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Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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Erinnerungsbruchstück aus einem vergangenen Leben mit dem nächsten ab, jedes immer nur sekundenlang. Er durchlebte sie, roch die Leichen, schmeckte das Blut, genoss das Gemetzel. Die dunklen Träume füllten all seine schlafenden Stunden, um bei Sonnenaufgang wie Feiglinge zu türmen. In Ash brodelte die Gier nach Blut. Einmal erwachte er aus einem Traum, der so lebhaft war, dass er ins Freie eilte und sicher war, überall tote Rakshasas zu finden. Danach wusch er sich erbittert die Hände, um sich von dem Blut zu säubern, das in seinen Albträumen vergossen wurde.
    Er brauchte Hilfe, das stand fest.
    Vielleicht war es ein Fehler gewesen herzukommen. Kalkutta war die Stadt Kalis. Der Legende nach war sie in sämtliche Gliedmaßen zerteilt worden und ihr Zeh war hier in den Fluss gefallen – an einen Ort, den man in Gedenken an die Geschichte Kali-Ghat nannte. Und von Kali-Ghat stammte der Name Kalkutta ab.
    Die Verehrung Kalis durchtränkte den inneren Kern der Stadt. Ihre Abbildungen waren überall und eine Menge Statuen und Tempel waren ausschließlich ihr gewidmet. Ash war an dem Haupttempel ihres Kultes aus dem neunzehnten Jahrhundert vorbeigegangen, wo Tag für Tag eine Ziege über dem Schrein geköpft wurde, um Kalis Statue in Blut zu baden. Noch vor hundert Jahren hatten sie an derselben Stelle Menschen geopfert.
    An seinem vierten Tag in Kalkutta wachte Ash schlecht gelaunt auf. Noch während er sich aus seiner Hängematte wälzte, schlüpfte er in seine Sandalen und leerte gierig seine Wasserflasche.
    »John?«, rief er. Sie hatten vorgehabt, sich heute zum Fort William aufzumachen und eine weitere Reihe von roten Punkten auf Mahouts Karte zu untersuchen.
    »Ist nicht hier«, sagte Parvati. »Ich glaube, er ist kein großer Fan davon, zwischen uns Rakshasas zu schlafen. Kann ich mir gar nicht erklären.« Sie saß auf dem Dach des Mausoleums, das Ash als Schlafzimmer benutzte.
    »Wie lange bist du schon da oben?«
    Sie sprang herunter und kam mit gerunzelter Stirn auf ihn zu. »Du siehst nicht gut aus.«
    »Danke«, erwiderte Ash. Nun, da Parvati den Koh-i-Noor nicht mehr bei sich trug, war sie fast wieder die Alte. Gut, ihre dämonische Seite war stärker sichtbar als gewöhnlich, doch Ash fragte sich, ob das vielleicht weniger mit dem Diamanten oder ihrer dämonischen Natur zu tun hatte, als vielmehr damit, dass sie so viel Zeit mit anderen Rakshasas verbrachte. Vielleicht ließ sie sich etwas gehen, also im dämonischen Sinn. »Es wird immer schwieriger«, gab Ash zu. »Ich kann nachts nicht mehr schlafen.«
    »Wegen deiner früheren Leben? Wie geht es dir damit?« Parvati trat zu ihm und legte ihre Hand auf seine.
    »Ich komme mir vor, als würde ich im Regen stehen«, begann er. »Als würde es aus Eimern schütten und mich bis auf die Knochen durchweichen, nur ist jeder einzelne Tropfen eine andere Erinnerung. Es sind so viele, dass sie keinen Sinn mehr ergeben. Ich sehe Schlösser und Städte, die längst zu Staub zerfallen sind. Einige davon waren Orte, für die ich gekämpft habe. Andere habe ich abgefackelt. Und dann die Gesichter. Gesichter von Menschen, die ich bekämpft oder geschützt habe. Menschen, die ich retten wollte, ohne es zu schaffen. Parvati, ich wünschte, ich könnte das alles aus meinem Kopf schneiden. Ich habe schreckliche Dinge getan.«
    »Hast du irgendjemanden erkannt?«
    »Rishi war ein paarmal da. Als würde er mich durch die Geschichte hindurch immer wieder begleiten. Er und du.«
    »Du siehst mich?«
    »Dein Alter ändert sich, aber es gibt wohl nicht allzu viele Mädchen in der Welt, die halb Mensch, halb Kobra sind. Manchmal sind wir Freunde und manchmal … sind wir es nicht.« Ash seufzte. »Ich wünschte, Rishi wäre noch hier. Er wüsste, was zu tun ist.«
    Lange saß Parvati einfach nur da und hielt seine Hand. Dann atmete sie tief ein, als hätte sie eine Entscheidung getroffen. »Er hat es gewusst. Deshalb wollte er auch, dass du mit Ujba trainierst.«
    »Na ja, das war ja wohl nicht gerade seine beste Idee. Das Einzige, das ich bei Ujba gelernt habe, ist, wie man Schläge einsteckt. Eine Menge und besonders harte. Was für eine Art Lehrer soll das sein?«
    »Er hat dir das Kämpfen beigebracht, das bedeutet Schläge auszuteilen, genauso wie sie einzustecken.«
    »Manchmal haben sie mich so schlimm verprügelt, dass ich kaum mehr laufen konnte. Er hat zugelassen, dass seine kleinen Handlanger alle anderen im Lalgur terrorisiert haben. John hat er das Leben zur

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