versuchte ihnen ein wenig Standfestigkeit zu demonstrieren. »Ja, es ist vorbei.«
Susan stand auf, und ich ging ihr entgegen.
»Was … was, zum Teufel, ist passiert? Wo ist Clayton?«, fragte sie, ihr Blick war angsterfüllt.
»Ihm ist nichts Schlimmes zugestoßen«, beruhigte ich sie. »Er ist in seinen Körper zurückgekehrt.«
Susan seufzte erleichtert auf.
»Gott sei Dank! Ich dachte schon, dass … Ich weiß nicht, was ich gedacht habe.«
Ich lächelte und strich der Kleinen übers Haar. Sie drückte das Häschen an ihre Brust. Ihre Augen waren gerötet von der Asche und den Tränen, die nun versiegt waren.
»Das geschieht auch mit euch, wenn ihr zurückkehrt. Es ist nicht schlimm«, sagte ich zu Penny und wischte ihr eine Träne von der Wange.
Die Kleine klammerte sich an das Bein ihrer Schwester und hörte uns weiter zu.
»Aber …«, Susan blickte sich besorgt um, »wer beschützt uns denn jetzt? Ich will hier nicht allein mit der Kleinen sein. Meinst du …«, fragte sie hoffnungsvoll, »meinst du denn, Nate würde hier bei uns bleiben, nachdem Clayton nun weg ist?«
Ich zuckte zusammen. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Ich wäre gern selbst bei ihnen geblieben, aber ich wusste, dass das nicht ging. Also wäre es wohl am besten, wenn Nate sie beschützte. Andererseits wusste ich nicht, ob es klug war, ihm die Verantwortung für die beiden Mädchen zu übertragen, nachdem er sich so unreif verhalten hatte.
»Ich werde ihn fragen«, sagte ich automatisch. Ich wollte nicht, dass sie sich noch verlorener fühlten, als sie es ohnehin schon waren. »Versucht euch in der Zwischenzeit in Sicherheit zu bringen.«
»Kannst du ihn nicht gleich fragen?«, beharrte Susan.
»Ich weiß nicht, wo er ist.«
Wenn sie noch weiter insistiert hätte, hätte ich ihr erzählen müssen, was geschehen war, und das wollte ich nicht.
»Aber woher weißt du, dass man durch den schwarzen Mond hindurch in seinen Körper zurückkehrt? Hast du das schon mal gesehen?«, riss sie mich aus meinen Zweifeln.
»Nein, ich habe es in einem Buch gelesen, das ich hier gefunden habe«, sagte ich.
Ich hätte ihr gern noch mehr erzählt, um ihr zumindest das Gefühl zu geben, dass sie nicht ganz verloren war, und um die Situation ein wenig unter Kontrolle zu halten, doch genau in diesem Moment hörten wir hinter uns einen heiseren, verzweifelten Schrei.
Wir drehten uns um und sahen die schreckliche Szene, die sich uns darbot. Eine Aschekreatur hatte ihren makabren Auftritt. Sie stieg aus dem Inneren eines Karussellpferdes heraus. Mit der einen Hälfte ihres verkohlten Körpers drehte und wand sie sich, um auch ihre Beine herauszuziehen. Sie entstand aus der Asche des Karussells. Es war wahrlich ein schauerlicher Anblick.
»O mein Gott! Nein, nicht jetzt!«, stotterte Susan.
Die kleine Penny klammerte sich noch fester an Susans Bein und fing an zu weinen.
Ich sah zu, wie der Graue sich gegen das Karussellpferd stemmte, als sei er dort eingezwängt. Schließlich hievte er sich aus der aschigen Materie, aus der das Pferd bestand, und fiel auf den Boden. Mit lahmen Beinen kroch er vorwärts, und erst als er sich von dem Karussell heruntergeschleppt hatte, versuchte er aufzustehen.
Wieder hörten wir ein lautes Krächzen, und blickten zum Dach des Karussells. Dort oben wiederholte sich eine ähnliche Szene. Zwei weitere Kreaturen erhoben sich wie Tote aus ihren Gräbern.
Wir wichen zurück. Automatisch stellte ich mich vor die Mädchen. Ich wusste, dass ich nichts tun konnte, aber ich fühlte mich verpflichtet, es wenigstens zu versuchen.
Die Grauen purzelten von dem schrägen Dach des Karussells herunter und fielen wie staubige Teppiche auf die Erde.
Wir dachten an Flucht, doch nun sprossen die Kreaturen auch hinter uns aus dem Boden, und es wurden immer mehr. Ein paar schleppten sich hinter dem Schießstand hervor und hielten sich am Tresen fest, andere kamen aus der Wand der Geisterbahn.
»Was sollen wir jetzt tun, Thara?«, schrie Susan.
Ich wusste es nicht, aber ich wollte ihr eine Antwort geben.
»Zur Achterbahn!«, rief
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