Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
aufgewühlt. Seine Hand verkrampfte sich um den Schwertknauf. Als er weitersprach, flüsterte er mehr zu sich selbst: »Es muss einen geben.«
Er hat keinen blassen Schimmer. Genau, wie Khan vermutet hatte – Savages Suche nach Unsterblichkeit war töricht und für einen kurzen Augenblick hatte auch Ash sich davon blenden lassen. Savages einziger Antrieb war es, den Koh-i-Noor zu bekommen, obwohl er noch nicht einmal wusste, wie man ihn benutzte. Parvati hatte also die ganze Zeit über recht gehabt.
Ernüchtert sackte Ash in sich zusammen. Er hatte geglaubt, einen Weg gefunden zu haben, eine Niederlage in einen Sieg zu verwandeln. Er hatte geglaubt, es allen beweisen und Gemma zurückholen zu können, wie ein echter Held. Jetzt war seine letzte Hoffnung, Gemma wieder zum Leben zu erwecken, gestorben und dabei hatte er Savage den Sieg geradewegs in die Hände gespielt. Ash stemmte sich gegen den steinernen Griff, bis seine Muskeln vor Schmerz aufschrien, doch der Jagannatha rührte sich keinen Millimeter.
Savage tippte den Stein mit dem Schwert an. »Glaub mir, jeder Fluchtversuch ist völlig zwecklos.« Allein das Reden kostete ihn plötzlich so viel Kraft, dass er stolperte und gestürzt wäre, hätte Jackie ihn nicht gehalten. Savage keuchte und hechelte, stieß sogar einen kurzen, rauen Schrei aus, als sein Körper anschwoll und sich veränderte. Seine Wirbelsäule trat unter der Anzugjacke deutlich hervor und auf dem Kopf bildeten sich Beulen aus. Dann, so abrupt wie sie gekommen waren, schrumpften die Missbildungen wieder und Savages Körper nahm unter heftigem Schnaufen wieder seine normale, gebrechliche Form an. Böse stierte er Ash an. »Siehst du, was du angerichtet hast? Ich habe mehr Macht als je zuvor, doch mein Körper kann sie nicht in Schach halten. Mehr Magie, als sterbliches Fleisch verkraften kann.«
»Kann nicht behaupten, dass ich deswegen ein schlechtes Gewissen hätte.« Ash hielt dem Blick des Engländers stand. »Dann wird der Koh-i-Noor Sie also reparieren. Und was dann?«
»Und wie der Bösewicht in einem Comic soll ich dir jetzt alles verraten?« Savage schüttelte den Kopf. »Nein. Du sollst gerade so viel wissen, dass alles, was folgt, nur deshalb eintritt, weil du versagst. Bei unserem letzten Zusammentreffen ging die Runde an dich. Doch das war reines Anfängerglück.«
»Glück war, dass Sie damals überhaupt noch davongekommen sind.«
Savage schäumte vor Wut, sagte aber nichts.
»Dann war’s das jetzt? Sie töten mich? Zerhäckseln mich mit Ihrem Schwert?«
»Dich abstechen wie ein Schwein? Nach allem, was wir gemeinsam durchgemacht haben?« Savage wedelte mit seiner schmalen Klinge. »Nein, für dich schwebt mir etwas wesentlich Besseres vor.«
Kapitel 29
Der Jagannatha drehte das Handgelenk und rammte Ash in den Boden. Ash wand sich, als die Finger sich endlich öffneten, doch das Ungetüm presste ihn in die Erde, bis er sich fühlte wie unter einer Dampfwalze. Dann griffen harte, unnachgiebige Hände nach seinen Armen und Knöcheln. Der Jagannatha ließ ihn langsam los, woraufhin zwei Steinaffen von der Größe eines Menschen Ash aufhoben und durch die Garnison trugen. Äste und Blätter streiften sein Gesicht. Die Affen hielten ihn ebenso unnachgiebig wie zuvor der Jagannatha. Sosehr er sich auch wehrte, Ash war und blieb in Stein gefangen.
Motoren röhrten auf und Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit. Einige Minuten später kam auf dem Hauptweg ein Konvoi von Lieferwagen zum Vorschein. Mit einem Blick über die Schulter stieg Savage in das Fahrzeug an der Spitze. »Er kommt mit uns.«
Die Trucks hatten hohe Seitenwände aus Holz, die mit grässlichen Szenerien und Ornamenten bemalt waren: Berglandschaften, die jemand mit rußig-öliger Farbe auf gesplittertes Holz geschmiert hatte. Am vorderen Ende des Zugs leuchtete ein ganzes Meer aus Scheinwerfern, begleitet von mehrfarbigen Weihnachtslichterketten, die wahllos blinkten. Die Fahrzeugkolonne wirkte weniger wie eine Eskorte als viel mehr wie ein Festzug. Auf den ersten Blick mochte es dämlich erscheinen, in so auffälligen Gefährten zu reisen, doch in Indien waren alle Lkw und Kleinbusse so: grellbunt beleuchtet und angemalt. Daher fielen diese keineswegs auf.
Die Affen trugen Ash zum vordersten Truck, kletterten auf die Ladefläche und gingen zwischen Holzkisten und Truhen in die Hocke. Dann schaltete der Fahrer ungelenk in den ersten Gang, woraufhin der Motor eine schwarze Rauchwolke ausspuckte und der
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