Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
siehst du? Alex geht’s gut.«
Sie war mit einem blauen Auge davongekommen, so viel stand fest. Deutlich zu sehen war jetzt, nachdem die Erschütterung die Decke weggerissen hatte, die Flinte, die zwischen zwei Kisten klemmte, die Mündung auf den Waffenschrank gerichtet. Der Schuss hatte das Tuch angesengt, sodass es nach verbrannter Wolle stank. Jetzt, da sie wusste, wonach sie suchte, sah sie den Draht, der am Abzug befestigt war und zur Mausefalle führte. Ein zweiter Draht, ebenfalls von der Spule an der Werkzeugwand, verlief von der jetzt zugeschnappten Mäusefalle die Ziegelwand hinauf, über freiliegende Deckenbalken und dann hinunter zum obersten Scharnier des Schranks. Als Alex die Tür aufzog, hatte sich der Draht gespannt, und die Falle war zugeschnappt – ein Impuls, der ausreichte, um den Abzug zu betätigen.
Sie spürte Toms Hand auf ihrer Schulter und drehte sich um.
»Wie wär’s, wenn wir jetzt alle raufgehen und feiern, dass wir noch am Leben sind?«, schlug er vor.
Als Alex mit Ellie in die Küche kam, hatte Tom ein Festmahl zubereitet: in der Pfanne gebratene Hamburger mit allem Drum und Dran, dazu ein großer Salat und Bratkartoffeln. »Wow«, staunte Alex. »Ich dachte, deine Kochkünste beschränken sich auf Waschbär. Wo hast du das gelernt?«
»Zu eurer Information, ich koche gern.« Er grinste. »Meine Mom ist eine fantastische Köchin, genauso wie mein Dad.«
»Ich nehme nicht an, dass du auch eine Nachspeise parat hast?«
»Eigentlich schon.« Er zog eine Packung Oreo-Kekse hinter dem Rücken hervor. »Tadah. Ich habe sie aus ihrem Versteck hinter einem Sack Hundefutter befreit. Dort waren auch noch eine zweite Schachtel und eine Packung Mohrenköpfe gebunkert. Da wollte wohl jemand nichts abgeben.«
»Sie hatten einen Hund?«, fragte Alex. Was mit dem wohl passiert ist?
»Das ist richtig nett von dir, Tom«, flüsterte Ellie. Sie war erschreckend blass. Ganz gleich, was Alex versuchte, es hatte nichts geholfen: Ellie gab sich die Schuld an dem Unglück im Keller. Fast ohne ein Wort hatte sie es über sich ergehen lassen, als Alex sie auszog, sie in dem Holzzuber, den sie in eins der Schlafzimmer geschafft hatten, abwusch und dann in eine Damenbluse aus Flanell und eine hochgekrempelte Jeans steckte. »Aber ich glaube, ich hab keinen Hunger.«
»Also ich bin am Verhungern.« Alex ließ sich auf einen Sessel plumpsen, griff sich ein Hamburgerbrötchen und strich reichlich Mayonnaise darauf.
Tom grinste. »Dem Tod von der Schaufel zu springen ist anscheinend appetitanregend. Ellie, greif zu.«
»Ich hab keinen Hunger«, wiederholte Ellie. Unsicher sah sie Mina an, die sich über den Napf hermachte, den Tom ihr hingestellt hatte, und Trockenfutter in sich hineinschlang. »Ich glaube, ich setz mich einfach dazu.«
»In Ordnung, Schätzchen.« Tom belegte seinen Burger mit grünem Salat und Tomate und verzierte das Ganze mit einer Ketchupspirale. »Wie du willst. Gibst du mir mal die Mayo, Alex?«
»Klar.« Alex musste ein Grinsen unterdrücken. Sie fing Toms warnenden Blick auf und machte ein Gesicht, das so ausdruckslos wie das eines Ölgötzen war. Alex entging es nicht, wenn sie es mit einem Psychotrick zu tun hatte. Sie hatte nicht umsonst stundenlang auf den Teppichboden ihrer Seelenklempnerin gestarrt. Während sie ihren Burger auf Salat bettete, sah sie, wie Ellie auf einen Sessel sank.
»Senf«, wisperte Ellie. »Und Gewürzketchup. Bitte.«
»Einen Löffel oder zwei?«, fragte Tom.
»Zwei.«
Tom gab das Ketchup drauf. »Und wie wär’s mit ein bisschen Tomate … so ist’s gut. Probier das. Es ist genug da.«
Sie aßen in freundschaftlichem Schweigen, eine fast rührende Normalität war eingekehrt, und Alex dachte, dass Tom recht hatte. Essen war wesentlich. Nachdem sie so lange Zeit ihre kargen Mahlzeiten mit schönen Erinnerungen aufpeppen mussten, war ein solches Essen – mit all seinem Gaumenkitzel, seinen Aromen und Düften – ein Fest.
Jetzt ließ sie sich noch einmal in Ruhe ihr Erlebnis im Keller durch den Kopf gehen. Mal abgesehen davon, wie blöd sie sich angestellt hatte – die Aussicht auf ein Waffenarsenal hatte jeden Funken von gesundem Menschenverstand ausgelöscht –, der Verwesungsgeruch, so unscheinbar er sein mochte, hatte eine Ursache. Entweder hatten sich die Ranger verwandelt oder ein anderer Durchgeknallter hatte sich da unten zu schaffen gemacht. Beides würde erklären, warum die Ranger so überstürzt verschwunden waren.
Aber
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