Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
vorn, ehe ihm zwei von Finns Männern den Weg versperrten. »Nicht doch. Du kannst nichts dafür.«
»Wer denn dann?« Peter schaute Tom aus seinen tränennassen zinnoberroten Augen an. »Du kannst nicht ewig dagegen ankämpfen. Das Beste ist ein schneller Tod. Schneid dir bei erstbester Gelegenheit die Kehle … «
»Sei bitte still, Peter. Wir haben so viele interessante Gespräche geführt, ich würde dich nur ungern verlieren.« Finns Hand verharrte über dem Colt, auch wenn er Tom nicht aus den Augen ließ. »Aber Peter hat nicht unrecht. Jeder hat seinen Preis, seine Achillesferse. Deine müssen wir nur noch finden.«
»Sie haben meine Kinder. Sonst habe ich nichts, was Sie mir noch nehmen könnten.« Tom musste sich beherrschen, um nicht auf Jeds Uhr zu schauen. Seltsam, wie subjektiv man Zeit wahrnahm. Wenn man sich am meisten wünschte, dass sie schnell verging, schleppte sie sich zäh dahin. Er hatte Chris nicht angelogen, er wollte nicht sterben. Da waren die Kinder und Ellie, für die es sich zu leben lohnte, und irgendwo dort draußen war auch Alex. Bleib am Leben, Alex, pass auf dich auf. Bitte versuch zu verstehen, dass das die einzige Möglichkeit war.
»Wünsch dir nicht den Tod herbei, Tom«, – dann hörte er ein raues Schaben von Metall auf Leder und sah eine verschwommene Bewegung, als Finn sein Parang pfeifend durch die Luft sausen ließ. Ein Schmerz wie von einem Laserstrahl brannte sich in seine Brust, Blut rann ihm über den Bauch. Mit einem Aufschrei kippte Tom nach vorn, doch Finn packte ihn an den Haaren und hielt ihm die bluttriefende Klinge an die Kehle. Von den alten Leuten drangen Schreckenslaute und entsetztes Keuchen zu ihm herüber. Yeager und Ernst schrien und versuchten, sich die Stufen hinaufzukämpfen, aber es war Peter, der sich von seinen Wachen losriss und auf Finn zustürmte. »Finn, nicht!«
»Sei still, Peter«, entgegnete Finn. Durch einen plötzlichen flimmernden Tränenschleier hindurch sah Tom, wie Peters Kopf zurückgerissen wurde. Ein Schrei entwich aus seinem Mund, als er zusammenbrach.
» N-n icht«, brachte Tom heraus. Sein Herz hämmerte. Ströme warmen Blutes trieften auf kalten Stein. Einen Millimeter tiefer, und Finn hätte seinen Knochen erwischt. Halt durch, Tom, du schaffst das. Nur noch ein paar Minuten. Wenn Finn ihm allerdings die Kehle durchschnitt, wäre das alles sehr viel früher für ihn zu Ende. Es lief auf dasselbe hinaus. »Lassen Sie ihn in Ruhe. Ihr Feind bin doch ich, Finn.«
»Mein Feind? Das sehe ich anders. Schau dir an, was du alles getan hast, welche Mühen du auf dich genommen, welche Leiden du erduldet hast, und dann sag mir, ob wirklich ich dein Feind bin. Bist du nicht vielmehr dein eigener Feind, Tom?«
»Finn!« Yeager stemmte sich gegen Männer, die genauso alt waren wie er, aber viel kräftiger. »In Gottes Namen … «
»Gott hat Rule schon vor langer Zeit verlassen. Weißt du, was die entscheidende Frage ist, Yeager? Wie kann im Plan deines Gottes so jemand wie ich vorkommen? Denn eines darfst du mir glauben, Tom.« Finn ragte groß und schrecklich vor ihm auf. »Du magst zwar meinen, du wärst am Ende und bereit zu sterben, aber ich garantiere dir, du bist es nicht. Der Körper hält noch durch, auch wenn der Geist längst aufgegeben hat. Ich weiß, wo die Schlagadern verlaufen, was du wirklich brauchst, um am Leben zu bleiben, und wie du mir noch sehr lange Zeit erhalten bleibst. Denkst du etwa, du brauchst das noch?« Finns Klinge wanderte nach oben, bis die scharfe, silberne Schneide die Unterseite von Toms Nase erreichte. »Oder deine Augenlider oder die Lippen oder die Finger? Die Hände? Glaub mir, du hast keine … «
»Stopp!« Plötzlich eine sehr deutliche Stimme links von Tom. »Nicht!«
Was? Trotz des Wummerns in seinen Ohren und dem Nebel aus neuem Schmerz versuchte Tom, einen klaren Gedanken zu fassen. Über sich sah er, wie Finn abrupt den Kopf drehte, die farblosen Kobraaugen schreckgeweitet – war das jemand, den er kannte? Wer?
»Wartet!« Blitzschnell ließ Finn Tom los und fuhr herum, während ringsum Waffen gezogen und entsichert wurden. Mellie hatte bereits vor allen anderen ihren riesigen Magnum-Colt gezückt, der Wachmann neben Penny war auf die Sandsteinbrüstung gestiegen, um besser zielen zu können …
»Nein!«, rief Finn. Eine halbe Drehung, und da entdeckte er den Wachmann auf der Brüstung und sprang hoch, erstaunlich schnell für einen Mann seines Alters, das blutige
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