Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
denn?«
»Willst du das wirklich wissen?«
»Natürlich nicht, aber jetzt hast du schon damit angefangen. Wie kann ich es da nicht wissen wollen?« Ash hielt inne. »Wie übel war es denn? ›Hoppla, Kapitän, den Eisberg da hab ich übersehen – haben wir genug Rettungsboote?‹ – die Art von Dummheit?«
Parvati betrachtete die Sterne. »Ich stand damals im Dienst von Penthesilea, der Königin der Amazonen. Prinz Paris hatte uns um Hilfe gebeten, um Troja gegen die Griechen zu verteidigen.«
»Du warst in der Schlacht um Troja?«
»Genau wie du. Du warst einer der Söhne von König Priamos – welcher genau, weiß ich nicht mehr. Er hatte fünfzig. Jedenfalls schienen die Kämpfe so gut wie vorbei zu sein. Achilles war tot und die Griechen hatten keine Hoffnung mehr. Als wir eines Tages über die Stadtmauern spähten, war die gesamte Armee fort. Zurückgeblieben war nur ein riesiges Pferd aus Holz – ein Geschenk für Poseidon, den Gott der Meere, damit er ihnen eine gute Heimreise schenkte.«
»Gleich kommt’s«, meinte Ash.
Parvati tippte sich gegen das Kinn. »Was hast du damals gleich gesagt? Lass mich überlegen …« Sie schnippte mit den Fingern. »Genau. Du hast gesagt: ›Wie hübsch! Das holen wir uns. Das wird sich gar allerliebst auf dem Marktplatz machen.‹«
Wow. Er hatte bei Troja gekämpft. Cool. »Wir haben schon eine Menge zusammen durchgemacht«, sagte Ash.
Parvati nickte und drückte seine Hand. »Und am Ende haben wir es immer geschafft.« Sie winkte einen der Rakshasas zu sich. Der Dämon, ein kleiner Junge mit Schnurrhaaren und zuckenden Ohren, huschte zu ihr und berührte ihre Füße. »Und jetzt ruh dich aus und geh schlafen. Bald wird es anstrengend für uns. Bhavit wird dir dein Zimmer zeigen.«
Kapitel 17
Die Tage vergingen und noch immer fanden sie keine Spur von Savage. Und das, obwohl Parvati nicht nur ihre Rakshasas auf die Suche geschickt hatte, sondern auch andere, die ihr halfen: Bettler, Rikscha-Fahrer, Marktschreier. Die Unterdrückten der Stadt wurden nicht beachtet und gaben aus genau diesem Grund die besten Spione ab. Ash sah zu, wie sie zu Parvati strömten, ihre Füße berührten und ihr Geschenke darboten. Ein alter Priester brachte ihr einen Käfig voller weißer Mäuse. Diese Seite von Parvati hatte Ash bisher nicht kennengelernt – die Adlige. Die Anführerin. Die Verehrte. Doch trotz all der Augen und Ohren, die für sie nach Savage suchten, gab es keine Neuigkeiten.
Hatte Monty sie angelogen? Möglicherweise war Savage Tausende von Kilometer weit weg in einem anderen Land und schmiedete Pläne, während sie im feuchten, modrigen Herzen Kalkuttas verrotteten.
Ash lernte mehr über den Engländer und seine Magie. Er erfuhr, wie Savage mit der Ostindien-Kompanie im späten achtzehnten Jahrhundert ins Land gekommen war und sich innerhalb der Handelsgesellschaft mithilfe von Morden und Diebstählen nach oben »gearbeitet« hatte, bis er schließlich Parvati kennenlernte. Er hatte ihr die Schriftrollen ihres Vaters abgeluchst und eine Karriere als Schwarzmagier begonnen.
Einige der Rakshasas verstanden sich ein wenig auf Magie. Mahout, der große Elefant, beherrschte zwei der Zauberkünste. Von ihm lernte Ash das ein oder andere über die zehn Zauber.
Vier davon beruhten auf den vier klassischen Elementen: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Beherrschte ein Zauberer beispielsweise die Luft, konnte er fliegen, mit den Vögeln sprechen und, falls er begabt genug war, sogar das Wetter kontrollieren. Dann gab es vier weitere Zauberkünste, beruhend auf Blut, Gelber Galle, Schwarzer Galle und Schleim. Systematisch erfasst worden war diese Viersäfte-Lehre im antiken Mesopotamien. Ihre vier Elemente kontrollierten Geist, Körper und Gefühle aller Lebewesen. In einigen davon war Parvati eine wahre Expertin, was auch ihre Hypnose-Künste erklärte. Die letzten beiden Zauber betrafen Raum und Zeit. Ein Meister des Raums konnte sich teleportieren, was Ash verdammt cool fand. Man käme nie wieder zu spät zur Schule. Die Experten stritten sich darüber, ob man die verschiedenen Künste in einer bestimmten Reihenfolge erlernen musste, aber alle waren sich einig, dass die Herrschaft über die Zeit die mächtigste und auch gefährlichste von allen war.
»Hat es denn jemals einer geschafft, die Zeit zu kontrollieren?«, fragte Ash Mahout. »Und es tatsächlich gemacht?«
»Wie sollten wir das wissen?«, antwortete Mahout. »Wie kann man wissen, ob die Vergangenheit
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