Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
vertreten. Gute Nacht, Ash.«
Also dieses Gespräch war mächtig in die Hose gegangen. Ja, Gemma war tot, doch Ash konnte es einfach nicht auf sich beruhen lassen. Enttäuscht und viel zu aufgewühlt zum Schlafen, stellte Ash seine Schale beiseite und gesellte sich zu Parvati.
»Du siehst schon viel besser aus«, sagte er. Noch war Parvati nicht die Alte, doch ihr Teint war bereits wieder gleichmäßig und makellos und ihr Haar war nicht mehr matt und spröde, sondern so geschmeidig und schwarz wie die Schwingen eines Raben. »Was macht ihr?«
Auf einem Sarkophag lag ein Stadtplan ausgebreitet. Mahout hielt einen Stift im Rüssel und malte rote Punkte auf die Karte.
Parvati zeigte auf die Markierungen. »Wenn meine Informationen stimmen, ist Savage an einem dieser Orte.«
»Das müssen über hundert sein.«
»Hundertdreiundfünfzig«, sagte Mahout. »Bibliotheken, Militärgebäude, Krankenhäuser. Banken. Ein paar Fabriken. Alle stehen in Verbindung mit der Savage-Stiftung. Wenn wir gründlich genug suchen, finden wir ihn.«
»Und ihr seid euch sicher, dass ihr nichts vergessen habt?«, fragte Ash.
»Ich vergesse nie etwas.«
»Wie lange werdet ihr dafür brauchen?«
»So lange wie nötig«, sagte Parvati. »In dieser Stadt leben fünfzehn Millionen Menschen, Ash. Wir müssen Geduld haben.«
»Und was ist mit dem Koh-i-Noor? Wo ist er überhaupt?« Der kleine Seidenbeutel war verschwunden.
»Da drin.« Parvati tippte mit den Nägeln auf den steinernen Deckel des Grabes.
»Jetzt warte mal«, sagte Ash. Er blickte den großen Elefanten an. »Weißt du, was für ein Aastra der Koh-i-Noor ist? Weiß das irgendjemand hier?«
Mahout schüttelte den massigen Kopf, sodass seine Ohren schlackerten.
»Wirklich? Niemand?«
»Tut mir leid, Ash«, sagte Parvati. »Der Koh-i-Noor ist nur ein Köder, verstehst du?«
Ihm wollte nur nicht in den Sinn, dass keiner wusste, wozu der Aastra fähig war. Der Koh-i-Noor war der berühmteste Diamant der ganzen Welt und die Rakshasas waren ihm in ihren früheren Leben sicherlich begegnet. »Hast du nicht für den Maharadscha von Punjab gearbeitet? Ihm hat er doch gehört, oder?«
»Keiner weiß, wie man den Diamanten erweckt, Ash. Warum lässt du es nicht endlich gut sein?«
»Aber sollte man nicht wenigstens versuchen herauszufinden, was er macht? Es könnte hilfreich sein.«
»Wozu? Es ist nicht wichtig.«
»Nicht wichtig? Gemma musste dafür sterben.«
»Wenn du willst, dass ich mich noch einmal dafür entschuldige, dann hör zu: Es tut mir leid«, sagte Parvati. »Aber niemand kann an ihrem Tod etwas ändern. Konzentriere dich darauf, was wichtig ist, und lass endlich deine Schuldgefühle hinter dir. Wir alle machen Fehler, trotzdem müssen wir weitermachen. Vergiss sie.«
Sie vergessen? Von allen falschen Antworten hatte Parvati eindeutig die falscheste gewählt. »Schon klar, ich weiß, dass dir das vollkommen egal ist, aber wir reden hier immerhin über Gemma . Sie hatte eine Familie, Menschen, die sie geliebt haben. Sie war nicht wie du.«
Plötzlich war es gefühlte zwanzig Grad kälter. Parvati erdolchte Ash mit ihren Blicken und marschierte mit Mahout im Schlepptau davon.
Khan stieß lang gezogen die Luft aus. Ash hatte nicht bemerkt, dass er die ganze Zeit am Eingang gestanden hatte. »Meisterhaft gehandhabt, Ash.«
»Wolltest du nicht spazieren gehen?«
Khan grinste. »Und den ganzen Spaß verpassen? So wütend habe ich Parvati selten gesehen.«
»Warum ist sie wütend?« Ash verpasste dem Stein einen Fausthieb. » Ich bin wütend. Ich bin den ganzen weiten Weg hierhergekommen und sie verschweigt mir etwas.«
»Und das wäre?«
»Etwas über den Koh-i-Noor.« Es war wie eine juckende Stelle, die er nicht erreichen konnte. Warum wusste keiner, um was für einen Aastra es sich handelte? Und warum wollte es keiner herausfinden? Savage war dahinterher, also musste er wichtig sein. »Ich wüsste zu gerne, was in Parvati gefahren ist.«
»Lass dir euer Gespräch von eben bei Gelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen, dann kommst du vielleicht drauf. Es mag dich überraschen, doch obwohl sie ein Killer, eine Dämonenprinzessin und Ravanas Thronerbin ist, ist Parvati ziemlich sensibel. Schätze, das liegt an ihrer menschlichen Hälfte.«
»Sie ist viertausend Jahre alt. Sie hat ganze Königreiche kommen und gehen sehen. Zeit bedeutet ihr gar nichts.«
»Für uns vergehen die Jahre genauso langsam wie für euch. Und den Großteil dieser vier
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