Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
daran, wie Gemma seinen Mantel mitgenommen hatte. Wie sie ihn im Unterricht anlächelte. Seit der Grundschule waren sie befreundet. Tagein, tagaus hatten sie dieses bescheuerte Brettspiel gespielt, einen ganzen Sommer lang.
Und nun war sie tot.
»Parvati, bitte. Ich will nur meine Freundin retten.«
»Es tut mir leid, Ash.« Als hätte der Nebel diese Worte geraunt, war es unmöglich auszumachen, woher genau sie kamen. »Aber Gemma ist fort. Alles, was Savage wiederbringen könnte, wäre ein Monster.«
»Nicht mit dem richtigen Mantra. Das von dem Schwarzen Mandala.«
Parvati lachte ein grausames und gleichzeitig trauriges Lachen. »Das Schwarze Mandala ist die Quelle der Macht meines Vaters. Savage würde damit sicherlich nicht nur den Brahma-Aastra erwecken, sondern alle übrigen Zauber erlernen wollen. Dann wäre er genauso groß, genauso furchtbar wie Ravana, ein Herrscher über die Wirklichkeit. Er hat dich nur benutzt, Ash. Verstehst du das nicht?«
Er fühlte sich verloren. »Aber Gemma …«
Langsam trat Parvati vor ihn. Mit jedem Schritt wallte neuer Nebel auf. Das Urumi baumelte lose in ihrer Hand. »Das Schwarze Mandala sollte bleiben, wo es ist.« Sie ließ die Waffe fallen. »Doch die Entscheidung liegt bei dir.« Parvati berührte seine Wange. »Lass sie gehen, Ash. Dir und ihr zuliebe.«
»Ich …«
Stein barst, so laut und markerschütternd, als hätte eine Kanonenkugel eingeschlagen. Riesige Marmorbrocken flogen durch die Luft und rissen Ash von den Füßen. Schwer getroffen brach er zusammen. Als er versuchte aufzustehen, rann ihm heißes Blut über den Rücken. Ein grauenhafter Schmerz fuhr in seine Wirbelsäule. Augenblicklich brach er wieder zusammen.
Krachend bildeten sich auf der Säule vor ihm lauter kleine Risse, bis sie schließlich splitterte. Quälend langsam stürzte sie in sich zusammen. Staub rieselte zu Boden, während blaue elektrische Funken die fallende Säule umzuckten und kleine Stücke aus ihr lösten, die wie die Vorhut einer Lawine zu Boden trudelten.
Unfähig sich zu rühren, schaute Ash gebannt zu, wie die Säule einstürzte. Er kämpfte sich auf die Knie, doch unaufhaltsam kam ihr Schatten näher, eine immer schneller werdende dunkle Masse, die Ash nur hilflos anstarren konnte. Er würde es nicht schaffen.
Dann wurde er von Parvati gepackt und mit einem harten Ruck aus dem Fallbereich des Pfeilers befördert. Die Wucht riss ihn abermals von den Füßen und der Lärm brachte sein Trommelfell fast zum Platzen. Nicht einmal seine eigenen Schreie hörte er mehr.
Aus Dutzenden von Schnitten tröpfelte Blut seinen Oberkörper und seine Glieder hinab. Keuchend lag Ash auf dem staubbedeckten Boden. Er tastete seinen Rücken ab, bis er auf eine Marmorscherbe stieß und anzog. Er biss die Zähne zusammen, als die Kanten seine Haut noch weiter einrissen. Dann, endlich, kam die Scherbe frei und Ash keuchte erleichtert auf. Mühsam rappelte er sich hoch. Noch war er nicht tot. Er biss sich auf die Lippe und zupfte kleine Splitter aus seinen Armen.
Zu allen Seiten fielen Säulen wie abgesägte Bäume zu Boden. Große Risse bildeten sich in der Decke, aus denen sich Fontänen aus Salzwasser ergossen, die mit jeder Sekunde größer wurden, während immer mehr Steinbrocken sich lösten. Lange würde der Saal nicht mehr standhalten. Schon reichte Ash das Wasser bis zu den Knien.
Ash trat auf die Säule zu, die ihn um ein Haar erschlagen hätte, und wischte sich den Schmutz aus dem Gesicht. »Parvati?«
Eine gigantische Staubwolke hüllte Steinbrocken ein, die so groß waren wie Autos. Der Boden darunter war zerklüftet wie eine zu Eis erstarrte Sturmwelle.
Ash entdeckte ein metallenes Schimmern und hob das Urumi auf. Zwei der Klingen waren abgerissen und die beiden restlichen waren von den Trümmern verbeult und zerkratzt worden. Er fiel auf die Knie und blickte verzweifelt auf den unbeweglichen Schutt. »Parvati?«
Kapitel 52
Eilige Schritte näherten sich ihm. Staub und Nebel teilten sich und gaben den Blick auf Vibheeshana frei. Er starrte zuerst Ash, dann die Waffe in seiner Hand an. Augenblicklich ließ Ash das Urumi fallen.
»Sie ist eingesperrt«, erklärte Ash, während er versuchte, einen großen Steinbrocken zu bewegen. Sie musste darunter eingesperrt sein – alles andere war zu furchtbar, um auch nur gedacht zu werden. Der Schweiß rann ihm in Strömen über die Haut, er schob mit aller Kraft, doch der Marmor rührte sich keinen Millimeter. »Hilf
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