Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
Vom Netzwerk:
die Titel etwas?«
    »Hört sich nach alten Stummfilmen an. Sehr melo   …« ›Die Frau im Schatten‹, ›Im Licht der Götter‹   – sie kannte keine Filme mit diesen Titeln. Dank Lucilles Hollywood-Besessenheit, die sich in einer umfassenden Sammlung von Filmen manifestierte, kannte Laura eigentlich jeden Film seit D.   W.   Griffiths ›Intolerance‹.
    »›Wind beneath my wings‹   … Meint sie das Lied von Bette Midler?«
    »Das fand sie immer kitschig.« Aber langsam setzten sich für Laura die Puzzleteile zusammen und formten ein Bild. Ein Bild, das sie erstaunte. Denn was war sie, Laura, anderesals eine Frau im Schatten? »Did you ever know that you’re my hero?«, sang sie leise.
    »You’re everything I wish I could be.«
    »I can fly higher than an eagle.«
    In Steerpikes Blick war ein neues Interesse an Laura aufgeflammt, als er ihr in die Augen schaute, aus denen eine Träne auf Lucilles Buch fiel, und die mit angenehm warmer Stimme leise sang: »But you are the wind beneath my wings.«
    Es war ihre zweite Weinattacke in zwei Tagen, und sie schämte sich entsetzlich, während sie auf dem Schemel saß und die Tränen über ihr ungeschminktes Gesicht liefen, das   – so kam es ihr vor   – jedes ihrer sechsunddreißig Lebensjahre verriet.
    »Hat sie Ihnen nie gesagt, dass sie einen Film über Sie drehen möchte?«
    »Ach was. Wir führten seit Langem keine Gespräche mehr. Es war doch alles nur Hass und Streit. Ich verstehe es einfach nicht.«
    »Aber es erscheint sehr naheliegend. Die Frau im Schatten   – wer könnte das sein, wenn nicht Sie?«
    Mit einem kühlen Luftzug öffnete sich die Tür zur Bibliothek, und zügigen und gleichzeitig unsicheren Schrittes trat Rose Marsh ein. »Miss Shalott   – im Fernsehen   …«
    »Sie müssen schon etwas deutlicher   –«
    Doch als Laura Miss Marshs alarmierten Gesichtsausdruck sah, wischte sie sich die Tränen vom Gesicht, stand hastig auf und folgte der Köchin in die Küche. Auf dem kleinen Schwarzweißfernseher sah sie ein Archivbild ihrer Schwester, dann wurde eine typische Morning-Show-Kulisse eingeblendet. Eine proper gekleidete, energisch wirkende Enddreißigerin mit Kurzhaarföhnfrisur saß auf einer enormen Couch einem schmalen Glatzkopf in Nadelstreifenanzuggegenüber. Ihr Gesäß berührte das Sofa kaum, sie saß weit vorgebeugt, die stämmigen Beinchen aneinandergepresst, die Füße ineinander verhakt, als gelte es, ein Taschenbuch des Kinsey-Reports, Ausgabe ›Das sexuelle Erleben der Frau‹, zwischen ihren Schenkeln zu verstecken. »Cedric, Sie als Society-Experte   – wie beurteilen Sie die aktuellen Gerüchte, dass die tragisch verunglückte Starfotografin Lucille Shalott Hollywood endgültig den Rücken gekehrt hat und nach Europa übergesiedelt ist.«
    »Nun, Francine, wir wissen, dass der Alte Kontinent eine Faszination auf amerikanische Prominente ausübt. Es sieht so aus, als fühlten sie sich der europäischen Gesellschaft mittlerweile stärker verbunden als der amerikanischen. Und«, fügte er süffisant hinzu, »wer kann es ihnen verdenken?«
    »Und Lucille Shalott ist Ihrer Ansicht nach dieser Faszination ebenfalls erlegen?«
    »Wie soll ich es sagen, Francine, ohne zu viel zu verraten?« Er imitierte ihre Sitzhaltung, erfolgreich eine Verschwörung vorspiegelnd, und beugte sich weit vor. »Eine verlässliche Quelle hat mir versichert, dass Lucille Shalott bereits in Großbritannien lebt.«
    »Nein!«
    »Doch, Francine. Wir wissen allerdings noch nichts Genaues. In den nächsten Tagen aber werden die Informationen nur so hereinpurzeln.«
    »Und Cedric   – wie viel Wahrheitsgehalt messen Sie den Gerüchten bei, dass die Erkrankung der Fotografin irreversibel und ihre Karriere dadurch praktisch beendet ist?« Francine blickte in die Kamera und sprach den Zuschauer direkt an. »Sie werden sich erinnern, dass Lucille Shalott seit einem tragischen Unfall unter einer Gehbehinderung leidet. Ihre Sprecherin hat nie bestätigt, ob es sich um eine Querschnittslähmunghandelt oder mit einer Heilung gerechnet werden kann.«
    Cedric hatte Zeit gehabt nachzudenken und antwortete Francine. »Ich bezweifle, dass eine Krankheit ein Hinderungsgrund ist, ihrer Arbeit nachzugehen. Nicht für eine Künstlerin dieses Formats.«
    »Sie denken sicherlich auch gerade an den Schauspieler Christopher Reeve, der sich von seinem Handicap nicht hat stoppen lassen.«
    »Er kann nur noch die Augen und den Rollstuhl rollen. Mit dem Mund!

Weitere Kostenlose Bücher