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Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
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wahr?« Steerpike bemühte sich, nicht zu harsch zu klingen. »Aber ich muss Ihnen etwas verraten. Auf dieser Welt werden Kinder ohne Augen geboren. Mit etwas Pech hätten sie in Äthiopien oder Somalia auf die Welt kommen können. Oder wären schon mit zwanzig Jahren an AIDS gestorben. Hören Sie auf mit diesem ekelhaften Selbstmitleid! Übernehmen Sie endlich einmal Verantwortung!«
    »Verantwortung? Ver-ant-wor-tung? Sie haben doch keine Ahnung, was dieses Wort bedeutet! Glauben Sie etwa, ich fühle mich nicht verantwortlich? Ich bin schuldig, und die ganze Welt weiß es. Wenn das keine Verantwortung ist. An manchen Tagen, Steerpike, da wünsche ich mir, ich säße selbst in diesem verdammten Rollstuhl, da wünsche ich mir
, ich
wäre ohne Augen geboren.«
    Seine Stimme hatte all ihre Schärfe verloren. »Dann bleiben Sie.«
    »Das kann ich nicht.«
    Der Ausbruch hatte die beiden weit über ihre Grenzen geführt. Laura hatte das Gefühl, ihrer Kräfte vollständig beraubt zu sein. Auch Steerpike sah aus, als wäre er geradeeben unter Verlust seines Hab und Guts einem Sturm entkommen.
    »Als Sie fort waren, habe ich die Aufzeichnungen Ihrer Schwester gelesen.« Er machte eine Pause, aber sie fragte nicht nach. »Wollen Sie nicht wissen, warum Lucille dieses Haus gekauft hat?«

KAPITEL 21
    »Das können wir nicht senden, so viel steht fest. Das ist sicherlich auch nicht in Ihrem Interesse, Slasher.«
    »Nein, das geht direkt in meine kleine Pornosammlung, aber die Bilder mit dem Fuchs geben etwas her. Mir ist allerdings wichtig, dass wir so nahe an der Wahrheit bleiben wie möglich. Laura Shalott ist aus Ashby House geflüchtet, weil Steed und ihre Schwester verschwunden sind, und hat auf ihrer Flucht, sichtlich verwirrt, einen verwundeten Fuchs gerettet. Nach den Kettensägenbildern von gestern können wir sie nicht unkommentiert blutbesudelt zeigen, sonst glauben die Leute, sie hat ihre Schwester zerhäckselt.«
    »Noch wissen wir zu wenig. Vielleicht hat sie es getan. Warum ist sie ausgerechnet zu Ihnen gekommen?«
    »Weil sie im Ort sonst niemanden hat.«
    »Eine schlimme Ironie des Schicksals, wenn man darüber nachdenkt. Manchmal frage ich mich   …« Doch Electra Prynne, die Reporterin von »Sky Celebrity News«, führte diesen Gedanken nicht aus.
     
    Dass Laura Shalott sich ausgerechnet Englands berüchtigtstem Star-Reporter a. D. anvertraut hatte, war in der Tat ein übler Zufall. Kein Zufall allerdings war es, dass Slasher überseine Laufbahn als Kolumnist für die »Sun« und als Gesellschaftsreporter bei »Sky News« Laura gegenüber Stillschweigen bewahrt hatte. Eine der wenigen, aber bedeutsamen Auslassungen.
    Dass Slasher sich weitgehend aus seinem früheren Betätigungsfeld zurückgezogen hatte, war auf zwei Umstände zurückzuführen. Die Häme seines Reportagestils hatte zum einen die Prominenten (allen voran die jungen Prinzen, insbesondere Harry, die Herzogin von York, Dannii Minogue, Jade Jagger und, nach einem katastrophalen Auftritt am West End, auch Liza Minelli), zum anderen die Leser aufgebracht. Nach fünf Jahren hatte er ganz England gegen sich. Er repräsentierte alles, was an der Presse verachtungswürdig war. Allerdings hatte er mit fünfunddreißig Jahren finanziell ausgesorgt und keinen Grund, seinen Lebenstraum, ein kulinarisches Kleinod an der Küste zu eröffnen, weiter aufzuschieben.
    Hector war jedoch einer Fehlannahme aufgesessen   – »aus den Augen, aus dem Sinn« war ein Wunschtraum geblieben. Das »Star Inn« mochte eine sensationelle Küche aufbieten, doch die Bevölkerung mied das Lokal aufgrund seines Besitzers. Der Laden lief nur, wenn Touristen im Ort waren, und auch dann nur, wenn er sich im Hintergrund hielt. Slasher war ein Geächteter. So hatte er sich sein Maîtretum nicht vorgestellt.
    Die Verlockung, den Schwestern Shalott so nahe zu sein, hatte seinen angeborenen Jagdtrieb entfacht. Es war wie der besonders heftige Rückfall eines Drogenabhängigen, und die Intensität des Rausches nach Jahren des Verzichts war geradezu überwältigend.
     
    »Sie kann einem fast leid tun.«
    »Sie ist wie eine Katze   – sie wird immer auf allen vieren landen.«
    Electra deutete auf das eingefrorene Bild auf dem Monitor: »Wenn sie nicht gerade auf dem Rücken liegt.«
    Slasher lachte. »Seit wann hast du Skrupel? So kenne ich dich gar nicht.«
    »Und du bist sicher, dass sie mit dem Verschwinden von Steed und ihrer Schwester nichts zu tun hat?«
    »Ich könnte nicht

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