Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
dass Ash beinahe aus seinem Sessel geworfen wurde. Der Leuchter schwang klimpernd vor und zurück und im Rumpf klapperte etwas. Ash hoffte, es war nichts Wichtiges, das sie brauchten, um in der Luft zu bleiben und nicht in Flammen aufzugehen.
»Den Teil hatte ich vergessen«, murmelte er und krallte sich an den Armlehnen fest.
Kapitel 14
Warum konnte er im Bus, im Zug und sogar auf dem Fahrrad einschlafen, aber nicht im Flugzeug? Eingewickelt in eine Decke rutschte Ash in seinem Sessel herum und versuchte, eine bequeme Schlafposition zu finden. Vergeblich. Das stete Dröhnen der Propeller erfüllte die Kabine. Ash sah sich um. Hinter den kleinen runden Bullaugen war es finster. Er fragte sich, wo sie gerade waren.
John lag leise schnarchend auf dem Boden. Khan war inzwischen wieder wach und verdrückte ein großes Stück Lamm. Aus dem noch sehr rohen Fleisch rann roter Saft und tropfte an seinem Kinn herab, während die Knochen krachten. Khan riss einen Streifen Fleisch ab und bot ihn Ash an.
Der schüttelte den Kopf.
Parvati schlief. Seit sie sich auf dem Sofa ausgestreckt hatte, hatte sie sich kein einziges Mal gerührt. Der Kronleuchter an der Decke klimperte leise und sein matter Lichtschein tauchte Parvatis Haut in kränkliches Gelb. Oder vielleicht lag es gar nicht am Licht. Die Schuppen in ihrem Gesicht schälten sich und die Haut schien sich über den Knochen zu spannen. Plötzlich hoben sich ihre Lider einen winzigen Spaltbreit und ein fiebriges Grün blitzte hervor.
»Parvati, was ist los?«
Parvati bemühte sich, sich aufzusetzen. Als sie die Decke zurechtrückte, erhaschte Ash einen Blick auf den knochigen Körper darunter. Wie hatte sie in so kurzer Zeit so viel Gewicht verlieren können? Als sie hustete, rasselte es in ihren Lungen. Zu erschöpft, um zu sprechen, sank sie in ihre Polster zurück.
Ash erblickte überall auf ihrem Körper goldene Todeslichter.
Khan legte eine Hand auf Ashs Schulter. »Wenn wir erst in Indien sind, wird es ihr besser gehen.«
Gemeinsam liefen sie zum hinteren Ende des Flugzeugs, wo Parvati sie nicht hören konnte.
»Was ist denn los mit ihr?«, fragte Ash.
Khan machte ein verwundertes Gesicht. »Ich dachte, das weißt du. Das kommt vom Koh-i-Noor.«
»Dem Aastra?«
»Natürlich. Rakshasas dürfen die Werkzeuge der Götter nicht besitzen. Sie wurden geschaffen, um gegen uns eingesetzt zu werden. Der Koh-i-Noor raubt ihr das Leben, weil sie nicht dazu ausersehen ist, ihn zu tragen. Überhaupt hat sie nur so lange durchgehalten, weil sie teils menschlich ist.«
»Wo ist er?«
»Sie trägt ihn um den Hals.«
»Dann nehme ich ihn ihr eben ab.« Doch als Ash auf Parvati zuschritt, hielt Khan ihn zurück.
»Nein, das kann ich nicht zulassen.« Khan zog die Augenbrauen zusammen. »Ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht will, dass du ihn bekommst. Ist es für dich nicht schon schwierig genug, der Kali-Aastra zu sein?«
Ash wich dem Blick des Tigers aus. »Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Nur weil ich so verdammt gut aussehe, heißt das noch lange nicht, dass ich dumm bin.«
Ash schnaubte. »Wer behauptet, dass du gut aussiehst?«
Khan verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe gehört, dass du schlecht träumst.«
»Ist ja kein Wunder. Jeder hat mal Albträume.«
Khan schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht solche wie du. Es wird schlimmer werden. Die Vergangenheit wird immer realer, bis du sie nicht mehr von der Gegenwart unterscheiden kannst. Was du bist, Ash Mistry, wird vergehen und stärkeren, fordernden Seelen Platz machen. Vor allem solchen wie Ashoka.«
»Augenblick«, mischte John sich ein, der sich auf einem seiner Ausflüge vom Klo zu ihnen gesellte. »Du warst Ashoka? Der Fürst Ashoka?«
Ash nickte.
Fasziniert setzte John sich ihm gegenüber. »Cool.«
»So super war das gar nicht«, gab Ash zu.
Khan nahm eine Wasserflasche und schraubte mit einer flinken Bewegung den Verschluss ab. In einem einzigen Zug leerte er sie. »Weißt du, was sein Name bedeutet?«
»Nein. Hab nie darüber nachgedacht.«
»Ohne Reue.« Schmatzend warf Khan die Flasche beiseite. »Ich habe in meinen Leben schon viele blutdurstige Menschen getroffen, aber Ashoka war eine Klasse für sich.«
»Das stimmt nicht. Er war ein großer Mann. Ein Herrscher«, protestierte John. »Jeder weiß das.«
»Oh, ich behaupte ja nicht, dass das nicht stimmt. Aber um ein Reich zu gründen, gibt es nur einen Weg, kleiner Mann«, sagte Khan. »Und zwar indem man absolut jeden
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