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Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
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fast bedrohlichen Blick in die Haushalte der Fernsehzuschauer, »bin Lotte Herbst.«
     
    »Und ich, ich bin geliefert.«
    »Wenn wir hier herauskommen   – und, Laura, das werden wir   –, dann können Sie alles richtigstellen.«
    »Wo anfangen?«
    »Darum kümmern wir uns, wenn es so weit ist. Fürs Erste werden wir genug damit zu tun haben, das hier zu überstehen.«
    »Was wird passieren, Steerpike? Ich habe Angst.«
    »Ich weiß nicht, was passieren wird, aber eins ist sicher: Dieses Haus ist ein Epizentrum paranormaler Aktivität. Und in den letzten Tagen hat es sich ganz besonders verausgabt. Etwas Vergleichbares habe ich in all den Jahren meiner Forschung nicht erlebt, und dennoch habe ich das Gefühl, dass dies erst der Auftakt ist.«
    »Wird es uns auch holen, wie Lucille und Stephen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass Chris gerade darum kämpft, zu uns zu gelangen.«
    »Sie meinen wirklich, sie kommt zurück?«
    »Sie versucht es.«
    Und wie um Steerpikes Behauptung zu bestätigen, wurden nun auch im Haus die Vibrationen spürbar, die von dem keltischen Steinkreis nahe der alten Mine ausgingen, sich über das Land ausbreiteten und selbst im Meer noch die Fische aufscheuchten. Nachdem sich bereits an den Innenwänden und Decken von Ashby House Risse aufgetan hatten, fingen unter der sonoren Klangattacke auch die Außenmauern an zu bröckeln.
    »Oh, mein Gott, schauen Sie!«
    Laura deutete auf den Fernsehschirm, auf dem man ein Luftbild des Hauses sah. Eine zarte Staubwolke stieg von den Mauern auf und hüllte das Gebäude in eine trübgraue Aura. Erst hörten sie das Geräusch berstenden Glases, dann sahen sie, wie die Glaskuppel auf der Hausvorderseite barst und feine Risse sich wie ein Spinnennetz über das Gemäuer ausbreiteten. Unwillkürlich schauten sie nach oben, und kaum war ihr Blick auf die Decke gerichtet, platzte der Verputzund rieselte auf sie herab, sodass sie sich die Augen zuhalten mussten. Der Hund bellte einmal laut auf, dann spannte sich sein ganzer Leib an, und er hastete aus dem Zimmer in die Halle.
    »Wo will er hin?«
    »Schauen Sie!« Steerpikes Hand zitterte, als er seinen Finger auf den Fernseher richtete.
    Angesichts dessen, was sie und Millionen von Fernsehzuschauern in diesem Moment zu Gesicht bekamen, verschlug es Laura die Sprache. Während die Glaskuppel vollständig zersplitterte und die Scherben unter Krachen und Scheppern auf das Haus und die Auffahrt herabstürzten, schob sich in Intervallen etwas in den Himmel, das man unter dem Staub und Schmutz zunächst nicht identifizieren konnte. Erst, als es die Staubwolke durchbrach und sich über ihr emporreckte, war es zu erkennen.
    Da, wo vorher nichts gewesen war, erschuf sich ein Raum. Schwere, unförmige Felsbrocken, grob gehauen, in einer altertümlich anmutenden Aufwärtsspirale aufeinandergetürmt und von graugrünem Moos überzogen, schoben sich aus dem Nichts empor wie ein Reptil, das nach dem Kälteschlaf sein Haupt reckt. Ashby House gebar sein nie vorhanden gewesenes Turmzimmer, und kaum, dass der Turm sich zu voller Größe aufgerichtet hatte, begann im Haus der letzte große Sturm zu toben.
     
    Das Feuer brach zuerst in der Küche aus. Die Stromleitungen, die noch aus dem Jahr 1908 stammten, bestanden die Zerreißprobe, der sie sich jetzt ausgesetzt sahen, nicht. Ein Funkenregen ergoss sich aus den Wänden oberhalb des Spülbereichs und rieselte in einen von Lotte Herbst achtlos stehen gelassenen Kanister mit Lampenöl. Erwartungsgemäßexplodierte dieser, und die Feuerzungen leckten nun die Wände empor, sprengten die Fensterscheiben, sodass die Läden wie Geschosse durch die Luft flogen, und fraßen sich durch unersetzbare Antiquitäten: den Esstisch aus Java, die intarsienverzierten Holzschränke aus dem Schwarzwald und die Küchengardinen aus flämischer Spitze.
    Von all dem bekamen Steerpike und Laura nichts mit, denn sie waren dem Hund gefolgt, der die Treppen in den zweiten Stock im Sturm genommen hatte und nicht nur zu spüren schien, dass etwas Außergewöhnliches geschah, sondern wohl auch die Quelle kannte, von der die gewaltige Kraft ausging. Im Unterschied zu den vorhergehenden Expeditionen hatte die Windrichtung gewechselt, der vorherrschende Sturm dirigierte das Grüppchen durch die Korridore, die Treppen empor und durch den Ballsaal, dessen Boden nunmehr ein funkelndes Scherbengrab war. Die schweren Deckenvorhänge tobten und knallten wie losgelöste Segel   – mehrmals mussten

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